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Wirtschaft: Die Hochschulen entscheiden über die Zukunft Berlins

Future Panel des Tagesspiegel und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung / Wirtschaftsminister Clement: „Berlin ist eine faszinierende Stadt“

Berlin (uwe). Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht, der Berliner Wirtschaft geht es schlechter. Auf diesen Satz bringen die Teilnehmer des Berlin Future Panel die Aussichten für die Wirtschaft der Bundeshauptstadt im Jahr 2003. Zum ersten Mal seit fünf Jahren glaubt kein einziger Teilnehmer der Runde, dass sich die wirtschaftliche Lage Berlins in diesem Jahr verbessern wird. Zwei Drittel der Teilnehmer sagen, dass die Lage unverändert bleiben werde, etwa ein Drittel erwartet eine Verschlechterung.

Das Berlin Future Panel ist eine Runde von Berliner Managern, Wissenschaftlern und Unternehmern, die vom Tagesspiegel und vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zwei Mal im Jahr zur wirtschaftlichen Lage der Hauptstadt befragt werden. Während die Gesamtlage aktuell pessimistisch eingeschätzt wird, sehen die Teilnehmer die eigene Branche positiver: Immerhin ein Drittel erwartet, dass sich die Lage im eigenen Unternehmen im Lauf des Jahres 2003 aufhellt.

Nicht gerade rosig wird sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland insgesamt entwickeln, sagte DIWChef Klaus Zimmermann. Für das laufende Jahr erwartet er ein Wachstum von allenfalls 0,6 bis 0,8 Prozent, auch im Jahr 2004 werde die Wirtschaft voraussichtlich stagnieren, meint Zimmermann. Dazu kämen noch nicht kalkulierbare Risiken für die Konjunktur wie ein Krieg gegen den Irak. „Die Risiken überwiegen eindeutig die Chancen auf konjunkturelle Besserung“, sagte Zimmermann.

Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte, dass die deutsche Wirtschaft „ein schweres Jahr" vor sich habe. Die Resultate der Reformpolitik würden voraussichtlich erst im kommenden Jahr positiv spürbar. Clement warnte allerdings die Berlin-Future-Teilnehmer: Aus dem Ruhrgebiet kenne er das Phänomen, dass die Menschen ihre eigene Lage immer deutlich pessimistischer einschätzten als Personen, die die Lage von außen beurteilten. So sehe er Berlin „als eine faszinierende, glänzende Stadt, die den Neid anderer Regionen auf sich zieht". Berlin habe mit die besten Chancen, sich zu entwickeln. Clement nannte vor allem den Bau des neuen Großflughafens als entscheidendes Signal dafür, „dass es in Berlin weitergeht". Außerdem lobte Clement die Berliner Hochschullandschaft als großen Vorteil der Stadt in Deutschland und Europa.

Allerdings müsse es der Wissenschaft gelingen, Grundlagenforschung, angewandte Wissenschaften und Lehre so zu vernetzen, dass Berlin einen Spitzenplatz auch in der Welt einnehmen könne. „Der Wettbewerb findet nicht innerhalb von Deutschland oder Europa statt", warnte der Wirtschaftsminister. Auch die Teilnehmer des Berlin Future Panel räumen den Berliner Hochschulen eine entscheidende Rolle für die Zukunft der Stadt ein. Allerdings attestierten die Panel-Teilnehmer den Berliner Absolventen ein zu hohes Alter und zu wenig berufsbezogene Erfahrungen, wenn sie einen Hochschulabschluss erworben hätten. Hinzu kämen Defizite bei der sozialen Kompetenz und bei der Fähigkeit, sich auf das Unternehmen einzustellen, bei dem sie ihre erste Stelle fänden.

Der Präsident der Freien Universität, Peter Gaethgens, die Wirtschaftswissenschaftler Michael C. Burda und Kai A. Konrad beklagten, dass die eigenen Bemühungen der Hochschulen um mehr Effizienz und eine gezieltere Verwendung der Mittel vom Senat bestraft würden, weil eingespartes Geld nicht den Hochschulen zur Verfügung gestellt werde. Damit werde jede Eigeninitiative der Universitäten im Keim erstickt.

Nahezu alle Teilnehmer des Berlin Future Panel sprachen sich für – zum Teil deutliche – Studiengebühren aus. Der Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer Werner Gegenbauer forderte, die Berliner Hochschulen deutlicher und engagierter für ausländische Studenten zu öffnen.

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