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August Baron von Finck ist ins Visier der Ermittler geraten. Foto: AFP

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Wirtschaft: Die 900-Millionen-Euro-CD

Deutsche Behörden wollen offenbar weitere Steuerdaten kaufen / Erste Razzien

Berlin – Es wird zunehmend ungemütlich für deutsche Steuersünder. Der jüngst von Nordrhein-Westfalen (NRW) erworbenen Steuer-CD mit brisanten Bankdaten aus Luxemburg sollen weitere folgen. Die deutschen Behörden planen offenbar den Kauf von drei weiteren Datenträgern, wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf vier voneinander unabhängige Quellen berichtete. Welche Banken aus welchen Staaten betroffen sein könnten, blieb zunächst unklar. Der Zeitung zufolge liefen noch Prüfungen zur Qualität der angebotenen Daten. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums wollte dies am Montag nicht kommentieren.

Laut dem Bericht will künftig auch Baden-Württemberg CDs ankaufen, um Steuersünder zu überführen. Brandenburg plane keinen Kauf solcher Datenträger, sagte ein Sprecher des Potsdamer Finanzministeriums dem Tagesspiegel. Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen habe bisher noch kein Angebot erhalten, hieß es auf Anfrage.

NRW wird für die für rund drei Millionen Euro gekaufte Steuer-CD nicht allein zahlen müssen: Am Montag kündigte Sachsen-Anhalt an, sich an den Kosten zu beteiligen. Nach einem Verteilungsschlüssel zwischen Bund und Ländern zahle das Land rund 50 000 Euro, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Auch wenn in Sachsen-Anhalt kein Steuersünder erwischt werde, profitiere das Land von den Einnahmen über den Länderfinanzausgleich. Nach Einschätzung der Steuergewerkschaft könnten die Daten dem Fiskus bis zu 900 Millionen Euro einbringen. Brandenburg wolle sich an der Finanzierung der CD nicht beteiligen, hieß es aus dem Finanzministerium. Berlin wolle auf eine Vereinbarung hierzu warten, sagte eine Sprecherin des Finanz-Senats.

Unterdessen wurden erste Namen im Zusammenhang mit der CD aus Luxemburg bekannt, auf der 3000 Datensätze von Bankkunden gespeichert sind. Ermittler hatten am Freitag mehrere Büros der VM Vermögens-Management GmbH in Düsseldorf, Stuttgart und München durchsucht, berichtete das „Handelsblatt“. Das Unternehmen, das zur August-von- Finck-Gruppe gehört, betreut ein Vermögen von mehr als zwei Milliarden Euro. Bei den Razzien sei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden. Zudem gerät das Düsseldorfer Bankhaus HSBC Trinkaus unter Druck. Ermittlern zufolge sind auf der CD überwiegend Daten von HSBC-Trinkaus-Kunden gespeichert, berichtet die Zeitung. Ein Sprecher der Bank sagte, man habe keine Informationen zu Ermittlungen über Kunden.

Eine Steuer-CD aus der Schweiz vom Jahr 2010 hat die Fahnder einem Pressebericht zufolge auch auf die Spur des inhaftierten russischen Unternehmers Michail Chodorkowski geführt. Gegen ihn sei vor Monaten ein Strafverfahren wegen Anfangsverdachts der Geldwäsche eingeleitet worden, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Chodorkowski soll bei der Schweizer Bank Julius Bär 15 bis 20 Millionen Euro angelegt haben.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Montag, der Ankauf von CDs mit Daten über Steuerhinterzieher könne auf Dauer keine rechtsstaatliche Lösung sein. Der bessere Weg sei eine Harmonisierung und Internationalisierung der Steuerpolitik in Europa. 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Behörden gekaufte Steuersünderdaten für Ermittlungen nutzen dürfen, auch wenn sie illegal kopiert wurden. Jahel Mielke

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