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Wirtschaft: Dieter Zetsche räumt bei Mercedes auf

Der neue Chef will 8500 Stellen in Deutschland streichen– der Aktienkurs profitiert

Stuttgart Nur vier Wochen nach seinem Amtsantritt setzt der neue Mercedes-Chef Dieter Zetsche zu ersten harten Einschnitten an. Nach Konzernangaben sollen 8500 Jobs und damit jede neunte Stelle in der Mercedes-Produktion wegfallen. Bisher war inoffiziell in der Konzernzentrale in Stuttgart nur von bis zu 5000 Stellen die Rede.

Der sozialverträgliche Jobabbau wird das Ergebnis des Konzerns mit 950 Millionen Euro belasten. Der größte Teil davon soll bereits im vierten Quartal verbucht werden. Mit außerordentlichen Erträgen sowie durch Ergebnisverbesserungen im operativen Geschäft will Daimler dies jedoch wieder wett machen. Die Gewinnprognose bleibe deshalb unverändert, hieß es. Zetsche will die Mitarbeiter heute auf Betriebsversammlungen über die Details der Pläne informieren.

Daimler-Chrysler steht damit erstmals seit Anfang der 90er Jahre vor massiven Stellenstreichungen bei seiner wichtigsten Konzernsparte Mercedes. Die Börse reagierte auf den verschärften Sparkurs mit Beifall. Die Daimler-Aktie legte gestern um fast vier Prozent zu und markierte zeitweise ein Drei-Jahres-Hoch.

Der Daimler-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Erich Klemm kritisierte das Vorgehen des Unternehmens in einer ersten Stellungnahme als „höchst problematisch“. Das Unternehmen weise derzeit Personalüberhänge in der Mercedes-Gruppe aus, die zum Teil auf Annahmen künftiger Rationalisierungsfortschritte beruhten. „Es ist also beabsichtigt, zuerst Personal abzubauen und dann erst die Maßnahmen zu suchen, die diesen Abbau rechtfertigen“, klagte der oberste Arbeitnehmervertreter.

Der Stellenabbau ist die erste wichtige Richtungsentscheidung von Zetsche, der Anfang kommenden Jahres auch das Amt des Daimler-Chrysler-Chefs von Jürgen Schrempp übernimmt. Zetsche verteidigte den geplanten massiven Stellenabbau in einem Brief an die Belegschaft. Die begonnene Sanierung zeige zwar erste Erfolge, dies dürfe „aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch ein langer und harter Weg vor uns liegt“. Die Kosten bei Mercedes lägen deutlich über denen der besten Wettbewerber. Die Kapazitäten seien deutlich zu hoch, schrieb er.

Mit dem Schritt sinken die Arbeitskosten bei Mercedes in den nächsten Jahren deutlich. Der Konzern werde in den kommenden Jahren seine Arbeitskosten um 383 Millionen Euro jährlich senken, wie Michael Raab, Auto-Analyst vom Bankhaus Sal. Oppenheim, schätzt.

Zetsches Vorgänger Eckhard Cordes hatte dieses Jahr bereits ein drastisches Kostensenkungs- und Sparprogramm namens Core angeschoben. Dieses soll den Gewinn der Gruppe, zu der neben Mercedes und Smart auch die Luxuskarosse Maybach zählt, bis 2007 um drei bis vier Milliarden Euro steigern. Wegen der massiven Neuausrichtung hatte Daimler im April seine Ertragsprognose revidiert und nur noch ein leichtes Plus beim operativen Gewinn ohne Berücksichtung von Sonderbelastungen in Aussicht gestellt.

Der Personalabbau kommt dem Konzern so teuer, weil das Unternehmen wegen eines Beschäftigungspaktes bis 2012 keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen darf. Zetsche muss deshalb auf attraktive Abfindungen setzen, um die Mitarbeiter zu einem freiwilligen Ausscheiden zu bewegen. Insgesamt beschäftigt Daimler-Chrysler bei der Marke Mercedes in Deutschland – neben der Mercedes Car Group gehören dazu die Nutzfahrzeuge und der Vertrieb – rund 160000 Arbeitnehmer.

Vor allem in den Werken Sindelfingen, Untertürkheim und Bremen will Daimler-Chrysler deutlich Personal abbauen. Neben hohen Abfindungen setzt der Konzern auch auf Altersteilzeitregelungen, verstärkten Personalaustausch und Nichtbesetzung frei werdender Stellen, um den Arbeitsplatzabbau zu realisieren.

Zetsche reagiert mit den Einschnitten auf eine sinkende Nachfrage nach wichtigen Mercedes-Modellen. Im Gegensatz zu der gerade anlaufenden neuen S-Klasse haben die weiteren für den Mercedes-Gewinn hauptverantwortlichen Modelle E- und C-Klasse ihren Absatzhöhepunkt bereits überschritten.

Mercedes müsse lernen, mit weniger Aufwand zu produzieren, stellte Zetsche bereits kürzlich auf der Autoshow IAA in Frankfurt klar. hz/mwb/HB

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