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Wirtschaft: Die Aktienanleihen feiern eine Renaissance

Neu sind sie nicht.Eher schon so etwas wie Mauerblümchen.

Neu sind sie nicht.Eher schon so etwas wie Mauerblümchen.Jedenfalls waren sie das.Doch der stark schwankende Aktienmarkt hat sie wieder wachgeküßt.Die Rede ist von Wandel- und Aktienanleihen, die sich innerhalb kürzester Zeit zum Absatzrenner der Bankhäuser entwickelt haben.Der Sprung vom Mauerblümchen zu trendigen Produkten kommt nicht von ungefähr.Der Aktienmarkt selbst liefert den Erklärungsgrund.Denn dieser zeigt sich, wie Experten sagen, "volatil".Mit anderen Worten: Es geht rauf und runter.Das erschreckt so manchen Anleger, auch wenn er mit den satten Gewinnen, die an der Börse erzielt werden können, liebäugelt.Das andere Problem ist der Rentenmarkt, auf dem die Anleihen zur Zeit nur mit einer rund dreiprozentigen Verzinsung angeboten werden.Zu wenig, finden die meisten Anleger.Schließlich kann man sein Geld dann auch gleich zum Sparkonto tragen.

In dieser Situation scheinen die Wandel- und Aktienanleihen die richtige Antwort auf all diese Probleme zu geben.Bei diesen Instrumenten handelt es sich im Prinzip um normale Anleihen mit fettem Zins und einer Option, sie später in Aktien umzuwandeln.Das Recht, die Anleihe auch in Aktien zu tauschen, liegt bei der klassischen Wandelanleihe beim Käufer.Doch bei den neuen hochverzinslichen Varianten, der sogenannten Reverse Convertible, liegt dieses Recht bei der Bank.Der Kunde bekommt im Gegenzug einen Coupon mit höheren Zinsen.Das Papier kommt an."Die Kunden zeigen ein starkes Interesse an unseren Aktienanleihen", bestätigt Thomas Timmermann, Leiter der Gruppe Bankdistribution bei der Commerzbank.Das Geschäft mit den Hochprozentigen boomt.Das Privatbankhaus Sal.Oppenheim bietet Papiere mit einem festen Zinssatz von 13 Prozent.Das sind immerhin 10 Punkte mehr als der Anleger für eine gleich lang laufende Bundesanleihe bekommt.Die Commerzbank toppt dieses Angebot sogar noch und bietet VW-Aktienanleihen mit 14 Prozent.Ein gutes Geschäft?

Nicht unbedingt, findet Herbert Hansen, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK).Hansen, der selbst Banker war, steht der Anlegereuphorie skeptisch gegenüber."Ich erkenne bei diesen Bankprodukten keinen wirklichen Vorteil für den Kleinanleger.Bei der klassischen Wandelanleihe ist die Verzinsung eh nicht besonders hoch, und bei der modischen Reverse Convertibles hat die Bank das Recht, statt des eingesetzten Geldes und den zugesicherten Zinsen, die Schuld in Aktien plus Verzinsung zurückzuzahlen.Das wird die Bank genau dann tun, wenn die Aktien gefallen sind und den für sie kritischen Schwellenwert unterschritten haben.Der Anleger erhält also in dem Moment die Aktien, in dem sie gerade an Wert verloren haben.Mit dem ganzen Risiko des Aktiengeschäfts." Timmermann von der Commerzbank hält Aktienanleihen trotzdem für eine gute Anlage."Wenn der Kunde Qualitätstitel gekauft hat, lohnt sich die Anlage langfristig für ihn trotzdem.Denn in Titeln wie SAP ist Potential.Die Aktien werden auch wieder steigen." Zudem habe der Kunde bis zu einem gewissen Punkt die Sicherheit, nicht nur das eingesetzte Kapital zurückzubekommen, sondern könne auch die für Anleihen vergleichsweise hohe Rendite kassieren.Timmermann streitet nicht ab, daß dieses Geschäft Risiken birgt.Aber: "Der Kunde wird für sein Risiko mit einem hohen Zinssatz belohnt." Ex-Banker Hansen hält das Argument jedoch nicht wirklich für tragfähig."Wenn der Kunde schon ein Risiko tragen muß, dann sollte er lieber direkt Aktien kaufen.So profitiert er, wenn die Aktie steigt, vom Kursgewinn und der Dividende."

Bei den sogenannten Wandelanleihen sei das anders.Denn die Aktie erhalte der Anleger nur, wenn sie im Kurs gefallen sei.Steige aber der Wert der Aktie stark an, wird die Bank die andere Alternative wählen.Der Anleger erhält das eingesetzte Kapital und die Verzinsung.Richtig freuen könne sich der Anleger über die hohe Verzinsung nur, wenn der Markt nicht stark ausschlage.In diesem Fall bekomme er weder Aktien, die an Wert verloren hätten, noch müsse er sich über einen Kursgewinn ärgern, der ihm entgangen sei.Doch der Markt sei im Moment alles andere als ruhig.Zudem müsse die hohe Verzinsung voll versteuert werden.Die Steuerfreiheit, die für Aktiengewinne nach sechs Monaten gilt, gilt für die Gewinne, die mit einer Wandelanleihe gemacht werden, nicht.Deswegen kommt Hansen zu dem Schluß: "Wer sicher investieren will, sollte in Rentenpapieren anlegen, wer eine höhere Rendite will, muß das Risiko akzeptieren und Aktien kaufen." Anleger, die trotzdem in Wandelanleihen investieren möchten, rät er, das Kleingedruckte zu beachten.

Anleger sollten auf jeden Fall eine umfassende Beratung bei ihrer Bank einfordern, denn daran hapere es meistens.Bedenklich sei zudem, daß Aktien- und Wandelanleihen gerade jetzt so en vogue seien."Banken haben nur in einem stark schwankenden Markt die Möglichkeit, sich die Mittel für die hohe Verzinsung der Koupons am Markt zu besorgen.Wird der Markt wieder ruhiger, wird auch die Wandelanleihe vielleicht wieder in ihr Mauerblümchendasein zurückfallen.

SIMONE MATTHAEI

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