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Wirtschaft: Die Bauern werden zunehmend nervös

BERLIN (chi).Die deutschen Landwirte sind in der Lage, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.

BERLIN (chi).Die deutschen Landwirte sind in der Lage, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.Das sagte Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke auf der traditionellen Wintertagung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) am Donnerstag in Berlin.Es sei nicht einzusehen, so Funke, "daß wir in allen anderen Bereichen so außerordentlich wettbewerbsfähig sind, in der Landwirtschaft aber dazu nicht fähig sein sollen".Zugleich warnte er davor, die Zukunft nur in der regionalen Vermarktung zu sehen.Angesichts eines Selbstversorgungsgrades von teilweise über 100 Prozent, seien die deutschen Produzenten auch auf den Export angewiesen.

Die Öffnung der Märkte und die Globalisierung in der Landwirtschaft sei eine Tatsache, sagte Funke.Sowohl der Druck der internationalen Handelspartner auf die Europäer, ihre Landwirtschaft den weltweiten Regeln anzupassen, als auch der bevorstehende Beitritt der osteuropäischen Staaten ließen keine andere Wahl.Viele deutsche Landwirte gingen schon offensiv vor.Es sei erstaunlich, so der Minister, "wen man alles auf Agrarmessen in Vilnius antrifft".Es seien aber noch "Hausaufgaben" zu machen.Vor allem bei der Vermarktung hätten die deutschen Produzenten noch nicht nötige Schlagkraft.Hier müsse mehr getan werden, die Strukturen zu verbessern.Er hoffe, daß diese Bemühungen auch den Segen des Kartellamtes erhielten.

Zugleich bemühte er sich, der Liberalisierung den Schrecken zu nehmen.Er werde sich bei den Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO für einen "fairen" Handel einsetzen.Solange es unterschiedliche ökologische und soziale Standards gebe, sei ein "gewisser Außenschutz" für die europäische Landwirtschaft international zu rechtfertigen.Am Abend, bei der Eröffnung der 64.Internationalen Grünen Woche, sagte Funke dann auch, er werde sich in seiner Funktion als Vorsitzender des EU-Agrarministerrates dafür einsetzen, daß Fragen des Umwelt- und Tierschutzes stärker in die europäische Agrarpolitik eingebunden werden.

Die bevorstehenden Preissenkungen werden die Bauern dennoch stark unter Druck setzen.Der Gießener Agrarökonom Friedrich Kuhlmann verwies auf die enormen Produktivitätsfortschritte: Seit 1970 hätten die deutschen Landwirte die Nahrungsmittelproduktion vervierfacht, den Arbeitskräftebedarf je Produktionseinheit auf ein Viertel reduziert.Die Preissenkungen hätten diesen Fortschritt aber zunichte gemacht."Wir haben nur die Wahl: Wachsen oder weichen", sagte er.Die Politik müsse dies aber unterstützen und "überkommene" Regulierungen abbauen.

Die Stimmung unter den Landwirten hat sich nach Angaben des Bauernverbandes allerdings verschlechtert.In einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts bezeichneten nur 17 Prozent der Bauern ihre wirtschaftliche Lage als gut, 46 Prozent als befriedigend, 37 Prozent als ungünstig.

Der Streit um die europäische Agrarreform im Rahmen der Agenda 2000 dürfte die diesjährige Grüne Woche beherrschen, die am heutigen Freitag mittag auch für das Publikum geöffnet wird.Bei der Eröffnungsfeier am Donnerstag abend warben sowohl Landwirtschaftsminister Funke als auch EU-Agrarkommissar Franz Fischler für die geplante Reform, die den Abbau der Preisstützungen und den Ausgleich durch direkte Zahlungen an die Landwirte vorsieht.Die zuletzt gestiegenen deutschen Agrarausfuhren seien ein Beweis, daß die deutschen Landwirte eine stärkere Marktorientierung nicht fürchten müßten, sagte Fischler.Die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern bekundeten dagegen am Donnerstag ihren Widerstand gegen die Reform: Bei einer Protestveranstaltung in Penzlin verbrannten sie "symbolisch" den Entwurf der Agenda.

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