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Auf einem Bahnsteig hält ein ICE, daneben ist die Rückseite eines Fahrscheinautomaten mit der Aufschrift "Fahrkarten" zu sehen.

© dpa-tmn

Die Bahn will Maß halten: Werden Zugtickets teurer?

Fahrscheine sollen „nicht flächendeckend“ steigen, verspricht Konzernchef Rüdiger Grube – nach den Problemen mit Hochwasser und Personalmangel fürchtet er den Ärger der Kunden. Derweil sieht es nach erfreulichen Nachrichten für die Verbindung Stendal/Sachsen-Anhalt - Rathenow/Brandenburg aus.

Die Deutsche Bahn will ihre Kunden zum Winterfahrplanwechsel Mitte Dezember nicht mit pauschalen Preiserhöhungen verprellen. „Wir werden nichts Flächendeckendes machen“, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube am Mittwochabend vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. So könnten Senioren, Studenten, Pendler oder auch die von Flutschäden betroffenen Regionen von Erhöhungen ausgenommen werden, deutete der Manager an. Zwar müssten steigende Personal- und Energiekosten berücksichtigt werden – die Bahn wisse aber auch um die Mängel der Betriebsqualität. Noch liefen die internen Beratungen über die Preise. „In der ersten Oktoberwoche werden wir das abgeschlossen haben“, sagte Grube.

Die Bahn fürchtet den Zorn der Kunden

Damit deutete der Vorstandschef erstmals die Umrisse der Preispolitik in diesem Jahr an. Traditionell kündigt die Bahn im Herbst eine Tariferhöhung an, die dann zum Fahrplanwechsel im Dezember wirksam wird. Im vergangenen Jahr lag der Aufschlag im Schnitt bei 2,8 Prozent, ein Jahr zuvor sogar bei 3,9 Prozent. Damals hatte der Staatskonzern allerdings Nachholbedarf: 2010 hatte es eine Nullrunde gegeben, weil die Bahn zuvor wegen des harten Winters mit enormen Verspätungen zu kämpfen hatte und im Sommer in vielen Zügen bei großer Hitze die Klimaanlagen versagten.

Das brachte dem Unternehmen viel Ärger ein – und in diesem Jahr ist es nicht anders. Im Juli überschwemmte das Hochwasser eine der wichtigsten Strecken im Bahn-Netz zwischen Stendal und Rathenow. Ein Viertel der Passagiere im Fernverkehr ist davon betroffen, sie müssen lange Umleitungen auf der Strecke von Berlin nach Hannover in Kauf nehmen. Hinzu kam das Stellwerkschaos im Mainzer Hauptbahnhof: Weil im August eine Reihe von Fahrdienstleitern im Urlaub oder erkrankt war, konnten tagelang kaum Züge in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt halten. Grube nannte den Vorfall „eine Blamage“; der Verkehrsausschuss des Bundestages hatte ihn kürzlich in dieser Sache zur Rede gestellt.

Schleichende Preiserhöhungen

Möglicherweise gibt es nun etwa auf der vom Hochwasser betroffenen Strecke Preissenkungen als Ausgleich für die längere Fahrzeit. Denkbar ist auch, dass nur Pendler Vergünstigungen bekommen – das würde die rund 800 Berliner betreffen, die jeden Tag mit dem ICE nach Wolfsburg zur Arbeit bei VW fahren. Möglich sind auch Preissenkungen bei der Bahncard. Eine erneute Nullrunde wie 2010 halten einflussreiche Bahn-Manager für unwahrscheinlich. Und wenn sich der Konzern bei den Ticketpreisen mäßigen will, bedeutet das nicht, dass dies auch für die Sitzplatzreservierungen gilt. Eine schleichende Preiserhöhung wäre es zudem, wenn sie die Zahl der Spartickets reduzierte, die es etwa für 29 Euro in begrenztem Umfang gibt.

Entschädigungen für Pendler in und um Mainz mit Monats- oder Jahresticket hatte der Bahn-Chef kürzlich bereits angekündigt. Sie sollen wegen der wochenlangen Probleme mit dem Stellwerk bis zu 50 Euro bekommen.

Gute Nachrichten für Stendal-Rathenow

Die Beeinträchtigungen auf der ICE-Strecke zwischen Stendal in Sachsen-Anhalt und Rathenow in Brandenburg sind derweil weniger gravierend als befürchtet. Zusammen mit dem Tüv Rheinland hat die Bahn in den vergangenen Wochen die Hochwasserschäden überprüft, die infolge eines Deichbruchs an der Elbe aufgetreten waren. Dabei ging es um die Frage, ob der aus Betonplatten bestehende Gleisunterbau unterspült worden sein könnte. Mit Radartechnik und Bohrungen hatten die Techniker nach Hohlräumen gesucht. Leitungen und Signale müssen aber auf jeden Fall erneuert werden, diese Arbeiten laufen bereits. Ursprünglich hatte die Bahn befürchtet, den regulären Zugverkehr erst im Dezember wieder aufnehmen zu können. Nun sieht es danach aus, als könne dies schon früher wieder geschehen.

Bereits seit Montag fährt auf einem nicht elektrifizierten Parallelgleis der ICE-Strecke ein weiteres Zugpaar mit Dieselantrieb. Kommende Woche werden auch die Regionalzüge des Betreibers Odeg hier wieder verkehren. Das Nebengleis liegt, anders als die ICE-Trasse, auf einem Schotterbett und wurde vom Hochwasser kaum beschädigt.

Der von seinem Vorgänger Hartmut Mehdorn betriebene Börsengang ist überdies für Grube vorerst kein Thema. „Ich werde dafür bezahlt, dass ich das System in Deutschland in Ordnung bringe“, sagte er am Mittwochabend in Frankfurt am Main weiter. Vor dem für 2008 geplanten Börsengang waren über Jahre tausende Stellen abgebaut und Investitionen aufgeschoben worden. Das weiß auch Grube. „Wir müssen noch viele Hausaufgaben machen“, bekannte er. (mit rtr)

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