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Wirtschaft: Die EZB ist die falsche Adresse

von Carsten Brönstrup Nun hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Schwarzen Peter. Sie hätte am Donnerstag die Leitzinsen senken und so viele Probleme Deutschlands lösen können, sagen ihre Kritiker.

von Carsten Brönstrup

Nun hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Schwarzen Peter. Sie hätte am Donnerstag die Leitzinsen senken und so viele Probleme Deutschlands lösen können, sagen ihre Kritiker. Der hohe EuroKurs – er wäre gesunken. Das schwache Klima bei Konsum und Investitionen – es wäre freundlicher geworden, wenn sich Verbraucher und Unternehmen bei Banken mit billigerem Geld hätten versorgen können. Die flaue Konjunktur – sie wäre in Gang gekommen, hätte mehr Jobs und steigende Einkommen gebracht.

Doch so simpel funktioniert Wirtschaft nicht. Die EZB-Kritiker machen es sich zu einfach, wenn sie allein auf billiges Geld als Retter aus der Konjunkturnot setzen. Sicher, geschadet hätte eine Zinssenkung kaum. Ihr Nutzen wäre aber begrenzt gewesen. Denn es sind nicht die Zinsen, die den Aufschwung hemmen. Sie sind seit Monaten auf einem historischen Tief. Zieht man die Inflationsrate von den Zinsen ab, verleihen die Banken Geld beinahe zum Nulltarif. Ohnehin wirkt jede Lockerung der Geldpolitik frühestens nach einem halben Jahr. Auch wenn die EZB gestern tätig geworden wäre, hätte es also kaum schnelles Wachstum gegeben. Darauf hatten viele Ökonomen und der Kanzler aber gehofft, als sie in den vergangenen Wochen die EZB zum Handeln gedrängt hatten.

Das Problem dieses Landes ist ein anderes und könnte von keinem noch so genialen Zentralbanker gelöst werden: Den Leuten fehlt das Vertrauen. Während Länder in Amerika und Asien längst wieder kräftig wachsen, schleppt sich die deutsche Wirtschaft in das vierte Jahr der Stagnation. Denn die Bürger halten das Geld zusammen und sparen, wo es eben geht. Ihnen fehlt der Glaube an eine unbeschwerte Zukunft, in der ihr Arbeitsplatz sicher ist, ihr Einkommen verlässlich steigen wird, ihre Kinder eine vernünftige Ausbildung bekommen und die Steuern und Abgaben einigermaßen stabil bleiben.

Die Regierung verschärft die kollektive Psychose, anstatt den Deutschen die Hoffnung zurückzugeben: Sie hat das Reformieren weitgehend eingestellt und redet stattdessen über Deprimierendes – über neue Steuern, eine Lehrstellenabgabe und soziale Einschnitte. Viel besser wäre es, sie würde über neue Chancen und Veränderungen für die Zukunft des Landes reden. Eine Zentralbank kann das nicht tun. Eine Regierung schon.

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