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Die Klimamanager: "Klimaschutz muss sich rechnen"

Klimaschutz? Ja, bitte! So viel Einigkeit war selten bei einem Thema. Doch wenn es an den eigenen Geldbeutel geht, heißt es oft ganz schnell: Klimaschutz? Nein, danke – da sind erst mal die anderen dran! Die Investoren brauchen Planungssicherheit.

Dieses Grundmuster durchzieht auch das jahrelange Ringen um ein wirkungsvolles, global verbindliches Abkommen zur Eindämmung des Klimawandels.

Dass gerade jetzt in wirtschaftlichen Krisenzeiten die Fronten doch ein wenig in Bewegung kommen, stimmt zuversichtlich. Krisenzeit ist Zeit zum Umdenken. Wir brauchen Konzepte für mehr Wachstum und mehr Klimaschutz. Klimaschutz muss sich rechnen, das heißt, wir müssen dort anfangen, wo er am wenigsten kostet oder absehbar sogar Geld spart.

Den Schlüssel für wirtschaftlichen Klimaschutz haben wir in der Hand: Energieeffizienz. Ein Riesenpotenzial dafür steckt zum Beispiel im Gebäudesektor. Schon heute kann durch Einsatz moderner Bau- und Dämmstoffe und effiziente Technik für Heizung, Kühlung und Beleuchtung der Energieverbrauch in Altbauten wirtschaftlich um durchschnittlich zwei Drittel auf einen Standard gesenkt werden, der dem Verbrauch von sieben Litern Heizöl pro Quadratmeter und Jahr entspricht. In Deutschland würden wir durch zügige Umsetzung aller wirtschaftlichen Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor ab 2020 rund 60 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sparen – jedes Jahr! Das sind etwa sechs Prozent unserer heutigen jährlichen CO2-Emissionen. Es ist also vieles machbar.

Warum wird trotzdem noch viel zu wenig gemacht? Allen Prognosen zufolge wird Energie langfristig teurer, energiesparende Sanierung zahlt sich also aus – aber eben erst nach Jahren. Deshalb schrecken vor allem private Investoren vor den hohen Anfangskosten zurück. Auch fehlen oft notwendige Informationen, gesetzliche Vorgaben wechseln zu häufig, und Förderprogramme sind teilweise zu kompliziert.

Die Politik könnte hier viel ausrichten, vor allem durch stabile, langfristige Ergebnisorientierung, zeitlich begrenzte Anreizprogramme, Veränderung des Mietrechts und insbesondere durch klare Zielvorgaben, die in einheitliche, einfache Verordnungen und Gesetze münden. Denn Investoren brauchen vor allem Planungssicherheit.

Das gilt nicht nur für den Gebäudesektor. Entscheidend ist, dass zukünftig alle Sektoren ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Heute wird die Industrie gerne zuerst in die Pflicht genommen. Sicher, sie muss und kann noch energieeffizienter werden. Gleichzeitig ist sie aber treibende Kraft für Innovationen, die effizienten Klimaschutz erst möglich machen. So ist Umwelttechnik „Made in Germany“ heute ein Exportschlager. Diese Innovationskraft droht unsere Industrie aber zu verlieren, wenn sie in Deutschland und Europa durch zu ehrgeizige und einseitige Klimaauflagen wie zum Beispiel beim Emissionshandel in ihrer globalen Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt wird.

Innovationsmotor für fast alle Branchen ist besonders die Chemie, die für sich selbst eine positive Klimabilanz aufweist, wie jüngste Studien zeigen. Als Querschnittsindustrie bietet sie vielfältige Lösungen für mehr Klimaschutz: Beschichtungen für effizientere Windräder, Materialien für neuartige Solarzellen, Kunststoffe für leichtere, sparsame Autos, Komponenten für Brennstoffzellen oder Hochleistungsbatterien und die schon erwähnten Produkte für klimagerechtes Bauen und Wohnen. Das sind nur wenige Beispiele aus einer sehr breiten Palette.

Klimaschutz braucht die Partnerschaft von Industrie und Politik. Wir müssen vorhandene und künftige Technologien da einsetzen, wo sie wirtschaftlich am sinnvollsten sind. Dazu bedarf es fairer und weltweit gültiger Standards für Klimaauflagen – in möglichst vielen Sektoren, inklusive der hier beleuchteten Sektoren Industrie und Gebäude. Nur wenn wir innovative Technologie mit innovativen politischen Konzepten verbinden, können wir das Klima schützen und zugleich Wachstum und Wohlstand sichern.

Der Autor ist Vorstandschef der BASF AG, einem Mitglied der BDI-Initiative „Wirtschaft für Klimaschutz“ (www.wirtschaftfuerklimaschutz.eu).

Jürgen Hambrecht

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