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Zum Beispiel Steffen Seibert.  Der ehemalige Moderator des Heute-Journals ist heute der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel.

© picture alliance / dpa

Jobs in den Medien: Die andere Seite

Viele Journalisten wechseln in die Öffentlichkeitsarbeit. Warum PR auch für Berufseinsteiger durchaus eine Alternative ist.

„Irgendwas mit Medien“ – das ist ein häufiger Karrierewunsch junger Menschen. Viele wollen Journalist werden – doch für manche könnte auch Öffentlichkeitsarbeit interessant sein. Im Gegensatz zum Journalismus sind dort die Jobchancen recht gut.

„In jedem Jahr verlassen 2000 ausgebildete Journalisten die Unis und Journalistenschulen, aber es gibt nur deutlich unter 1000 freie Stellen“, sagt Hendrik Zörner, Pressesprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV). Die Verlage kürzen mit Verweis auf die ewige Internet- und Anzeigenkrise zunehmend Stellen und Gehälter. Immer weniger Journalisten sind in den Redaktionen für immer mehr Aufgaben zuständig, müssen nicht nur Beiträge produzieren, sondern etwa auch Seiten layouten oder Internetauftritte betreuen. Da fehlt es hin und wieder an der Zeit für ausgiebige Recherchen. Von Behörden, Unternehmen oder Agenturen gelieferte Informationen kommen ihnen da ganz recht. Die wiederum werden von PR-Referenten zusammengestellt – nicht selten von ehemaligen Kollegen.

Viele arbeitslose oder unzufriedene Journalisten wechseln aufgrund der Arbeitsmarktlage oder auch aus Interesse an neuen Aufgaben die Seite – und entscheiden sich für Public Relation (PR). Einer der bekanntesten ist Regierungssprecher Steffen Seibert, der bis 2010 als Moderator beim ZDF-Heute-Journal über Politik aufklärte. Heute ist es seine Aufgabe, sie nach außen hin zu präsentieren.

Der Schritt vom Journalisten zum Öffentlichkeitsarbeiter lag lange recht nah. Beide Berufe dienen der Vermittlung von Inhalten und fußen auf ähnlichem Handwerkszeug – mit dem wesentlichen Unterschied, dass der Journalist relativ unabhängig arbeitet und der PR-Referent direkter Kommunikator seines Arbeitgebers ist.

Doch die Zeiten haben sich geändert. „Die PR ist nicht mehr das Auffangbecken des Journalismus“, sagt DJV-Sprecher Zörner. Es gibt immer mehr professionelle PR-Ausbildungen. Universitäten und Fachhochschulen richten eigene Lehrstühle dafür ein oder ergänzen ihre Journalistik-Studiengänge um das Fach PR. Denn zum einen müssen sich auch Journalisten mit den Methoden der Öffentlichkeitsarbeit auskennen. Und zum anderen ist die Nachfrage der Wirtschaft nach gut ausgebildeten PR-Profis groß.

„Seit zehn Jahren gibt es eine zunehmende Akademisierung des Feldes“, sagt Carsten Kolbe-Weber von der PZOK, der Zertifizierungskommission der Kommunikationswirtschaft. Die PZOK ist die zentrale Prüfstelle der PR-Branche in Deutschland. Hier erhalten Kommunikationseinsteiger nach bestandener Eignungsprüfung zum PR-Berater ein bundesweit anerkanntes Zeugnis. Die Prüfung kostet 892,50 Euro und umfasst Klausuren, eine Präsentation sowie eine Abschlussarbeit.

Dass immer professioneller ausgebildet wird, liegt auch daran, dass sich das Tätigkeitsspektrum von PR-Arbeitern in den letzten Jahren sehr gewandelt hat. Ging es früher häufig darum, Pressemitteilungen zu schreiben, richten PR-Profis inzwischen auch die komplette strategische Außenkommunikation eines Konzerns aus. „Die Grenzen zum Marketing verschwimmen“, sagt Kolbe-Weber.

PR gilt auch als die Kunst, Informationen so zu verbiegen, wie es für den jeweiligen Auftraggeber am nützlichsten ist. Dies muss aber auf Basis eines offiziellen europäischen Kodex’, dem „Code d’Athene“, geschehen. Der Kern dieser Selbstverpflichtung sind moralische Standards, allen voran der Imperativ: Lügen verboten! Informationen zu verschweigen ist indes erlaubt. „Wenn Sie als Journalist einen Pressesprecher nicht direkt danach fragen, erhalten sie eventuell eine Information nicht. Aber wenn Sie fragen, bekommen Sie auf keinen Fall eine Lüge“, sagt Kolbe-Weber.

Die Aufgaben eines Öffentlichkeitsarbeiters ist vielfältig. Er muss einen „Shitstorm“ im Internet managen können, Konzepte entwickeln, um Konsumenten zu gewinnen, Pressemitteilungen schreiben, Veranstaltungen organisieren, auf Kunden eingehen, Journalisten informieren oder das Image eines Betriebes aufpolieren. Wer den Beruf ergreifen möchte, sollte sich also mit sozialen Medien wie Facebook und Twitter auskennen und betriebswirtschaftliches Know-how sowie Kenntnisse der deutschen Medienlandschaft mitbringen. Auch sprachliche Gewandtheit und soziale Kompetenz sind für angehende Pressesprecher, Referenten und PR-Berater unabkömmlich.

Der Einstieg in die Öffentlichkeitsarbeit führt über ein Studium der Kommunikationswissenschaften oder ein Volontariat, also eine praktische Ausbildung, in einem Unternehmen oder einer PR-Agentur. Praktika und freie Mitarbeit sind in der Medienbranche essenziell. Doch die Plätze sind rar.

Und nicht nur unter Praktikumsbewerbern ist die Konkurrenz groß. Auf eine feste Stelle kommen im Schnitt 50 bis 300 Bewerber, sagt Kolbe-Weber. Er erklärt dies mit dem Nimbus, den Kommunikation noch immer habe: „Das ist für viele mit viel Glamour verbunden.“

Dennoch: Es gibt immer mehr feste Stellen in der Branche. Und auch aus finanzieller Sicht kann sich der Einstieg in die Öffentlichkeitsarbeit lohnen. Zwar verdient ein PR-Berater, der als Redakteur in einer Agentur arbeitet, einer Studie der Deutschen Public-Relations-Gesellschaft aus dem Jahr 2010 zufolge im Schnitt zwischen 30 000 und 45 000 Euro brutto im Jahr – und damit nicht mehr als ein fest angestellter Journalist, der nach Angaben des DJV zwischen 35 000 und 45 000 Euro jährlich erhält. Ein Unternehmens-Referent mit Schwerpunkt Investor Relation kommt dagegen allerdings schon auf 45 000 bis 70 000 Euro.

Auch wenn die PR-Branche derzeit wächst, ist sie doch von der Konjunktur abhängig, gibt Kolbe-Weber zu bedenken. Wenn es gut läuft, investieren Firmen in ihre Außenwirkung. Wenn es aber bergab geht, wird häufig zuerst in der PR gekürzt.

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