zum Hauptinhalt
Wer bin ich? In Deutschland kennt sie jeder: Lena Meyer-Landrut, die Grand-Prix-Gewinnerin. Längst ist sie eine Marke, als quirliges Mädchen von nebenan. In einer TV-Show stellt sie nun ihre neuen Songs und ihr erwachseneres Ich vor, der nächste Schritt in Sachen Eigen-PR. Und nicht nur im Showgeschäft, auch im Büro gilt das Prinzip: Seht her, was ich kann. Foto: dpa

© dpa

Wirtschaft: Die Marke Ich

Selbstmarketing: Wie man das lernen kann und warum das so wichtig für die Karriere ist

Eigenlob stinkt. Das haben wir schon im Kindesalter gelernt und bis heute verinnerlicht. Bei der Karriereplanung hilft das allerdings wenig. Da ist Eigen-PR angesagt, Selbstmarketing ist unerlässlich für das berufliche Vorankommen. „Tue Gutes und rede darüber“ ist die bessere Devise, Bescheidenheit hat im Job wenig zu suchen. In einer Umfrage des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater hielten 28 Prozent falsche Bescheidenheit für einen der Top-10-Karrierekiller. Fleißig aber stumm hinter dem Schreibtisch zu verharren, führt selten zu einer Beförderung, mehr Gehalt oder überhaupt auf den Radar des Chefs.

Es reicht also nicht, sehr gute Leistung zu bringen – es muss auch von den richtigen Leuten bemerkt werden. Caroline Krüll hat das am eigenen Leib erfahren, als sie nach ihrem Studium der Marketingkommunikation mit 27 ihre eigene Werbeagentur gründete. „Unsere Ideen waren richtig gut, oft sogar besser als die der Konkurrenz, doch die Aufträge bekamen andere“, erzählt sie. Aber woran lag es? Einer IBM-Studie zufolge werden Jobs zu 60 Prozent über Beziehungen vermittelt, in nur zehn Prozent der Fälle war Leistung der Schlüssel zum neuen Arbeitsplatz – und in immerhin 30 Prozent gab der überzeugende Auftritt den Ausschlag.

Krüll hatte nicht an die Verpackung gedacht. Es geht eben nicht nur um den Inhalt, die gute Idee, die Lieistung. Die Konkurrenz ging anders vor als Krüll, hielt Smalltalk mit dem Kunden vor der Präsentation, arbeitete an der Außenwirkung. „Mir wurde da zum ersten Mal richtig bewusst, wie wichtig die äußere Erscheinung und Smalltalk für beruflichen Erfolg sind“, sagt Krüll. Heute bringt sie anderen das richtige Selbstmarketing bei. Die Expertin hat sich in Berlin als Coach selbstständig gemacht und gibt Seminare zum Thema Selbstmarketing.

Eigen-PR ist also lernbar, ob im Einzelcoaching, in Kursen oder mit Hilfe von Ratgebern. „Das A und O für ein erfolgreiches Selbstmarketing ist allerdings die Kompetenz“, sagt Krüll. Nur wer über das nötige Knowhow verfügt und sehr gute Arbeit leistet, kann zu einer Marke werden. „Aber man muss dabei authentisch bleiben“, sagt Krüll. Bloß weil eine Strategie bei einem Kollegen oder Konkurrenten klappt, gilt das nicht automatisch für einen selbst.„Man muss die Strategie auf die eigene Persönlichkeit zuschneiden“, sagt sie. Das Outfit, der Smalltalk, das sichere Auftreten – natürlich kann man das alles üben und verbessern, aber es bringt nichts, wenn man sich dabei nicht wohl fühlt. Jemand Schüchternes kann nicht plötzlich ein Wortführer in Meetings werden. Man sollte in langsamen Schritten an einem Wandel arbeiten und dabei nichts erzwingen. „Es geht darum, die passenden Drehschrauben zu bedienen, um die richtige Außenwirkung zu erzielen“, sagt Karriereberaterin Svenja Hofert. Rhetorik, Charisma und das persönliche Auftreten seien die entscheidenden Baustellen für ein gelungenes Selbstmarketing.

Dafür ist es wichtig, sich klar zu machen, wo die eigenen Stärken liegen und was man erreichen will. Der Unternehmer und Autor des Ratgebers „Erfolgreiches Selbstmarketing“, Michael Böhm, rät das Ziel so konkret wie möglich zu formulieren. „Es bringt ja auch nichts, meinem Navigationsgerät zu sagen, ich will dahin, wo es schön sonnig ist“, so der Autor. Ist man sich über das Ziel im Klaren und passt es auch zu den eigen Stärken, ist der nächste Schritt die Strategie. Wie kann ich mich meiner Zielgruppe oder meinem Chef präsentieren, um meine Vision zu verwirklichen?

Strategie, Selbstmarketing, das berufliche Ich zur Marke machen, eigene Erfolge bekannt machen – da sagen viele noch immer „Iihbäh“. Vor allem Frauen. „Leider ist bei uns in Deutschland eine gewisse Passivität und Uniformität sehr weit verbreitet“, sagt Michael Böhm. Dabei gehe es doch darum, aus dieser riesigen grauen Masse hervorzutreten, in der alle die maximalen Anforderungen erfüllen. „Praktika, Auslandserfahrung, toller Abschluss, das haben alle im Lebenslauf, damit fällt man nicht auf“, sagt Böhm.

Jeder braucht das richtige Image, um voran zu kommen, ob Friseuse, Bürokaufmann oder Führungskraft. „Selbst der zurückgezogene Wissenschaftler ist darauf angewiesen, sich und damit seine Forschungsergebnisse zu verkaufen“, sagt Svenja Hofert. Doch gerade deutsche Wissenschaftler hätten hier ein Defizit im internationalen Vergleich. Es ist eben schwierig, sich vom stillen Kämmerlein aus einen Namen zu machen.

Selbstmarketing ist Arbeit. Am Anfang kostet es viele Überwindung, aber es lohnt sich. „Die Frage ist doch: Will ich mein Leben gestalten oder will ich es gestalten lassen?“ Der Marketingexperte Böhm rät eindeutig dazu, aktiv zu werden. Und über den eigenen Schatten zu springen, es muss eben sein. Denn es gehe immer darum, zu überprüfen, wie andere einen sehen und wie man gesehen werden will.

„Eine Marke hat drei bis vier zentrale Merkmale, die jeder nennen kann“, sagt Hofert. Beim Menschen sei das genauso. Und man könne es mit der richtigen „Kampagne“ eben auch steuern. Ohne Disziplin geht es nicht, meint Caroline Krüll. „Es ist wie beim Sport, man muss sich dafür Zeit nehmen und dran bleiben, wenn es einen sichtbaren und dauerhaften Effekt haben soll“, sagt die Selbstmarketingexpertin Krüll. Man muss sich immer wieder das Ziel vor Augen halten. Und sich dabei nicht scheuen, strategisch vorzugehen. „Sich vornehmen, mal mit anderen Kollegen zum Mittag zu essen zum Beispiel“, sagt Krüll. Oder sich fragen, wer nützt mir, wem erzähle ich was, mit wem sollte ich netzwerken, rät sie.

Nach Böhms Erfahrung hätten aber viele Berufstätige Angst vor diesem Schritt raus aus der Deckung. Die meisten fürchteten sich davor, zu polarisieren oder angreifbar zu werden, indem sie sich selber loben, berufliche Erfolge hervorheben und aktiv am Image arbeiten. „Selbstdarsteller mag natürlich niemand“, sagt Böhm. Der richtige Weg sei, mit natürlicher Begeisterung von der eigenen Leistung zu erzählen. „Bescheidenheit ist im Beruf wirklich fehl am Platz, man kann schließlich etwas, das kann man ruhig erzählen“, sagt auch Selbstmarketingexpertin Krüll. Entscheidend seien die Dosierung und der Ton, dass man einen Erfolg verpackt, ohne das es plump wirkt. „Trifft man den Chef im Fahrstuhl oder in der Küche, ist es keine Schande zu erwähnen, wie sehr man sich freue, dass ein Auftrag geklappt hat, nachdem man wochenlang daran gearbeitet hätte“, sagt Krüll. Wer dagegen ständig die eigenen Erfolge oder Überstunden hervorhebt, kann schnell das Gegenteil erreichen und es sich mit Kollegen verscherzen. „Eine Gegenseitigkeit und Zuhören sind enorm wichtig bei der Eigen-PR, auf die anderen eingehen, nachfragen, nicht immer nur von sich erzählen“, sagt Autor Michael Böhm.

Auf eine gute Mundpropaganda zu setzen und den Flurfunk für den eigenen guten Ruf zu nutzen, ist das eine. Das andere ist das Netzwerken über das Internet. „Ein Profil in Karriereportalen wie Xing ist unerlässlich“, betont Böhm. Es hilft, das Profil weitläufig und kontrolliert zu stärken, weitere Kontakte zu knüpfen, Erfolge wie einen Vortrag hervorzuheben und etwa an einer Expertenbildung zu arbeiten. „Es ist besser, an der positiven Reputation zu arbeiten, einen guten Draht zu Kollegen zu pflegen und Lästern oder Mobbing zu vermeiden“, sagt Michael Böhm. Positive Erlebnisse im Berufsleben werden bis zu drei Mal weitererzählt, schlechte bis zu 33 Mal.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false