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Wirtschaft: „Die Reform ist eine Katastrophe“

Stolterfoht: Kündigungswelle droht

BARBARA

STOLTERFOHT

ist Vorsitzende

des Paritätischen

Wohlfahrtsverbands. Foto: Picture Alliance/ ZB

Frau Stolterfoht, ab dem Jahr 2005 werden Langzeitarbeitslose jede Arbeit annehmen müssen. Ist das verfassungswidrig?

Das wird zu prüfen sein. Auf jeden Fall ist diese Regelung sozial- und arbeitsmarktpolitisch eine Katastrophe. Denn sie zwingt Menschen, die länger als ein Jahr ohne Arbeit sind, jeden Stundenlohn auch unterhalb des ortsüblichen Lohns zu akzeptieren.

Was heißt das?

Betriebe könnten künftig ihre normalen Arbeitnehmer entlassen und stattdessen Arbeitslose für zwei oder drei Euro in der Stunde anheuern. Die Verschärfungen beim Arbeitslosengeld II eröffnen eine Lohnspirale nach unten. Ich halte das für unerträglich. Wenigstens in den reichen Ländern des Westens sollten Menschen in der Lage sein, von ihrem Lohn zu leben.

Das Arbeitslosengeld II wird vom Steuerzahler finanziert. Viele Bürger haben es auch nicht mehr so dicke und finden es ganz richtig, wenn Sozialunterstützungen gekürzt werden.

Das ist sehr kurzsichtig gedacht. Die Frage ist doch: Können wir uns in Deutschland eine Armutsbevölkerung wie in den USA leisten? Wenn wir es zulassen, dass immer mehr Menschen arm werden, gefährdet das den sozialen Frieden. Ich halte das für eine gefährliche Entwicklung. Außerdem wird hierzulande mit zweierlei Maß gemessen. Warum soll bei den Bedürftigen gespart werden, und Ex-Minister bekommen weiterhin aus Steuermitteln üppige Ruhestandsbezüge?

Langzeitarbeitslose müssen künftig mit 340 Euro im Monat auskommen. Geht das?

Die 340 Euro sind für Gutverdiener nur ein Taschengeld. Aber wer davon seinen Lebensunterhalt bestreiten muss, tut sich schwer.

Das Interview führte Heike Jahberg.

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