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Mütter arbeiten wegen der Familie oft in Teilzeit. Dabei würden viele von ihnen gerne ihre Arbeitsstunden aufstocken.

© dpa

Die Deutschen und ihre Arbeit: Beschäftigte würden gern mehr arbeiten - oder weniger

In Deutschland gibt es so viele Jobs wie lange nicht mehr. Doch viele Beschäftigten stören sich an starren Arbeitszeitregelungen in den Unternehmen.

So viel Arbeit war nie in Deutschland – und dennoch können viele Menschen nicht so viel anpacken, wie sie eigentlich wollen. Neben den rund 2,1 Millionen Erwerbslosen und einer „stillen Reserve“ von rund einer Million Menschen gehören dazu auch gut 2,9 Millionen Jobinhaber, die im vergangenen Jahr im Schnitt satte 11,3 Stunden pro Woche länger arbeiten und entsprechend mehr Geld verdienen wollten.

Vor allem teilzeitbeschäftigte Frauen würden gerne aufstocken

Aus den am Mittwoch veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes geht hervor, dass sich vor allem teilzeitbeschäftigte Frauen mehr Arbeit wünschen. Fast 15 Stunden in der Woche würden die Betroffenen drauflegen, wenn sie denn könnten. Von den 1,6 Millionen nach eigener Einschätzung unterbeschäftigten Teilzeitkräften sind rund drei Viertel weiblich. Sie arbeiten im Schnitt knapp unter 18 Stunden in der Woche, sprich halbtags.

Laut Bundesarbeitsagentur fordert mehr Flexibilität von den Unternehmen

Vor allem Mütter stehen vor einem Problem: „Viele kommen nach der Kinderpause nicht aus der Teilzeitfalle heraus“, beschreibt Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit das Problem. Auch die Pflege älterer Angehöriger sei oft genug Sache der Frauen, die dafür im Job zurückstecken. Notwendig sind aus seiner Sicht der Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten und flexible Angebote von Unternehmen.

Viele junge Familienväter würden gerne mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten

Genau umgekehrt ist die Geschlechterverteilung bei den 1,3 Millionen Menschen, denen sogar ihr Vollzeitjob mit durchschnittlich gut 40 Stunden nicht ausreicht. Sie wollten 2014 im Schnitt sieben Stunden drauflegen. Nach noch nicht veröffentlichten Teiluntersuchungen sind darunter überdurchschnittlich viele frischgebackene Familienväter, sagt die Statistik-Expertin Martina Rengers. Hier spiele das zunehmend engere Familien-Budget wohl eine wichtige Rolle.

Der DGB beklagt die Präsenzkultur in den Unternehmen

Die Menschen bräuchten mehr Souveränität über ihre Arbeitszeit, um Beruf und Privatleben besser unter einen Hut zu bringen, verlangt die Vize-Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Elke Hannack. „Dem stehen starre Arbeitszeitregeln und eine Präsenzkultur, die ihresgleichen sucht, entgegen.“ Der DGB verlangt daher einen gesetzlich geregelten Anspruch auf befristete Teilzeit, damit Beschäftigte ihre Arbeitszeit nach Bedarf wieder aufstocken könnten. Dann würden auch Männer diese Möglichkeit in Anspruch nehmen.

Der BDA hält die Forderungen der Gewerkschaft für unbegründet

Aus Sicht der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) sind die Kritik und die Forderungen des DGB unbegründet. Fast jedes Unternehmen in Deutschland biete flexible Arbeitszeitmodelle an, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme. „Sowohl auf tariflicher wie auch auf betrieblicher und individueller Ebene bestehen zahlreiche Vereinbarungen, die betriebliche Bedürfnisse und persönliche Wünsche der Arbeitnehmer zum Ausgleich bringen.“

Vor allem Männer würden beruflich gerne kürzer treten

Laut Bundesamt für Statistik stehen den unterbeschäftigten Teilzeitkräften, die gerne mehr arbeiten würden, in Deutschland rund 900 000 Erwerbstätige gegenüber, die ihre Arbeitszeit auch bei entsprechenden Einkommenseinbußen gerne reduzieren würden, und zwar im Schnitt von knapp 45 Stunden auf 34 pro Woche. In dieser Gruppe sind laut Statistik die Männer leicht in der Überzahl, nach den Gründen wurde nicht gefragt. Besonders lange Arbeitszeiten haben nach der Erhebung Selbstständige, Führungskräfte und Beschäftigte in der Landwirtschaft. Das von der Wirtschaft nicht genutzte Arbeitspotenzial der Job-Inhaber betrug 2014 in der Summe von Über- und Unterbeschäftigung knapp 22,6 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr, was 566 000 Vollzeitstellen (40 Wochenstunden) entsprach. mit dpa

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