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Wirtschaft: Die Bundesregierung verfehlt ihre Sparziele

Bundesfinanzminister Hans Eichel hat erstmals eingeräumt, dass er sein selbst gestecktes Ziel, das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit bis 2004 auf null zu senken, verfehlen wird. Das geht aus dem Entwurf des im Finanzministerium erstellten neuen Stabilitätsprogramms für die EU hervor, das dem Handelsblatt vorliegt.

Bundesfinanzminister Hans Eichel hat erstmals eingeräumt, dass er sein selbst gestecktes Ziel, das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit bis 2004 auf null zu senken, verfehlen wird. Das geht aus dem Entwurf des im Finanzministerium erstellten neuen Stabilitätsprogramms für die EU hervor, das dem Handelsblatt vorliegt. Demnach wird es einen ausgeglichenen Staatshaushalt, der neben den Etats von Bund, Ländern und Gemeinden auch den Etat der Sozialversicherungen einschließt, frühestens 2005 geben. Das Programm befindet sich in der Abstimmung mit den Ministerien und soll am kommenden Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden.

Zwar will Eichel trotz der Konjunkturflaute die Maastricht-Kriterien auch in den nächsten Jahren erfüllen. Allerdings hält er es für notwendig, den "ambitionierten Defizitpfad" der rot-grünen Koalition wegen der derzeit besonders großen Unsicherheiten durch ein Risikoszenario zu ergänzen, das von deutlich geringeren Wachstumsannahmen und höheren Ausgaben ausgeht. Nach diesem von Experten als realistisch eingeschätzten Szenario würde ein ausgeglichener öffentlicher Gesamthaushalt nicht wie geplant im Jahr 2004, sondern frühestens 2005 erreicht. Bei Redaktionsschluss waren die Experten im Finanzministerium noch dabei, das genaue Tableau zu errechnen.

Im ursprünglichen Entwurf wurden für das Risikoszenario die Wachstumsannahmen für 2002 von rund 1,25 auf etwa 0,75 Prozent und für die Jahre 2003 bis 2005 jeweils von circa 2,5 auf 2,25 reduziert. Zugleich wurden die erwarteten Ausgabenzuwächse von knapp zwei Prozent pro Jahr auf fast 2,25 Prozent erhöht. Damit reagierte Eichel unter anderem auch auf die Kritik der EU-Kommission, die ihm vorgeworfen hatte, zu optimistisch bei der Haushaltsplanung zu sein.

Eichel unterstreicht, dass selbst bei der Kumulation geringerer Wachstumsraten und höherer Ausgabenzuwächse "keine Abkehr vom Konsolidierungskurs stattfindet". Auch bei dem "ungünstigen Szenario" werde der Sparkurs beibehalten. Mittelfristig würden die Defizite deutlich verringert. Das Defizitkriterium von drei Prozent werde in jedem Fall erreicht. Der "Sicherheitsabstand" werde jedoch kleiner.

Für die Opposition bedeutet das Eingeständnis Eichels neue Munition für den Wahlkampf. Bereits während der Haushaltsberatungen hatte CDU-Chefin Angela Merkel Eichel vorgeworfen, er rechne seinen Haushalt schön. Auch der ehemalige Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) kritisierte Eichels "Rechentricks": "Es knirscht an allen Ecken und Enden." Eichel konterte die Kritik mit den Worten: "Eine solide Konsolidierung ist das Beste, was wir für die Investitionsbereitschaft von Bürgern und Unternehmen machen können."

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