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Der Fernsehturm am Alexanderplatz ist der höchste Werbeträger der Stadt – aber nicht der einzige.

© picture alliance / dpa

Die Spiele in Berlin: Was bringt Olympia der Wirtschaft?

Sportliche Ziele: Die Berliner Wirtschaft steht hinter der Olympiabewerbung. Sie erhofft sich einen Wachstumsschub für die Stadt und die Unternehmen. Doch was die Spiele genau bringen sollen, weiß keiner.

Wenn es um das große Ziel geht, packen alle mit an. Berlins Justizsenator Thomas Heilmann verteilt 300 Pfannkuchen im Olympia-Look. Auch die Spitzen der Berliner Wirtschaft lassen sich nicht lumpen. Sie wollen am Montagnachmittag Flagge zeigen – und zwar wörtlich. Vor dem „Gürteltier“, dem Ludwig-Erhard-Haus, werden Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK, Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, Udo Marin, Geschäftsführer des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller, Stefan Franzke, Chef von Berlin Partner und Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) eine Fahne hissen mit einer klaren Botschaft: „Wir wollen die Spiele“.

„Olympia ist eine einmalige Chance für die Entwicklung Berlins“, sagt Christian Amsinck. Deshalb steht die Wirtschaft geschlossen hinter dem Projekt. Ende Januar verabschiedeten die Spitzenverbände eine gemeinsame Resolution und stellten sich darin mannschaftlich hinter die Berlin-Bewerbung. Die Messe wirbt mit einem Riesenbanner („Berlin für Olympia“) am verlassenen ICC, Air Berlin schickt einen A320-200 mit dem Slogan „Wir wollen die Spiele“ durch die Lüfte. Mit zwei Millionen Euro unterstützen die Berliner Firmen, die Mitglied bei den Berlin Partnern sind, die Werbekampagne, das sind 500 000 Euro mehr, als der Senat in diesem Stadium aufbringt. Das Geld ist gut investiert, meint Stefan Franzke, Geschäftsführer von Berlin Partner. „Dass die Wirtschaft und die Menschen in der Region ökonomisch profitieren, ist unumstritten“, sagte Berlins Chefvermarkter dem Tagesspiegel.

Olympia bringt Milliardeninvestitionen in die Stadt

So habe London – Austragungsort der Spiele im Jahr 2012 – allein durch Olympia vier Milliarden Pfund Investitionen aus dem Ausland bekommen und tausende neue Arbeitsplätze in die Stadt geholt. „Die Unternehmen, die damals in London investiert und sich angesiedelt haben, zahlen noch über Jahrzehnte hinaus dort ihre Steuern“, betont Franzke. „Diesen Wachstumsschub wollen wir mit Olympia 2024 auch in die Hauptstadtregion bringen.“ Auch bei den Unternehmensverbänden träumt man von Londoner Verhältnissen. Die Eröffnungsfeier hätten fünf Milliarden Menschen im Fernsehen gesehen, erinnert sich Amsinck. „Der Werbeeffekt lässt sich gar nicht hoch genug einschätzen.“ Neben dem Imagegewinn würden einige Branchen auch direkt von den Spielen profitieren, glaubt der UVB-Chef – die Baubranche, der Tourismus, IT-Ausrüster, die Werbewirtschaft, die Verkehrs- und die Sicherheitsbranche.

Konkrete Prognosen sucht man vergebens

Doch wer auf harte Fakten und belastbare Zahlen hofft – die Kernkompetenz der Wirtschaft – wird bislang enttäuscht. Bei der Investitionsbank Berlin verweist man auf eine Studie zu der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Die sechs Spiele im Olympiastadion hätten Berlin rund 680 Millionen Euro gebracht, hat die Förderbank errechnet. Prognosen zu Kosten und Nutzen der Olympischen Spiele hat die IBB nicht. Gleiches gilt für die IHK, die Unternehmensverbände und die Handwerkskammer. Man hofft – ganz generell – auf Aufträge, etwa im Bereich der Infrastruktur, und glaubt an Imagegewinne. „Die Reputation außerhalb Berlins würde steigen“, heißt es beim Handwerk. Von einem „Schaufenster für deutsche Hightech-Produkte“ spricht man bei den Unternehmensverbänden.

In London blieben die Touristen weg

Erste konkrete Zahlen soll es am nächsten Donnerstag geben. Die Bauindustrie, der Handel und das Hotel- und Gaststättengewerbe wollen gemeinsam mit Arbeitssenatorin Dilek Kolat darüber informieren, wie viele Jobs die Olympischen und Paralympischen Spiele brächten. Es wären einige, das ist jetzt schon klar. Denn Handel, Bau und Hotellerie gehören zu den natürlichen Gewinnern von Großveranstaltungen.

In Stein gemeißelt ist das aber nicht. So haben sich gerade in London, das in diesen Tagen sonst so gern als Folie für die Berliner Projektionen dient, die Hoffnungen der Hoteliers und der Händler nicht erfüllt. Zwar hatten die Spiele rund 100 000 Besucher in die Metropole gelockt, üblich sind im Sommer jedoch 300 000. Aus Angst vor dem vermeintlich drohenden Verkehrschaos hatten sich viele Sportfans die Wettkämpfe lieber zu Hause im Fernsehen angesehen. Auch die gepfefferten Hotelpreise hatten viele Touristen so abgeschreckt, dass zahlreiche Zimmer leer blieben. Kummer auch beim Handel: Die großen Läden rund um die Oxford Street verbuchten im olympischen Sommer rund zwölf Prozent weniger Umsatz als sonst.

Olympia gab Athen den Rest

Nachhaltig hart getroffen hat es Athen. Im Sommer 2004 hatte die griechische Hauptstadt die Welt zu den Wettkämpfen begrüßt – und das Land damit endgültig ins wirtschaftliche Aus manövriert. Die Staatsverschuldung stieg innerhalb eines Jahres von 182 auf 201 Milliarden Euro, heute stehen die meisten Sportstätten leer. Auch hier ist Montag ein wichtiger Termin: Dann wird wieder über die griechischen Schulden verhandelt.

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