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Wirtschaft: Die Börsen-Bullen werden selbstbewusster

Die Mehrzahl der Marktteilnehmer geht von weiteren Kursgewinnen aus, warnt aber vor zu großem Optimismus

Berlin (dr/os). Die Bären ziehen sich zurück, die Bullen betreten das Parkett. An den Börsen scheint gegenwärtig ein Stimmungsumschwung stattzufinden. Auch in dieser Woche rechnen die Strategen mit steigenden Kursen. Allerdings erwischte der Aktieneindex Dax am Dienstag nach Ostern zunächst einen schwachen Start. Nach Kursgewinnen an der Wall Street konnte sich der Dax aber im Tagesverlauf erholen und schloss bei 2960 Punkten mit 2,08 Prozent im Plus. Der TecDax legte um 1,76 Prozent auf 380 Zähler zu, obwohl der Chip-Hersteller schlechte Zahlen gemeldet hatte.

Viele Analysten sehen bereits einen grundsätzlichen Stimmungsumschwung an der Börse. „Wir setzten fest auf eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung“, heißt es bei der US-Investmentbank Lehman Brothers. Beflügelten in den vergangenen Tagen überraschend gute Quartalsergebnisse aus den USA die Märkte, so rücken jetzt die deutsche und die europäische Berichtssaison langsam in den Vordergrund. Trotz schwacher Fundamentaldaten sind die Experten bei den Gewinnen durchaus hoffnungsvoll. „Die Restrukturierungsmaßnahmen greifen. Das hat man schon bei SAP gesehen", sagte Roland Ziegler, Stratege der ING BHF-Bank. Sowohl ING BHF-Bank als auch HSBC Trinkaus&Burckhardt rechnen in den kommenden Wochen mit einem Anstieg des Dax bis auf 3200 Punkte.

Doch es gibt auch warnende Stimmen. Die guten Quartalszahlen, so die DZ Bank, seien zu einem großen Teil auf Kostensenkungen zurückzuführen, nicht aber auf Umsatzzuwächse. „Für weiter steigende Kurse wäre dies aber notwendig." Ähnlich äußert sich Hans Jacob, Leiter des Bereichs Asset Management beim Privatbankhaus Löbbecke. Die Gewinninterpretationen bei SAP, Nokia und Intel seien zu optimistisch, die Konjunkturschätzungen ebenfalls. Jacob sieht das Ende der Aufwärtsbewegung bei 2915 Punkten. Die Deutsche Börse, die regelmäßig die Stimmung am Markt erfragt, warnt zwar vor übertriebenem Optimismus, rechnet aber weiterhin mit Kursanstiegen in Richtung 3050 bis 3100 Punkte.

Vielleicht wird sogar die charttechnisch wichtige Marke von 3100 Zählern geknackt. Bis dahin sehen die Charttechniker ohne weiteres Luft, bevor eine größere Korrektur nach unten beginnen könnte. Charttechniker sind Analysten, die ihre Erkenntnisse aus dem Kursverlauf selbst und markttechnischen Indikatoren beziehen.

Aus ihrer Sicht wurde seit dem Tiefstand bei 2188 Punkten der so genannte sekundäre Abwärtstrend nachhaltig gebrochen (siehe Grafik oben). Er galt seit einem Jahr. Dies gibt Anlass zu Hoffnung, weil der Bruch sekundärer Abwärtstrends der Anfang vom Ende des Abwärtstrends insgesamt bedeuten kann. Dazu muss allerdings die übergeordnete primäre Abwärtstrendlinie, die derzeit bei etwa 4500 Punkten liegt, ebenfalls noch durchbrochen werden.

Ihren Optimismus beziehen die Charttechniker aus der Bildung eines sekundären Aufwärtstrends. Solange diese Linie nicht unterschritten wird, geht es aufwärts. Dies wäre bei 2600 Punkten der Fall. Zudem etablierte sich eine – kurzfristige und untergeordnete – tertiäre Aufwärtstrendlinie. Derzeitiger Stand: 2827, steil steigend. Ihr bevorstehender Bruch wäre ein erstes Warnsignal für eine längere Korrektur. Für die Charttechniker ist der Dax derzeit ein interessanterer Markt als der amerikanische, weil der Dax in der Vergangenheit viel tiefer gesunken und deshalb stärker unterbewertet ist. So ist zu erklären, dass der Dax jetzt steigt und steigt, während sich die US-Indizes relativ langsam erholen. Selbst wenn diese nicht weiter steigen und sich seitwärts bewegen, hat der Dax weiter Luft nach oben. Abgekoppelt hat sich inzwischen auch der Ölpreis. Er steigt, was in den vergangenen Wochen zugleich sinkende Kurse bedeutete. Diesen Zusammenhang gibt es jetzt offenbar nicht mehr.

Uwe Wagner, Charttechniker der Deutschen Bank, sieht den Dax zudem nach unten gut abgesichert. „Der Markt ist recht widerstandsfähig.“ Anleger sollten sich aber im Klaren sein, dass trotz der guten Aussichten für die nächsten Tage bald eine größere Korrektur droht, bevor es weiter aufwärts geht.

Trostlos präsentieren sich derzeit nur die Märkte in Japan. An der Börse in Tokio fiel der Nikkei am Dienstag um 2,31 Prozent auf 7786,94 Punkte. Dies war der niedrigste Stand seit Mitte November 1982.

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