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Wirtschaft: Die Konjunktur gewinnt an Fahrt, davon profitieren zyklische Papiere

Es läuft zwar noch nicht wie geschmiert, aber es läuft immer besser. Analysten sind zuversichtlich, dass sich die deutsche Wirtschaft im zweiten Halbjahr 1999 und vor allem im Jahr 2000 merklich erholen wird.

Es läuft zwar noch nicht wie geschmiert, aber es läuft immer besser. Analysten sind zuversichtlich, dass sich die deutsche Wirtschaft im zweiten Halbjahr 1999 und vor allem im Jahr 2000 merklich erholen wird. "Die Signale dafür mehren sich", sagt Jörg Natrop vom Aktienresearch der WGZ-Bank in Düsseldorf. Der Aktienmarkt werde diese Entwicklung in den nächsten Wochen vorwegnehmen. Kräftigen Auftrieb erhalte die deutsche Konjunktur durch die Exporte, die wiederum durch einen immer noch günstigen Euro unterstützt werden. Anleger mit etwas Mut zum Risiko sollten daher mit Blick auf deutliche Gewinnsteigerungen im Jahr 2001 zyklische Aktien ihrem Portfolio beimischen.

Übergewichten würde Natrop Chemie- und Pharmatitel. Die chemische Industrie befinde sich weiter auf Erholungskurs. Zu erwartende Preiserhöhungen sollten bereits vom dritten Quartal an für bessere Ergebnisse bei den meisten Unternehmen sorgen. Zu den Top-Ten-Empfehlungen der WGZ zählt unter anderem SKW Trostberg (Wertpapierkennnummer 729 270). Der Konzern sei weltweit die Nummer eins im Bereich Bauchemie; die Aktie habe Potenzial bis rund 26 Euro.

Als Outperformer, also besser als der Marktdurchschnitt, wird BASF (WKN 515 100) eingestuft. Der faire Wert des Papiers, das seit dem 20. September im Euro-Stoxx-50 enthalten ist, liege bei rund 49 Euro. Von der konjunkturellen Belebung sollten auch Bayer (WKN 575 100) profitieren. Kursziel zurzeit: 48 Euro. Auch WestLB und HSBC Trinkaus & Burkhardt sagen: Bayer kaufen.

Die Analysten der BfG Bank AG räumen unter den so genannten Zyklikern insbesondere den Maschinenbauwerten Anlagechancen ein. Diese Branche werde ganz besonders von der konjunkturellen Erholung in Europa profitieren, meint Aktienanalyst Martin Haug. Der "vielleicht interessanteste Dax-Wert" sei dabei die MAN-Aktie, die er als klaren Kauf einstuft. Das Unternehmen weise eine positive Geschäftsentwicklung auf, die "insbesondere vom Nutzfahrzeuggeschäft getragen wird". Dieses laufe besonders in Europa viel besser als erwartet. Der Auftragseingang sei in den ersten beiden Monaten um 20 Prozent gestiegen. Am Gesamtumsatz habe der Nutzfahrzeugbereich einen Anteil von 36 Prozent. Zum Ergebnis vor Steuern (1,09 Milliarden Mark) trage er sogar 41 Prozent bei.

"Weitere Musik" sei in dem Papier wegen möglicher Kooperations- oder Fusionsfantasien mit einem anderen Nutzfahrzeughersteller. Auf Sicht von sechs Monaten legt Haug das Kursziel auf 40 Euro. Derzeit notiert die Aktie bei 33 Euro. Sollten sich die Fantasien verdichten, liege das Ziel bei 50 Euro.

Etwas zurückhaltender bei MAN gibt sich Ralf Dörper, Analyst bei WestLB Panmure. Zwar hätten Restrukturierungen oder Fusionsspekulationen MAN - wie auch der Linde-Aktie - einige Bewertungsimpulse gegeben, und "noch ist nicht alles gelaufen", doch seien derzeit kaum neue Nachrichten zu erwarten. Gleichwohl sieht auch er die Aktie als Outperformer.

Kursfantasie berge in dem "spätzyklisch reagierenden" Maschinenbau zudem die Aktie der Metallgesellschaft. Nach Einschätzung von Thomas Teetz, Aktienstratege von HSBC Trinkaus & Burkhardt, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) günstig. Die Neuausrichtung der Metallgesellschaft habe sich im Kurs bislang kaum positiv niedergeschlagen. Außerdem lasse die Konzentration auf die Kerngeschäfte weiter steigende Gewinne erwarten.

Überzeugt zeigt sich Teetz auch von zwei typischen Werkzeugmaschinenbauern, die "klassisch konjunkturabhängig" seien: Gildemeister und Klöckner (WKN 678 000). Gildemeister weise ein extrem günstiges KGV von sieben auf. Klöckner überzeuge durch eine "klare Fokussierung des Geschäfts".

Ralf Dörper hat eher die Papiere der zweiten und dritten Reihe im Visier, die noch unterbewertet seien. Aus dem Smax, dem Marktsegment für kleinere Werte, stuft er die Aktien von König & Bauer (WKN StA 719 350) als Outperformer ein, die einen weiteren Schub durch die Druck- und Papier-Messe (Drupa) im Mai 2000 erhalten könnten.

Den MDax-Wert Jungheinrich empfiehlt Dörper zum Kauf. Das Kursziel sieht er auf Sicht von zwölf Monaten bei 18,4 Euro. Die WGZ-Bank, die dem Papier eine bessere Entwicklung als dem Gesamtmarkt zutraut, hebt unter anderem die günstige Bewertung der Aktie mit einem 2000er KGV von acht hervor. Jungheinrich weise zudem mit geschätzten plus 18 Prozent (1999) und plus 27 Prozent (2000) im Nachsteuerergebnis eine sehr gute Gewinndynamik auf. Mit der konsequenten Ausweitung des Dienstleistungsbereiches werde zudem das Risiko des stark zyklischen Flurförderzeuggeschäftes reduziert.

Stark macht sich Natrop zudem im Automobilbereich für die Porsche-Vorzüge. Die guten Geschäftsperspektiven seien noch nicht im Kurs enthalten. Auf "verkaufen" wurden dagegen die BMW-Papiere gesetzt. Die Aktie sei "im Konzert der drei Großen relativ schlecht positioniert und zu hoch bewertet".

Doch auch die Maschinenbauwerte sieht Natrop nicht einhellig positiv. Mit einem KGV von 11,6 sei Dürr (WKN556 520) zu hoch bewertet. Zwar baue Dürr den margenträchtigen Dienstleistungssektor und damit die Systemkompetenz weiter aus, doch seien unter anderem Auftragseingang und -bestand im ersten Halbjahr mit minus 24,4 Prozent und minus 26,7 Prozent deutlich rückläufig gewesen. Als Verkauf stuft die WGZ auch Deutz (WKN 630 500) ein. Hier belasteten umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen das Mannheimer Werk.

Regine Palm[Dirk Ruschmann]

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