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Wirtschaft: Die Bahn rechnet sich die Zukunft schön

Staatskonzern bekommt bis zu 3,2 Milliarden Euro weniger vom Bund – träumt aber trotzdem von hohen Gewinnen

Berlin/Frankfurt (Main) (brö/fo/hop/ro). Die Deutsche Bahn geht mit zu optimistischen Planungen in die kommenden Jahre. Vor der Sitzung des Aufsichtsrats am heutigen Mittwoch kritisierten Verkehrspolitiker von Opposition und SPD sowie Gewerkschaften, der Bahn werde bis 2008 weitaus weniger Geld zur Verfügung stehen als sie in ihrer neuen Planung annimmt. Allein die Investitionszuschüsse könnten nach TagesspiegelInformationen um 3,2 Milliarden Euro geringer ausfallen.

Bis zum Jahr 2008 plant Bahnchef Hartmut Mehdorn demnach mit gut 24 Milliarden Euro an Zuweisungen vom Bund, die in den Bau neuer Strecken fließen sollen. In der mittelfristigen Haushaltsplanung des Finanzministers stehen aber nur 22 Milliarden Euro. Schon im Vorjahr klaffte eine milliardenschwere Lücke im Investitionsplan. Diskutiert wird derzeit zudem eine weitere Kürzung der Mittel um bis zu 1,1 Milliarden Euro. Diese Diskrepanz könnte im Aufsichtsrat zu Streit führen. Schon im vergangenen Jahr hatte Norbert Hansen, Chef der Bahngewerkschaft Transnet, wegen der überzogenen Planungen den Bahn-Vorstand scharf kritisiert.

Das aktuelle Geschäftsjahr läuft indes besser, als nach dem Trubel um das Preissystem erwartet. Der Fernverkehr lief dank der Korrektur der Tarife vom Juli besser als in den ersten sechs Monaten. Beim Umsatz habe man deutlich aufgeholt, bestätigte Personenverkehrs-Chef Karl-Friedrich Rausch am Montagabend in Frankfurt (Main). Unterm Strich bleibt der Sparte nach Tagesspiegel-Informationen am Jahresende ein Verlust von 462 Millionen Euro, geplant war ein leichter Gewinn. Der Regionalverkehr lief zwar unerwartet gut und wartet mit Pluszeichen bei Verkehrsleistung und Umsatz auf – so erwartet die Bahn einen Gewinn von 321 Millionen Euro. Das Minus im Fernverkehr wird aber nicht vollständig ausgebügelt, es bleibt für die gesamte Sparte Personenverkehr ein Verlust von 140 Millionen Euro. Auch der gesamte Konzern erwartet rote Zahlen.

Das soll sich in den kommenden Jahren ändern. Nach internen Vorgaben soll der Konzerngewinn im nächsten Jahr noch bei bescheidenen 310 Millionen Euro liegen. 2005 soll die Bahn schon gut eine Milliarde Euro Betriebsergebnis erreichen, bis 2008 soll sich dieser Betrag verdoppeln.

Horst Friedrich, verkehrspolitischer Sprecher der FDP, nannte die neuen Zahlen „eine Fortsetzung der Märchen Mehdorns auf hohem Niveau“. Sie seien mit großem Risiko behaftet, da die Bahn vermutlich weniger Geld vom Bund bekommen werde. Unklar sei außerdem die Zukunft des Geldes, das der Bund den Ländern für den Nahverkehr überweist. „Über diesen Mitteln steht ein großes Fragezeichen“, sagte er. „Das Mindeste, was Mehdorn tun kann, ist die Vorlage von realistischen Alternativ-Szenarien.“ Den Börsengang der Bahn sieht er nicht vor „2008 oder 2010“. Auch bei der Bahn-Gewerkschaft GDBA hieß es, mit „brachialer Gewalt“ den Börsengang vorantreiben zu wollen sei Unfug. Reinhard Weis, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, sagte, er habe den Eindruck, dass die Bahn großen Druck auf die Regierung ausübe, schon 2004 eine Grundsatz-Entscheidung für einen Börsengang des Konzerns zu treffen. Das sei aber viel zu früh. Angesichts der großen Unsicherheiten unter anderem bei den Bundeszuschüssen sei die Planung der Bahn „nur Makulatur“.

Allerdings ist die Gefahr gesunken, dass im Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern auch die Regionalisierungsmittel gekürzt werden. Das sind die Zuschüsse des Bundes an die Länder für den Regionalverkehr. Der FDP-Verhandlungsführer Carl-Ludwig Thiele sagte dem Tagesspiegel: „Die Stimmung ist, dass sie aus den Sparplänen herausgenommen werden.“ Diese Zuschüsse würden als Investitionen angesehen. Nur stelle sich dann die Frage, was an Stelle der Regionalisierungsmittel gekürzt werden solle.

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