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Wirtschaft: Die Wege von Dax und Dow trennen sich

Deutsche Standardwerte lassen ihre US-Vorbilder im Februar hinter sich - Nur eine Handvoll Aktien trägt den AufschwungPeter Hein Wann kommt der große Crash? - Kaum ein anderes Thema beschäftigt derzeit Banker und Börsianer mehr als die Frage nach einem Ende der Hausse am deutschen Aktienmarkt.

Deutsche Standardwerte lassen ihre US-Vorbilder im Februar hinter sich - Nur eine Handvoll Aktien trägt den AufschwungPeter Hein

Wann kommt der große Crash? - Kaum ein anderes Thema beschäftigt derzeit Banker und Börsianer mehr als die Frage nach einem Ende der Hausse am deutschen Aktienmarkt. Dort, so scheint es, sind die Gesetze der Schwerkraft derzeit außer Kraft gesetzt. Steigende Zinsen diesseits und jenseits des Atlantiks - normalerweise ein zuverlässiger Bremsklotz für steigende Aktienkurse - können den Höhenflug der Dividendenpapiere im Moment genauso wenig stoppen wie der schwächelnde Euro.

Nicht einmal auf den altbewährten Dow-Jones-Index ist als Trendsetter Verlass. Jahrelang gab der wichtigste Index für US-amerikanische Aktien auch für den Dax die Richtung vor. Doch im neuen Jahrtausend haben sich die Weg der beiden Indizes getrennt. Während der Dow-Jones seit Jahresanfang rund 11 Prozent verloren hat und zeitweise sogar wieder unter die Marke von 10 000 Punkten rutschte, legte das deutsche Börsenbarometer im gleichen Zeitraum rund 14 Prozent zu. Den größten Anteil an diesem Zuwachs entfällt zweifellos auf den Februar. Vor allem in der ersten Monatshälfte griffen private und institutionelle Anleger bei deutschen Dividendentiteln beherzt zu. Der Dax eilte von einem historischen Rekord zum anderen und mit 7644 Punkten beendete er den Monat nur knapp unter seiner letzten Bestmarke. Gegenüber dem letzten Handelstag im Januar entspricht das einem Plus von mehr als 800 Punkten oder 11 Prozent.

Eine Sache eint allerdings Dow-Jones und Dax: Bei beiden Indizes wird die Aufwärtsentwicklung von einer Handvoll Werten getragen. Wären nicht im Oktober Intel oder Microsoft in den US-Index aufgestiegen und hätten Traditionswerte wie den Reifenhersteller Good Year ersetzt - das Minus beim Dow wäre noch dicker ausgefallen.

Auch beim Dax sind es die High-Tech-Werte Siemens, Deutsche Telekom und SAP, die dem deutschen Börsenbarometer Flügel verleihen und mit Kursgewinnen von 32 beziehungsweise 24 und zehn Prozent allein im Februar erneut zu den Top-Performern gehörten. Den Vogel schoss aber mit einem Plus von 55 Prozent Dax-Neuling Epcos ab. Die erst im letzten Herbst an die Börse gebrachte Siemens-Tochter ersetzte zur Monatsmitte das Übernahmeopfer Mannesmann im Index. Dass Epcos den frei werdenden Platz ergattern könnte, schien lange Zeit undenkbar. Im Getöse um den Neuen Markt nahm anfangs kaum jemand Notiz von dem auf Röhren und passive Bauelemente spezialisierten Unternehmen. Doch die Geschäfte mit diesen Bauteilen laufen glänzend. Das lockte Anleger an und der Kurs kam ins Laufen. Einen richtigen Run auf den Wert gibt es, seit die Mitgliedschaft im Dax feststeht. Fonds und Vermögensverwalter, die mit ihren Depots den Dax nachbilden, müssen das Papier kaufen - ob sie wollen oder nicht. "Die Epcos-Story ist auch verantwortlich für die Kurssteigerungen des Siemens-Papiers", glaubt Andre Remke, Analyst bei der Vereins- und Westbank.

Dazu waren Technikwerte aber auch im Umfeld der so gut wie nie zuvor besuchten Computermesse Cebit begehrt. Im Konzert der "großen Drei" mischten im Februar auch noch die Commerzbank (plus 16 Prozent) und die Deutsche Bank (plus 14 Prozent) mit. Die Commerzbank profitierte von Übernahmespekulationen - im Gespräch war die holländische ABN Amro, bei der Deutschen Bank war es die Präsentation einer umfassenden E-Commerce-Strategie, die den Kurs an zwei Tagen um über zehn Prozent nach oben katapultierte. "Wenn sie das Institut weg vom traditionellen Bankgeschäft bewegt und versucht, im Internet zu positionieren, ist das positiv", glaubt Andreas Pläsier von der Hamburgischen Landesbank. Die rote Laterne hatte dagegen im Februar VW mit einem Minus von 14 Prozent.

"Die fehlende Marktbreite muss für sich genommen negativ interpretiert werden", sagt Holger Struck, verantwortlich für die technisch-quantitative Investmentstrategie beim Hamburger Bankhaus M.M. Warburg & Co. Dazu trüben auch einige andere technische Indikatoren die Situation des noch oben strebenden Index. Dennoch stehen für den Chartexperten die Börsenampeln erst auf Gelb. "So paradox es klingt, aber im Moment ist schwer vorstellbar, dass echter Verkaufsdruck auf den Markt kommt, denn der Basistrend ist völlig intakt."

Tatsächlich zeigt sich der Dax in den letzten Wochen alles andere als wackelig. Kleinere Kursrückgänge werden von den Anlegern schnell wieder zum Einstieg genutzt. "Der Markt braucht zehn Stunden um 80 Punkte zu verlieren und zehn Minuten, um 80 Punkte zu gewinnen - das spricht messbar für die Marktdynamik", kommentiert Struck die Lage und gibt einen optimistischen Ausblick: "Bleiben die Märkte in dieser Verfassung, die nicht von Euphorie, sondern Vorsicht gekennzeichnet ist, könnte der Dax im nächsten Jahr vielleicht sogar den Dow Jones wertmäßig überholen." Damit wären dann die alten Börsenregeln vollends auf den Kopf gestellt.

Peter Hein

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