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Am Start. An diesem Sonnabend startet das Formel E-Rennen in Berlin, an dem nur elektrische Rennwagen teilnehmen. Eine Leistungsschau für Autokonzerne und Zulieferer. Foto: dpa

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Formel E soll Plattform bieten: Die Werbung für Elektroautos ist zu langweilig

Die Formel E soll den Autokonzernen als Marketing-Plattform dienen – doch der Werbung für E-Autos fehlen Spaß und Emotion.

Raus aus dem Alltag, rauf auf die Rennstrecke: Wenn an diesem Sonnabend die elektrischen Rennwagen der Formel E durch Berlin rasen, wird es nicht um Kaufprämien, Ladesäulen und Reichweite gehen. Das Rennsport-Event macht Elektromobilität zum Show-Act, fernab aller politischen Diskussionen und technischen Limits.

„Die Formel E sendet die klare Botschaft: Elektroautos funktionieren. Nicht nur auf der Straße, sondern sogar auf der Rennstrecke“, sagt Timo Pape, Gründer des Fachportals „e-Formel.de“, der die batteriebetriebene Rennserie seit den Anfängen beobachtet.

Immer mehr Hersteller hätten dieses Potenzial erkannt und nutzten die Formel E „als Marketing-Plattform für ihre Straßenautos und ein fortschrittliches Image“, sagt Pape. Was im Rennzirkus mühelos möglich ist – Elektroautos als coole, faszinierende Spaß-Fahrzeuge zu inszenieren –, gelingt sonst allerdings selten bis gar nicht. In der millionenschweren Werbung der Autokonzerne findet Elektromobilität nur am Rande statt.

Statt mehr Geld fürs Marketing auszugeben, um die schleppende Nachfrage anzukurbeln, haben die Konzerne ihre Werbebudgets für E-Modelle zuletzt drastisch zusammengestrichen.

So steckte die deutsche Automobilindustrie 2015 insgesamt nur noch rund 16 Millionen Euro in die Werbung für Elektromobilität – nach 61 Millionen Euro im Jahr zuvor, wie eine Untersuchung des Media- und Marketingberatungsunternehmens Ebiquity zeigt. „2016 sind innerhalb der ersten vier Monate die Brutto-Werbeausgaben für Elektromobilität sogar auf fast null gesunken“, sagt Dietmar Kruse, Europachef von Ebiquity. „Die Zeiten der Euphorie scheinen vorbei zu sein.“

BMW: Nach der Kaufprämie ist die Industrie wieder dran

BMW schmolz seine Werbeausgaben im vergangenen Jahr am stärksten ein: von fast 31 Millionen Euro auf nur noch 8,6 Millionen Euro. Dabei sieht sich der bayerische Hersteller mit den Modellen i3 und i8 – die in diesen Tagen auf Promo-Tour durch Berlin rollen – gerne als Vorreiter der Verkehrswende. Die von der Bundesregierung beschlossene Kaufprämie für E-Auto-Käufer von 4000 Euro hat BMW schon in seine Werbeanzeigen integriert. „Wir werden das Momentum der öffentlichen Aufmerksamkeit nutzen“, kündigt ein Sprecher an. An den Werbeausgaben ist dies allerdings nicht abzulesen. Dabei räumt auch BMW ein: „Die Politik hat mit der Kaufprämie geliefert – jetzt ist die Industrie wieder dran.“

Doch die Hersteller von PS-starken Benzin- und Diesel-Fahrzeugen tun sich schwer. Elektromobilität wird, trotz anderslautender Marketingsprüche, als Randerscheinung im Produktportfolio betrachtet, mit der kein Geld verdient wird. An der Zukunftstechnologie kommt dennoch niemand vorbei, denn ohne emissionsfreie E-Autos erreichen die Autokonzerne die von der EU vorgeschriebenen Abgaswerte nicht. Elektromobilität – ein notwendiges Übel. „Die Autokonzerne appellieren an die Vernunft und machen den potenziellen Kunden damit eher Angst“, sagt Jürgen Gietl, Geschäftsführer der Managementberatung Brand-Trust. Die Botschaft, die bei den Verbrauchern ankomme: Wir müssen umsteigen, um das Klima zu retten. „Mit derart rationalen Argumenten hat man noch nie eine neue Produktkategorie verkauft“, sagt der Technologieexperte.

Die Emotionen und die Faszination, die die Unternehmen für ihre herkömmlichen Autos in der Werbung wecken können, lassen sie bei E-Autos vermissen. Auf der Volkswagen-Website muss man lange suchen, bis man unter dem Stichwort „Technologie“ die „e-Mobilität“ findet. „Mitfeiern. Mitfiebern. Mitfahren“, heißt es bei Mercedes – in Anspielung auf die bevorstehende Fußball-EM.

Elektroautos in der Werbung ohne "emotionalen Mehrwert"

„Das sonst so professionelle Automarketing ist bei der Elektromobilität in der Defensive“, sagt Roland Albrecht von der Markenagentur Goya. Statt die „Sehnsucht der Konsumenten nach neuen Storys“ zu befriedigen, werde Elektromobilität wie eine „Alibiveranstaltung“ behandelt. Die Konsequenz: Die potenziellen Käufer schauen auf den hohen Preis der E-Autos, auf ihre geringe Reichweite und die fehlende Infrastruktur – und entscheiden sich gegen das elektrische Auto.

„Die Kunden würden den höheren Preis bezahlen, wenn der emotionale Mehrwert eines E-Autos besser verkauft würde: Reputation, Spaß, Stolz“, sagt Brand-Trust-Chef Gietl. „Das haben die Hersteller bei ihren konventionellen Autos doch auch geschafft.“ Tatsächlich fehlt in keinem Gespräch mit Vertretern der Autoindustrie der Hinweis darauf, wie viel Spaß eine Fahrt im Elektroauto macht, wie dynamisch die Beschleunigung ist und wie entspannend der fehlende Motorlärm wirkt. Im Verkaufsgespräch im Autohaus ist davon nur noch wenig zu hören, die Werbung – wenn sie noch stattfindet – transportiert andere Botschaften.

Dass es anders geht, zeigt Tesla-Chef Elon Musk. Der Kalifornier ist zwar für flotte Sprüche und vollmundige Ankündigungen bekannt, schafft es aber nach Ansicht von Experten, seine teuren Elektroautos zu Kult-Objekten zu stilisieren. Ähnlich wie einst Steve Jobs bei Apple. „Technische Spitzenleistungen und eine klare Mission. Beides müssten die Hersteller im Marketing verbinden – und zwar mit einer viel größeren Leichtigkeit“, beschreibt Jürgen Gietl die Defizite der deutschen Autokonzerne. Dafür seien keine teuren Werbekampagnen und großen Budgets notwendig. Gietl: „Virales Marketing, Testfahrten, Relevanz in kleinen, kaufkräftigen Kundengruppen – das ist wichtig.“ Oder die Formel E. Die Berliner Renn-Show, so hoffen die Veranstalter, könnte die Branche elektrisieren.

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