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Wirtschaft: Die Rente ist sicher – wie lange noch?

Die Rentenversicherer informieren jetzt jeden Versicherten darüber, mit welchen Summen er im Alter rechnen kann / Den meisten dürfte das Geld nicht reichen

Von Cordula Eubel und

Heike Jahberg

Jetzt wird es konkret: Jeder, der bereits Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt hat, soll nun erfahren, was er im Alter von der Rentenversicherung erwarten kann. Schon seit Anfang Juni schicken die Rentenversicherungsträger den Versicherten so genannte Renteninformationen ins Haus. Dem Brief kann man nicht nur entnehmen, welche Rentenansprüche man heute schon erworben hat. Zusätzlich enthält die Renteninfo auch eine Hochrechnung darüber, wie hoch die Rente im 65. Lebensjahr wahrscheinlich sein wird. Vorausgesetzt, das Rentenrecht wird nicht verändert. Dem ersten Schreiben liegt zudem ein detaillierter Versicherungsverlauf bei, in dem alle Versicherungszeiten aufgelistet sind. Damit kann man überprüfen, ob die bei der Rentenkasse gespeicherten Daten wirklich stimmen. Fehler, wie die jüngst bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) verloren gegangenen Überweisungen für Arbeitslose, lassen sich hier schnell korrigieren.

Über 40 Millionen Versicherte werden nach und nach angeschrieben, das dauert. „Bis zum Jahr 2004 sollen alle Rentenbürger informiert sein, sofern sie das 27. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 60 Beitragsmonaten erfüllt haben", sagt Carmen Peuke, Sprecherin der Landesversicherungsanstalt (LVA) in Berlin. Ab 2005 kommt dann die Renteninfo einmal jährlich, allerdings nur noch als Check up. Einen Überblick über den Versicherungsverlauf gibt es dann nicht mehr. Den erhalten Versicherte wieder automatisch ab dem 54. Lebensjahr in Form einer so genannten Rentenauskunft.

Die neue Renteninformation bekommen zunächst vor allem die jungen Versicherten. „Gerade für junge Leute ist es wichtig zu wissen, was sie später an Rente erwarten können", sagt Carmen Peuke. Oder was sie nicht erwarten können. Denn erst das Schreiben der BfA oder LVA wird so manchem Versicherten die Augen dafür öffnen, dass die gesetzliche Rente im Alter nicht reichen wird und eine zusätzliche private Absicherung nötig ist.

Viele Alte, wenig Junge

Unvergessen ist die Durchhalteparole des damaligen Rentenministers Norbert Blüm im Wahlkampf 1998: „Die Rente ist sicher", hatte Blüm beteuert. Der Minister hatte darauf beharrt, dass das Umlageverfahren, bei dem die arbeitende Bevölkerung die Rente der älteren Generation zahlt, schon irgendwie funktionieren wird. Doch nicht erst heute ist klar: Dieses System funktioniert nur dann problemlos, wenn es genügend Nachwuchs gibt, der den Rentnern ihre Altersbezüge bezahlt. Als der damalige Kanzler Adenauer 1957 die umlagebasierte Rentenversicherung einführte, lief das noch reibungslos. Denn damals mussten acht Beitragszahler einen Rentner finanzieren.

Heute allerdings versorgen zwei Arbeitnehmer einen Rentner. Und das Verhältnis wird sich noch weiter verschieben, ergeben Berechnungen des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR): Bereits im Jahr 2030 werden zwei Rentner auf einen Beitragszahler kommen. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Enquete-Kommission zum demographischen Wandel fasst die Überalterung der Bevölkerung lapidar zusammen: „Immer weniger junge Menschen stehen immer mehr älteren Menschen gegenüber". Selbst bei steigender Zuwanderung sei die anhaltende Verschiebung der Alterspyramide nicht umkehrbar.

Auch die SPD verkündet in diesem Wahlkampf, dass sie die Renten sicher gemacht habe. Dabei ist der Regierung Schröder in Sachen gesetzlicher Rente nicht viel Neues eingefallen. Tatsächlich hat Bundesarbeitsminister Walter Riester in den vergangenen Jahren fast alle Veränderungen der Vorgängerregierung beibehalten, die die SPD im Wahlkampf zuvor als soziale Ungerechtigkeiten angeprangert hatte, darunter auch die Absenkung des Rentenniveaus.

Jüngstes Beispiel: die Abschaffung der Berufsunfähigkeitsrente zum 1. Januar 2001. Wer aus gesundheitlichen Gründen in seinem erlernten Beruf nur noch weniger als halbtags arbeiten kann, konnte früher eine Rente wegen Berufsunfähigkeit verlangen. Das kam vor allem qualifizierten Arbeitskräften zu Gute. Schlecht ausgebildete Arbeiter konnten dagegen bestenfalls auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hoffen. Dabei mussten sie aber nachweisen, dass sie noch nicht einmal irgendeiner geringfügigen Beschäftigung nachgehen konnten. Seit Anfang vergangenen Jahres gibt es jetzt nur noch eine einheitliche Rente wegen Erwerbsminderung: Wer mehr als drei, aber weniger als sechs Stunden arbeiten kann, bekommt die halbe Rente, wer weniger als drei Stunden am Tag einsatzfähig ist, die volle Rente wegen Erwerbsminderung.

Neben der demographischen Entwicklung ist die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit ein weiteres Risiko für die Rentenkassen. Je höher die Zahl der Menschen ohne einen Arbeitsplatz ist, desto geringer sind auch die Einnahmen der Rentenkassen. Die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung ist seit dem vergangenen Jahr angespannt. Im kommenden Jahr könnte daher auf die Versicherten ein Anstieg der Beitragssätze von derzeit 19,1 auf 19,3 Prozent zukommen, fürchten die Rentenversicherungsträger.

Rentenniveau abgesenkt

Reicht die gesetzliche Rente zum Leben? Immerhin ist das Rentenniveau gesunken. Erklärtes Ziel der Rentenversicherung ist es, einem langjährig Versicherten sein früheres Lebenshaltungsniveau zu ermöglichen – und nicht nur auf minimalem Niveau gegen Armut im Alter abzusichern. Das gelingt bislang auch: Nur knapp zwei Prozent der Sozialhilfeempfänger in Deutschland sind Rentner. Aber das muss nicht so bleiben.

Allein die gesetzliche Rente reiche künftig nicht mehr aus, um den bisherigen Lebensstandard zu sichern, heißt es im Bericht der Enquete-Kommission: „Sollte tatsächlich das Ziel einer Lebensstandardsicherung erreicht werden sollen, müssten zunehmend ergänzende Systeme hinzukommen." Die staatlich geförderte Riester-Rente und betriebliche Renten, das Steckenpferd der rot-grünen Regierung, sollen die Rentenlücke schließen. Doch noch ist die Resonanz verhalten.

Auf eine grundlegende Änderung müssen sich künftige Rentner und Beitragszahler der jüngeren Generation gefasst machen. Bis zum nächsten Jahr will eine Kommission unter Leitung des Rentenexperten Bert Rürup Vorschläge für eine Neuregelung der Altersvorsorgebesteuerung entwickeln. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte im März entschieden, dass die derzeitige unterschiedliche Besteuerung von Renten und Beamtenpensionen verfassungswidrig sei.

Die neue Grundrichtung ist bereits erkennbar: Von einem schrittweisen Übergang zu einer nachgelagerten Besteuerung ist auszugehen. Renten würden dann nicht mehr nur mit ihrem fiktiven Ertragsanteil zur Besteuerung herangezogen, sondern wären voll steuerpflichtig. Das wird allerdings nur schrittweise passieren, beginnend mit dem Jahr 2005. Im Gegenzug sollen Rentenbeiträge steuerlich abzugsfähig werden. Derzeit liegt der Ertragsanteil bei einem Rentenbeginn mit 65 Jahren bei 27 Prozent, beim Rentenbeginn mit 63 Jahren bei 29 Prozent.

Für Menschen, die jetzt in Rente gehen, soll es dabei keine Mehrbelastung geben. Denn das Verfassungsgericht hat einen klaren Auftrag gegeben: Renten dürfen nicht besteuert werden, die aus Beiträgen von bereits versteuertem Einkommen resultieren. Es soll nicht zu einer Doppelbesteuerung kommen. Die Rentner von heute können aufatmen, die Rentner von morgen nicht.

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