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Wirtschaft: Die richtigen Hebel in Bewegung setzen

Bei der Suche nach dem Wunschberuf helfen gute Informationen, viele Gespräche – und vor allem Offenheit.

Knut Tyra gehört zu den Zufriedenen. Er ist Berufsberater geworden, weil er die Abwechslung mag und gerne mit Jugendlichen zu tun hat. Seine erste Bemerkung zum Thema Berufsorientierung ist eindeutig: „Der Beruf sollte Spaß machen.“ Schließlich verbringe man rund ein Drittel des Tages bei der Arbeit.

Wer mit der Schule fertig ist, hat heute viele Möglichkeiten, sich online über Ausbildungen und Studiengänge zu informieren. So gibt die Arbeitsagentur unter www.planet-beruf.de Tipps und Informationen von „A“ wie Altenpflege bis „Z“ wie Zerspanungsmechanik. Besonders anschaulich macht die Seite, dass Azubis und Fachkräfte beschreiben, wie ein typischer Arbeitstag bei ihnen abläuft.

Ein persönliches Gespräch mit Experten können Online-Angebote allerdings nicht ersetzen. Ausbildungsmessen, ein Termin beim Berufsberater oder ein Schnuppertag in einem Betrieb bringen Jugendliche langfristig weiter als nächtelange Sitzungen vor dem Computer. Knut Tyra rät den bislang Ratlosen auch dazu, Praktika zu machen. Und bei der Familie und Freunden nachzufragen, was man ihrer Einschätzung nach besonders gut kann.

Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie nie: Absolventen können eine Ausbildung machen oder studieren – oder erst das eine und dann das andere tun. Immer beliebter wird auch das duale Studium, für das eine betriebliche Ausbildung mit dem Hochschulbesuch kombiniert wird. Die Ausbildungsform verlangt von den Teilnehmern einerseits sehr viel Energie und Organisationstalent. Sie hat auf der anderen Seite aber den Vorteil, dass die studierenden Azubis von Anfang an auch praktisch arbeiten.

Trotz all dieser Angebote schlagen aber immer noch viele Schüler in Deutschland die gleiche berufliche Richtung ein wie ihre Eltern. Noch immer scheuen viele Jugendliche aus Familien ohne akademische Erfahrungen den Gang an die Hochschule. Das zeigt auch die aktuelle Sozialerhebung des deutschen Studentenwerks, der zufolge sich 77 von 100 Akademikerkindern ebenfalls für eine Universitätsausbildung entscheiden, aber nur 23 Prozent der Kinder von Nicht-Akademikern.

Wer in seinem Umfeld zu den ersten Studierenden gehört, muss sich häufig Bedenken anhören. Neben der Frage, ob man der Hochschule intellektuell gewachsen ist, beschäftigt viele Familien auch die finanzielle Belastung – zudem sind viele unsicher, ob die Berufschancen mit einem Hochschulabschluss wirklich steigen. Katja Urbatsch kennt diese Zweifel. Während sie und ihr Bruder nach dem Abitur studieren gingen, machten viele Freundinnen trotz guter Noten lieber eine Ausbildung. „Arbeiterkinder haben oft Angst davor, im ersten Studienjahr zu scheitern“, sagt sie. Es sei leichter, diesen Druck gemeinsam mit Kommilitonen auszuhalten, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden.

Deshalb hat Urbatsch vor fünf Jahren die Initiative „arbeiterkind.de“ gegründet. Gemeinsam mit ihrem Team stellt die 34-Jährige auf ihrer Internetseite Informationen über den Weg an die Uni und Finanzierungsmöglichkeiten zusammen. In vielen deutschen Städten organisiert die Initiative inzwischen auch regelmäßige Treffen. Insgesamt hat das Netzwerk in den vergangenen Jahren rund 8000 Schüler erreicht. Das Beispiel zeigt: Man muss die richtigen Gesprächspartner finden, die sich tatsächlich auskennen, Mut machen und Wege aufzeigen. Vielleicht auch eine Route jenseits der Klischees, die viele Tätigkeiten zu „typisch weiblichen“ oder „typisch männlichen“ Berufen machen.

Mittlerweile werben immer mehr Berufsverbände offensiv um das jeweils andere Geschlecht: Kindergärten und Pflegeverbände suchen nach männlichen Mitarbeitern. Und der Verband der Freien Berufe Berlin – in dem sich unter anderem Anwälte, Ärzte und Apotheker zusammengeschlossen haben – hofft auf mehr männliche Azubis. Umgekehrt wünschen sich viele Telekommunikationsunternehmen, dass sich auch mehr Frauen für einen technischen Beruf interessieren, und zum Beispiel IT-Systemelektronikerin oder Fachinformatikerin werden.

Zu den zehn beliebtesten Ausbildungsberufen gehören nach Angaben der Arbeitsagentur die Kfz-Mechatronik und die Bürokommunikation, aber auch das Tischler- oder Friseurhandwerk. Viele andere Jobs sind nicht weniger interessant – aber eben nicht so bekannt.

Ein gutes Beispiel ist die Gesundheitsbranche. Dort werden nicht nur Mediziner und Pflegeexperten gebraucht, sondern auch Menschen mit Organisationstalent und Managementfähigkeiten. Sie können sich in einer dreijährigen Ausbildung zu Kaufleuten für das Gesundheitswesen ausbilden lassen. Jobs finden sie später unter anderem in Vorsorge- und Reha–Einrichtungen, Krankenhäusern, Altenheimen, Arztpraxen oder medizinischen Laboren. Dort entwickeln sie neue Angebote für Patienten, kümmern sich um das Qualitätsmanagement oder das Marketing.

Menschen mit technischem Verständnis, handwerklichem Geschick und sozialem Gespür bringen die wichtigsten Voraussetzungen für die Orthopädiemechanik mit – eine Ausbildung, die dreieinhalb Jahre dauert. Die ausgebildeten Fachkräfte stellen Prothesen her, passen sie den Patienten an und trainieren mit ihnen die Verwendung im Alltag, zum Beispiel beim Treppensteigen.

Das sind nur einige spannende Tätigkeiten von vielen. Wer weiterforscht, stößt irgendwann sicher auch auf „seinen“ Beruf – von dem er später hoffentlich sagt: „Der macht mir Spaß!“

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