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Wirtschaft: Die Kunden der Dresdner Bank sind tief verletzt - Die Konkurrenz reibt sich die Hände

Vor einer Woche war Joachim von Harbou noch guter Dinge. "Die Sparkassen und die anderen Institutsgruppen müssen sich warm anziehen", sagte das Vorstandsmitglied der Dresdner Bank und lobte die Fusion mit der Deutschen Bank gerade auch im Filialgeschäft in den höchsten Tönen.

Vor einer Woche war Joachim von Harbou noch guter Dinge. "Die Sparkassen und die anderen Institutsgruppen müssen sich warm anziehen", sagte das Vorstandsmitglied der Dresdner Bank und lobte die Fusion mit der Deutschen Bank gerade auch im Filialgeschäft in den höchsten Tönen.

Mittlerweile ist die Zuversicht des Bankers zumindest gebremst. Denn an jenem Abend in München ließ sich der Banker auch eine Zahl entlocken, die sich mittlerweile als fatal entpuppt. Nur wer ein Vermögen von etwa 200 000 Mark und mehr besitze oder pro Jahr mehr als fünf Millionen Mark umsetze werde zum exklusiven Kundenkreis der neuen grünen Deutschen Bank gehören. Der Rest werde zur Bank 24, die weniger Beratung und weniger Service bietet, wechseln müssen. In diesem Institut schließen Deutsche und Dresdner Bank ihr angeblich unprofitables Filialgeschäft zusammen und geben es zunächst teilweise, später mehrheitlich an die Allianz ab.

Harbous Zahlenspiel hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Das Rudern zurück ("Letztlich entscheidet der Kunde"), am Wochenende von der Dresdner Bank über eine Nachrichtenagentur verbreitet, hat wenig geholfen. Der Dresdner Bank kehren Hunderte von Kunden den Rücken, weil sie nicht bei der Bank 24 landen wollen. Und die Konkurrenz nimmt sie mit offenen Armen auf.

Bei Sparkassen, Volksbanken, der HypoVereinsbank, der Commerzbank und anderen Kreditinstituten reibt man sich die Hände. Immerhin zählt die Dresdner Bank rund vier Millionen Kunden, die eigentlich zur Bank 24 "übergeleitet" werden sollen. Mit dem Motto "Wenn von Ihrer Bank nur noch die Farbe bleibt, ist es an der Zeit sich nach einer neuen umzusehen" garniert etwa die Nassauische Sparkasse ihre jüngste Werbekampagne. "Größe zu suchen ist gut, Nähe zu bieten ist besser" steht in Anzeigen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Für Werbetexter ist der Affront der Dresdner Bank geradezu eine Einladung, flotte Sprüche zu kreieren. Konkrete Zahlen für neue Kunden, die sich bei der Dresdner Bank ab- und bei der nächsten Sparkasse angemeldet haben, hat DSGV-Sprecher Gerd Achilles zwar nicht. "Aber der Trend ist eindeutig". Auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken melden sich immer mehr frustrierte Dresdner Bank-Kunden. "Die Großbanken machen uns den Weg frei", freut sich Arnim Kloß vom Branchenverband BVR. Die Zahl der wechselwilligen Kunden wird weiter steigen, wenn die Deutsche und Dresdner Bank nicht rasch für Klarheit sorgen und mit allem Nachdruck ihr Interesse an allen Kunden dokumentieren. Die Dresdner Bank versucht die Wogen zu glätten. Doch der Erfolg hält sich in Grenzen. In einem Brief an die Kunden preist sie die neue Bank 24 als Spitzeninstitut ohne Details zu nennen und verspricht weiter Informationen über die neuesten Entwicklungen. "Nur mit einer transparenten Kommunikation kann Vertrauen bewahrt werden." Aber schon da hapert es: Den Brief hat überhaupt nur ein Teil der rund vier Millionen Kunden erhalten.

Der Vorgang belastet auch die Stimmungslage zwischen den Fusionspartnern. Bei der Deutschen Bank ist man sauer und schüttelt den Kopf über das unprofessionelle Verhalten der Dresdner Bank. Am Sonabend versuchte die Deutsche Bank 24 mit einer Anzeige in Tageszeitungen den Sparkassen und Volksbanken Paroli zu bieten. "Sie müssen sich an nichts Neues gewöhnen. Nur an etwas Besseres." Weitere Anzeigen und Werbespots in Radio und Fernsehen werden folgen und wohl auch ein Brief an die rund sieben Millionen Privat- und Geschäftskunden der Deutschen Bank 24.

Immerhin: Die Deutsche Bank 24 hat von Anfang nicht den Fehler gemacht, ihre Kunden nach Vermögen zu sortieren. Man ziele auf moderne, dynamische Menschen, auf jene, so das Motto, "die noch etwas vorhaben", auf die "moderne Mitte", sagt Pressesprecher Klaus Winker. Bei der Deutschen Bank 24 gebe es keinen Zwang, der Kunde habe die Wahl. "Wir gestalten unsere Produkte unabhängig von der Vermögenslage unserer Kunden". Trotzdem sprangen auch hier etliche Kunden ab und kehrten der Deutschen Bank den Rücken.

Eine offene und offensive Informationspolitik und schnelle Entscheidungen seien jetzt ganz wichtig, sagt er. Sonst geht die Bank 24 nicht einmal mit den derzeit insgesamt 11 Millionen kleineren Privat- und Geschäftskunden an den Start. Dabei benötigen die Filialen der Bank 24 jeweils 5000 bis 6000 Kunden, um das ehrgeizige Renditeziel von 15 Prozent auf das eingesetzte Kapital zu erreichen.

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