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Wirtschaft: Dienstleistungsgewerkschaft Verdi: Kritiker in der ÖTV lenken ein

Der Gründung der neuen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi steht nichts mehr im Wege. Die Widerstände innerhalb der ÖTV gegen die Fusion sind offenkundig so stark geschrumpft, dass beim ÖTV-Kongress am kommenden Wochenende die erforderliche Mehrheit von mindestens 80 Prozent der Delegierten für Verdi stimmen wird.

Der Gründung der neuen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi steht nichts mehr im Wege. Die Widerstände innerhalb der ÖTV gegen die Fusion sind offenkundig so stark geschrumpft, dass beim ÖTV-Kongress am kommenden Wochenende die erforderliche Mehrheit von mindestens 80 Prozent der Delegierten für Verdi stimmen wird. "Es gibt keine Signale, dass die Mehrheit nicht vorhanden ist", sagte der nordrhein-westfälische ÖTV-Bezirksleiter Hartmut Limbeck gegenüber dem Tagesspiegel. Limbeck gehörte bislang zu den schärfsten Verdi-Kritikern. Auf dem Gewerkschaftstag der ÖTV vergangenen November in Leipzig war eine Probeabstimmung schief gegangen: Nur gut 62 Prozent der Delegierten stimmten für Verdi. Der Gewerkschaftsvorsitzende Herbert Mai trat daraufhin zurück. Das Abstimmungsergebnis sei "weit von den erforderlichen 80 Prozent entfernt; für mich ist das Projekt Verdi nicht mehr machbar", sagte Mai damals.

Der Wechsel an der Spitze, als neuer ÖTV-Vorsitzender wurde der Personaldezernent von Hannover, Frank Bsirske gewählt, hat sich offenbar ausgezahlt. Jedenfalls hat Bsirske in den vergangenen Monaten die Verdi-kritischen Gebiete NRW, Bayern und Sachsen-Anhalt bereist und in zahllosen Gesprächen die Funktionäre auf Linie gebracht. Limbeck zufolge geht der "neue Vorstand anders an Verdi ran und läßt auch kritische Positionen zu". Seinen Sinneswandel begründet Limbeck ferner "mit den Leipziger Ereignissen". Nach dem Rücktritt Mais stand die Gewerkschaft unter Schock, bei den Delegierten überwog die Einschätzung: "Das haben wir so nicht gewollt." Limbeck, der sich selbst als "Orientierungsfigur" der Verdi-Kritiker sieht, stellt seine Bedenken aus pragmatischen Gründen zurück. "Ohne Verdi wäre die ÖTV nicht so politikfähig", sagt er und verspricht sich von der Großgewerkschaft mit ihren insgesamt knapp drei Millionen Mitgliedern "größeren gesellschaftlichen Einfluss". Die grundsätzlichen Vorbehalte gegen Verdi hat Limbeck indes nicht aufgegeben: Aufgrund der Gliederung in 13 Fachbereiche rechnet er mit Konkurrenz zwischen den Fachbereichen; im übrigen werden es größere und kleinere, finanzstarke und -schwache Fachbereiche geben, Limbeck fürchtet einen "Umverteilung von den Kleinen zu den Großen". Alles in allem erwartet der Nordrhein-Westfale mehr "Bürokratie und Konfliktpotenzial" in der fusionierten Organisation. Schließlich zweifelt er am Erfolg des Projekts insgesamt: "Fusionen können auch scheitern."

Zur vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wollen sich neben der ÖTV die IG Medien, die Deutsche Postgewerkschaft (DPG), die Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV) sowie die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) zusammenschließen. Dazu finden vom kommenden Freitag an die erforderlichen Kongresse in Berlin statt. Verdi-Vorsitzender soll ÖTV-Chef Bsirske werden. Die Verteilung von Posten und Gremiensitzen in der neuen Gewerkschaft richtet sich nach der Mitgliederzahl der fünf Partner: Danach kommt die ÖTV auf 48 Prozent, DPG, HBV und DAG auf jeweils 15 Prozent sowie die IG Medien auf sieben Prozent der einflussreichen Funktionen. Der Zusammenschluss war insbesondere bei hauptamtlichen Gewerkschaftsfunktionären umstritten. Alle fünf Gewerkschaften zusammen beschäftigen derzeit rund 5000 Angestellte; Schätzungen zufolge werden davon rund 1000 im Zuge der Fusion überflüssig. Allerdings haben sich die Verdi-Gewerkschaften darauf verständigt, dass es bis 2007 keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll.

alf

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