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Wirtschaft: Die Suche nach den Schuldigen geht weiter

Die schwach besetze Hauptversammlung des maladen Bauriesens stimmt dem Konzept zuro Keine Turbulenzen, kaum erboste Aktionäre und eine erstaunlich geringe Präsens: Die außerordentliche Hauptversammlung von Philipp Holzmann verlief am Donnerstag ruhig. Von den angemeldeten 1000 Aktionären waren höchstens 500 erschienen.

Die schwach besetze Hauptversammlung des maladen Bauriesens stimmt dem Konzept zuro

Keine Turbulenzen, kaum erboste Aktionäre und eine erstaunlich geringe Präsens: Die außerordentliche Hauptversammlung von Philipp Holzmann verlief am Donnerstag ruhig. Von den angemeldeten 1000 Aktionären waren höchstens 500 erschienen. Nur 54 Prozent des Grundkapitals waren vertreten. Aufsichtsratschef Carl von Boehm-Bezing wies den Vorwurf von Pflichtverletzungen zurück und lehnte einen Rücktritt ab.

Der Weg für die Sanierung des angeschlagenen Baukonzerns Philipp Holzmann ist endgültig frei. Die Aktionäre des Unternehmens stimmten fast einstimmig für den im Sanierungsplan vorgesehenen Kapitalschnitt mit anschließender Aufstockung des Grundkapitals. André Leysen, Aufsichtsratschef des Großaktionärs Gevaert signalisierte Zustimmung zum Sanierungskonzept und den notwendigen Kapitalmaßnahmen.

Der neue Vorstandschef Konrad Hinrichs bekräftigte mit Nachdruck, Holzmann sei sanierungsfähig. Das Bauunternehmen könne die negative Vergangenheit überwinden. Den drastischen Einschnitten würden aber mindestens 3000 Arbeitsplätze zum Opfer fallen.

Auch auf der Hauptversammlung wurde nicht deutlich, wer für die Verluste verantwortlich ist, die sich seit 1996 auf rund 6,1 Milliarden Mark summieren. Der Holzmann-Vorstand musste einräumen, dass neben den Milliardenverlusten aus Altprojekten auch im operativen Geschäft des laufenden Jahres ein Minus von 157 Millionen Mark aufgetreten ist. Die meisten Aktionäre gaben sich gleichwohl zahm. Lediglich Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) übte scharfe Kritik. Er forderte den unverzüglichen Rücktritt von Aufsichtsratschef Boehm-Bezing und die Niederlegung seines Mandates. Falls er dies nicht freiwillig tue, solle ihn die Hauptversammlung dazu auffordern. Von der Deutschen Bank verlangte Nieding ein Abfindungsangebot in Höhe von 85 Euro für alle freien Aktionäre. Es könne nicht sein, dass nur Mitarbeiter und Aktionäre die Zeche zahlten. Herbert Hansen von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre sprach von einem "völlig unerwarteten Scherbenhaufen".

Boehm-Bezing lehnte einen Rücktritt ab. Der Aufsichtsrat insgesamt habe auf der Grundlage des jeweiligen Kenntnisstandes und in Anbetracht der gegebenen Handlungsalternativen immer pflichtgemäß gehandelt und vor allem auch auf die aufkommenden Problemfälle stets unverzüglich und der Sachlage angemessen reagiert. Er, Boehm-Bezing, habe sich deshalb nichts vorzuwerfen und wolle als Aufsichtsratschef tatkräftig mithelfen, das Unternehmen in eine sichere und erfreuliche Zukunft zu führen. Der Aufsichtsrat sei von der Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit von Holzmann überzeugt.

Bis Mitte des Jahres waren nach Angaben von Boehm-Bezing alle Anzeichen für die weitere Entwicklung positiv. Erste Hinweise auf mögliche Risiken bei Holzmann habe der Vorstand dem Aufsichtsrat Ende Juni gegeben. Dabei sei es zwar um nennenswerte, "aber in keiner Weise unternehmensgefährdende" Belastungen in Höhe von 100 Millionen Mark gegangen. Erst Anfang September habe der Vorstand auf weitere Risiken aus Altgeschäften hingewiesen. Daraufhin seien weitere Gutachten in Auftrag gegeben worden, auch weil Holzmann brisante Unterlagen eines ehemaligen Mitarbeiters zugespielt wurden.

Mitte Oktober habe der Vorstand dann von noch höheren Verlusten gesprochen, die am 1. November schließlich mit 1,2 Milliarden Mark beziffert worden seien. Er habe daraufhin eine detaillierte Aufstellung verlangt. Drei Tage später lag sie vor: Die Verluste waren in dieser kurzen Zeit um 700 Millionen Mark auf 1,9 Milliarden Mark geklettert. Daraufhin ordnete Boehm-Bezing die Einschaltung der Unternehmensberatung Roland Berger und der Prüfungsgesellschaft Warth&Klein an. "Die Verlustvermehrung innerhalb weniger Wochen war für mich einfach nicht nachvollziehbar, ich war schockiert", sagte Boehm-Bezing und kritisierte damit indirekt Ex-Vorstandschef Heinrich Binder. Durch die Gutachten wurden letztlich die Verluste in Höhe von 2,4 Milliarden Mark ermittelt, die Holzmann an den Rand der Pleite brachten.

Boehm-Bezing und Holzmann-Vorstandsmitglied Hermann Ohlinger wiesen darauf hin, dass der überwiegende Teil der Verluste aus Altprojekten stammte, die bis September 1997 in Angriff genommen worden seien. Deutsche Bank-Vorstandsmitglied Boehm-Bezing versicherte, dass die Deutsche Bank zu keiner Zeit einen Vorteil aus Holzmann gezogen habe. Ohne die Deutsche Bank würde es Holzmann nicht mehr geben.

ro

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