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Wirtschaft: Die Kurssprünge der griechischen Börse erfordern gute Nerven

Viele Athener Anleger fühlten sich bis vor kurzem wie im Himmel. Mit mitleidigem Lächeln blickten sie auf jene herab, die ihre Gelder dem lahmen Dax oder dem schwächlichen Dow anvertraut hatten.

Viele Athener Anleger fühlten sich bis vor kurzem wie im Himmel. Mit mitleidigem Lächeln blickten sie auf jene herab, die ihre Gelder dem lahmen Dax oder dem schwächlichen Dow anvertraut hatten. An der Akropolis dagegen schien das Paradies zu liegen: ein Plus von 130 Prozent seit Jahresbeginn! Doch dann kam es knüppeldick: Seit zwei Wochen unternimmt der griechische Aktienmarkt echte Berg- und Talfahrten - und bringt die Spekulanten gewaltig ins Schwitzen.

Ende September büßte der Index innerhalb nur einer Woche mehr als 1000 Punkte ein, ein Minus von fast 18 Prozent. "Panik" registrierte die Zeitung Exousia und sah bereits einen "totalen Zusammenbruch", als der Index nach dem Hoch von 6355 Punkten auf 5283 Zähler abgesackt war. Gleich darauf wurden die Pessimisten eines Besseren belehrt. In nur einem Tag legte der Index um stattliche 5,83 Prozent zu, und seither geht es wieder zügig bergauf. Die Bullen - so scheint es - sind an die Athener Börse zurückgekehrt. Donnerstag mittag stand der Index wieder auf 5911,47 Punkten.

Wie wird es weitergehen? "Die ausländischen Anleger kehren zurück", glaubt das Finanzblatt Imerisia, es sei "nur eine Frage der Zeit", bis der Index die Schwelle von 7000 Punkten erreiche. Auch Dimitris Garagounis, Vorsitzender des Verbandes der griechischen Kleinaktionäre, sieht nun günstige Kaufgelegenheiten - der Absturz Ende September sei nur eine längst überfällige Korrektur gewesen. Der Börsentrend sei nach wie vor nach oben gerichtet. Viele Analysten rechnen allerdings mit weiteren Turbulenzen, bevor der Markt sich stabilisiert. Lothar Poneleit, Repräsentant der Dresdner Bank in Athen, warnt vor der Gefahr "weiterer kleiner Nachbeben". Besonders für die Nebenwerte könnte die Korrektur noch nicht vorbei sein, glaubt Poneleit und rät den Anlegern, sich auf Blue Chips zu konzentrieren.

Bei 7500 Punkten sieht Griechenland-Experte Ralph Luther vom Hamburger Bankhaus Berenberg den Athener Index Mitte nächsten Jahres. Den Absturz Ende September hält er ebenso für eine Übertreibung wie den steilen Kursanstieg in den Wochen zuvor. Als seine Favoriten nennt der Banker die Papiere der Alpha Credit Bank, der Versicherungsgruppe Interamerican und der Reederei Minoan Lines.

Mittelfristig sei der Börsentrend nach wie vor nach oben gerichtet, versucht Wirtschaftsminister Papantoniou nun die verunsicherten Anleger zu beruhigen. Tatsächlich könnte das makroökonomische Umfeld günstiger kaum sein: die Inflation ist rückläufig, das Wirtschaftswachstum liegt weit über dem EU-Durchschnitt, das Haushaltsdefizit wird mit 1,5 und 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in diesem und im kommenden Jahr niedriger ausfallen als ursprünglich veranschlagt, und spätestens Anfang nächsten Jahres muß Zentralbankchef Papadimos die kurzfristigen Zinsen deutlich zurücknehmen, um das Land für den geplanten Beitritt zur Europäischen Währungsunion fit zu machen. Dass Griechenland die Maastricht-Kriterien bis zum Frühjahr erfüllt und damit zum 1. 1. 2001 der Euro-Zone beitreten kann, gilt inzwischen als so gut wie gesichert.

Vor allem diese Perspektive dürfte die Phantasie der Anleger beflügeln. Die Athener Finanz-Wochenzeitung Ependitis (Investor) macht den Spekulanten Mut: Im Juni nächsten Jahres, wenn Griechenlands Euro-Beitritt von den EU-Regierungschefs abgesegnet werden soll, könnte der Index 9000 Zähler erreichen.

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