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Vor Ort. 12,38 Prozent zahlen Kunden der Sparda-Bank Berlin, wenn sie ihr Konto überziehen.

© picture alliance / ZB

Dispozinsen: Stiftung Warentest kritisiert Banken

Die deutschen Institute verlangen noch immer Dispozinsen von bis zu 14,75 Prozent, zeigt eine Untersuchung von Stiftung Warentest. Eine kleine Bank in Brandenburg zeigt, dass das auch anders geht.

Von Carla Neuhaus

Martin Polle ist der Streber unter den Bankern. Sein kleines Institut im Norden Brandenburgs, die VR-Bank Uckermark-Randow, schafft, was sonst keinem anderen Institut in Deutschland gelingen will. Kunden, die dort ihr Konto überziehen, zahlen je nach Vertrag 4,2 bis 6,7 Prozent Dispozinsen. „Faire Preise“ nennt Polle das, vor allem angesichts der niedrigen Leitzinsen. Mit dieser Meinung steht der Bankvorstand aus der Uckermark allerdings einsam da. Kunden anderer Institute zahlen deutlich mehr, wenn sie mit ihrem Konto ins Minus rutschen. Im Schnitt verlangen die deutschen Banken 11,31 Prozent für die Kontoüberziehung, hat jetzt die Stiftung Warentest ermittelt.

Dass gerade eine kleine Bank aus Brandenburg so gut abschneidet, überrascht aber noch aus einem anderen Grund. Denn allgemein gilt: Die kleinsten Banken sind die „größten Abzocker“, sagte Hubertus Primus, Vorstand der Stiftung Warentest, am Dienstag. Gerade Regionalinstitute nehmen laut der Untersuchung der Stiftung viel Geld von ihren Kunden, wenn die ihr Girokonto überziehen. Zwei kleine Banken aus Bayern und Hessen waren dabei die Spitzenreiter. 14,75 Prozent verlangten sie von den Verbrauchern für den Dispokredit. Die Banken „nutzen ihre Vormachtstellung in ländlichen Regionen aus“, begründete das Primus.

In Großstädten wie Berlin, wo die Konkurrenz unter den Instituten besonders groß ist, ist die Situation etwas besser. Aber selbst hier verlangen Geldhäuser wie die Sparda-Bank Berlin, die Berliner Bank oder die Berliner Sparkasse noch immer einen Dispozins von mehr als zwölf Prozent (siehe Grafik). Dabei sagte Stiftung-Warentest-Vorstand Primus: „Angemessen wären Zinsen von deutlich unter zehn Prozent.“

Die Banken selbst argumentieren, dass es für sie extrem teuer ist, einen Dispokredit anzubieten. Sie müssten dafür Geld vorhalten – egal ob die Kunden den Kredit in Anspruch nehmen oder nicht. Dadurch entstünden „erhebliche Eigenkapital- und Liquiditätskosten“, hieß es am Dienstag vonseiten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern, warf der Stiftung Warentest gar Stimmungsmache im Bundestagswahlkampf vor. Hohe Zinsen seien „schlichtweg eine kaufmännische Erfordernis“, sagte er.

Dieser Argumentation kann Martin Polle, Vorstand der günstigen VR-Bank Uckermark-Randow, nicht folgen. Natürlich würden Kosten für den Dispokredit anfallen. „Aber auch mit den 4,2 Prozent machen wir noch genügend Gewinn“, sagte er dem Tagesspiegel. Wer sein Girokonto überziehe, zahle das Geld in der Regel wieder zurück. Das belegt auch eine Forsa-Studie, die das Verbraucherministerium im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hatte: Das Ausfallrisiko eines Dispokredits liegt demnach bei nur 0,2 Prozent.

Das Problem: Die Banken haben kaum Vorgaben, an die sie sich bei der Berechnung des Dispozinses halten müssen. Zwar müssen die Institute seit dem Jahr 2010 ihren Dispozins an die Höhe eines aktuellen Leitzinssatzes koppeln. Allerdings lag bei vielen Banken schon damals der Dispozins weit über dem üblichen Marktzins. „Das nutzten viele Banken und froren den hohen Abstand einfach ein“, sagte Warentest-Chef Primus. „Nun verändern sie den Zins allenfalls auf sehr hohem Niveau.“

Bankkunden sollten deshalb ihr Konto nur mit kleinen Beträgen überziehen und den Disporahmen nur kurzfristig in Anspruch nehmen. „Längerfristigen Kreditbedarf deckt man besser über einen Raten- oder Abrufkredit“, rät Stephanie Pallasch von der Stiftung Warentest. Wichtig ist zudem, nicht den Disporahmen zu überschreiten. Denn dann wird es richtig teuer: Wer mit seinem Konto noch weiter ins Minus geht, zahlt noch einmal drei bis sechs Prozentpunkte mehr für die sogenannte „geduldete Überziehung“.

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