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Digital-Fernsehen: Die Branche gerät ins Schwärmen

Hunderte Kanäle über Satellit, Interaktiv-TV und hochauflösende Bilder - Digital-Fernsehen ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Die Branche hat die Chance erkannt.

Berlin - "Die Entwicklung ist rasant - und das ist erst der Anfang", sagt Ferdinand Kayser, Chef des europäischen Satelliten- Betreibers Astra. Während in Italien, Frankreich oder Spanien Digital-TV bereits flächendeckend verbreitet ist, hat in Deutschland erst knapp ein Drittel aller Haushalte vom herkömmlichen analogen Signal auf Digital umgeschaltet. Von diesem Dienstag an wollen sich die Medienmanager auf der Fachmesse für Kabel Satellit und Multimedia Anga Cable in Köln zum "Strategiegipfel" treffen. Das laufende Jahr wird wohl zum entscheidenden Jahr für Digital-TV.

Viele Verbraucher aber rätseln noch über die Wege in die TV-Welt von morgen. Ein unübersichtliches Angebot an Decodern, den so genannten Settop-Boxen, Verwirrung über technische Normen und Übertragungswege erscheinen als hohe Hürde. Plasma- und LCD-Geräte für hochauflösendes (HD) Fernsehen sind die Renner. Seit 2005 wurden 5,6 Millionen Flachbild-Fernseher in Deutschland verkauft, im vergangenen Jahr gingen mehr Digital-Geräte als herkömmliche Röhrenapparate über den Ladentisch.

"HD ready" noch in den Startlöchern

"HD ready" steht zwar auf den neuen Geräten mit den hochauflösenden Bildern - doch die Fernsehmacher sind noch lange nicht so weit. Das Programmangebot für die neue Generation ist eher dürftig. Mancher Käufer ist daher enttäuscht, wenn er zu Hause nicht den gestochen scharfen Testfilm wie im Kaufhaus sehen kann, sondern nur das bekannte Analogbild im 16:9-Format. Der Bezahlsender Premiere bietet einen eigenen HD-Kanal. Die Öffentlich-Rechtlichen wollen die Olympischen Spiele in Peking 2008 als Anlass für den Umstieg auf die neue Norm nutzen. In den meisten Fällen, sagt Klaus Goldhammer von der Medienberatungsfirma Goldmedia, "steht das teure Equipment quasi ungenutzt in den Wohnzimmern".

Für die neuen Angebote fehlt den Sendern das Geld. Mit klassischer Werbung könnten neue Digital-Angebote kaum noch finanziert werden. Den TV-Werbekuchen hätten sich die beiden großen Systeme, RTL und ProSiebenSat.1, aufgeteilt, für kleinere Anbieter bleibe wenig übrig, sagt Goldhammer. Selbst die ARD schließt nicht mehr aus, über die GEZ-Gebühr auch Geld die neue Digitalprogramme zu verlangen. Es sei eine "Illusion" zu glauben, dass in Zukunft alle Angebote aus den Rundfunkgebühren bezahlt werden könnten, sagt der ARD-Vorsitzende Fritz Raff.

Zahl der Pay-TV-Abonnenten wird steigen

Experten rechnen trotzdem in den nächsten Jahren mit einem rasanten Wachstum auf dem Pay-TV-Markt - nicht nur wegen der begehrten Ware Fußball. "Kostenpflichtiger Premium-Content jenseits von Sport wird in Deutschland offenbar immer stärker nachgefragt", sagt Goldhammer. Nach Angaben von Henning Röper von der Münchner Unternehmensberatung Solon Management Consulting wird die Zahl der Pay-TV-Abonnenten allein das Kabelnetz von derzeit rund 2,6 Millionen auf etwa 4,6 Millionen im Jahr 2012 wachsen. So habe allein Kabel Deutschland innerhalb von gut zwei Jahren 550.000 zusätzliche Kunden für neue Digital-Angebote gewonnen.

Als Übertragungsweg holt neben dem digitalen Antennen-Fernsehen DVB-T ("Das Überall-Fernsehen"), auf dem bis zu 30 Kanäle zu sehen sind, der Satelliten-Empfang deutlich auf. Von den 16,7 Millionen Haushalten mit Schüsseln auf dem Dach oder Balkon sind die Hälfte für Digitalempfang ausgerüstet. Der europäische Satellitenbetreiber SES Astra will mit seiner Plattform "Entavio" einen Schub beim Digitalempfang auslösen. Mit einer Settop-Box können dann alle Digital-Programme - ob frei oder verschlüsselt - empfangen werden.

"Durcheinander der Empfangsboxen beenden"

Über die "Entavio"-Empfangsbox könnten auch andere Sender ihr Programm verbreiten - und damit das Durcheinander mit mehreren Empfangboxen beenden. "Entavio ist eine neutrale Plattform, die allen Sendern zur Verfügung steht", sagt Kayser. Bis 2008 solle die Hälfte aller neuen Boxen "fit für Entavio" sein. Damit könnten Zuschauer weitere digitale Inhalte und Dienstleistungen erhalten. Als erster Sender geht am 1. September Premiere mit der neuen Astra-Empfangbox an den Start. "Damit schaffen wir die Grundlage für zusätzliche Angebote und mehr Wettbewerb im Bezahlfernsehen".

In diesen Tagen hat Astra einen neuen Satelliten auf die Orbitalposition 19,2 Grad Ost gesetzt, um mehr Kapazität zur Übertragung von HD-Kanälen zu schaffen. Mit 13 Satelliten erreicht das in Luxemburg ansässige Unternehmen 109 Millionen Haushalte in Europa. Und für Haushalte, die etwa auf dem flachen Land keinen Zugang zum das Breitbandnetz bekommen, bietet Astra nun auch den Anschluss an das schnelle Internet, Fernsehen und Telefon über Satellit. "Die Nachfrage nach mehr Bandbreite wird immer größer", sagt Kayser. (tso/dpa)

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