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Wirtschaft: Dollarkurs: Der Glanz könnte schon bald verblassen

Die Stärke des Dollars gegenüber dem Euro ist erstaunlich. An den Devisenmärkten steht der Greenback wie ein Fels in der Brandung.

Die Stärke des Dollars gegenüber dem Euro ist erstaunlich. An den Devisenmärkten steht der Greenback wie ein Fels in der Brandung. Eigentlich sind sich die Analysten einig, dass die Kombination aus schwachem US-Wachstum, fallenden Kursen an der Wall Street, Zinssenkungen der Federal Reserve und einem klaffenden Leistungsbilanzdefizit die US-Währung ins Wanken bringen müsse.

Kurze Zeit sah es auch danach aus. Der Euro spurtete von 80 US-Cent in Richtung der Parität von 100 US-Cent. Doch seit Jahresanfang fiel die europäische Gemeinschaftswährung wieder auf 90 Cent. Dagegen notiert der Dollar gegenüber einem Korb von Währung, die für den US-Handel bedeutend sind, auf einem 15-Jahres-Hoch. Investoren, die viel Geld in amerikanische Aktien, Fonds und Anleihen investiert haben, fragen sich: Ist der Dollar die letzte Blase, die platzt, so wie die Technologiebörse Nasdaq, der bei 5000 Punkten die Luft ausging? Dann müssten sie empfindliche Wechselkursverluste in ihrem Depot hinnehmen.

Der wichtigste Faktor, der den Dollar in den vergangenen Jahren gestärkt hat, ist nicht länger in Kraft: Der Konjunkturboom in den Vereinigten Staaten endete abrupt. Im ersten Quartal 2001 wuchs Europas Wirtschaft voraussichtlich schneller als die amerikanische. Auch wenn jetzt die Zweifel an der Stärke des Konjunkturaufschwungs in Deutschland und dem Euro-Raum wachsen, ist doch klar: Bis auf weiteres hat die Alte Welt die Nase vorn. Der Zinstrend spricht ebenfalls für die Gemeinschaftswährung. Der Refinanzierungsatz in den Euro-Ländern liegt im April erstmals seit langem wieder über dem US-Leitzins. Joachim Fels, Europa-Volkswirt von Morgan Stanley Dean Witter, ist deshalb überzeugt: "Der Dollar ist überbewertet und wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte korrigieren."

Fels erhält von prominenter Seite Unterstützung: US-Notenbankchef Alan Greenspan warnte mehr als einmal vor dem überbordenden US-Leistungsbilanzdefizit, das Konjunktur und Dollar gefährde. Zwar standen im vergangenen Jahr einem Leistungsbilanzdefizit von 435 Milliarden Dollar weitaus höhere Kapitalzuflüsse aus Fusionen und Übernahmen sowie Investitionen am Aktien- und Rentenmarkt gegenüber. Doch Kapital ist beweglich. Lässt der üppige Zustrom nach, fehlt den USA das Geld, Importe und Investitionen im bisherigen Umfang zu finanzieren. Wachstum und Währung würden schwächeln, so Greenspans Überlegung.

Für Euro und Dollar hängt viel davon ab, wie schnell sich Börsen und Konjunktur von der Talfahrt erholen. Die Akteure an den Aktien- und Devisenmärkten werden deshalb in den kommenden Monaten die Wirtschaftsdaten sehr genau beobachten. Lässt der Aufschwung in den USA auf sich warten, dürften mehr und mehr ausländische Anleger ihr Geld aus den USA abziehen und dem Dollar den Rücken kehren.

Bislang erwies sich der Greenback gegenüber diesen Argumenten immun. Plausible Erklärungen dafür gibt es viele: Da ist zuerst die Hoffnung, dass der Abschwung in den USA zwar schmerzvoll, aber kurz sein werde. Beim Wettstreit um Wachstum und Gewinn haben die USA Europa noch immer übertrumpft. Nicht zuletzt aus diesem Grund sehen internationale Investoren die US-Finanzmärkte nach wie vor als sicheren Hafen in turbulenten Zeiten. Das muss nicht so bleiben. "Rutschen die USA in den nächsten zwei Quartalen in eine Rezession, wären die optimistischen Marktteilnehmer überrascht", sagt Fels. Gelingt es der Euro-Konjunktur, sich von den USA abzukoppeln, "erwarten wir im Sommer eine Euro-Rallye in Richtung Parität und darüber hinaus." Fels rechnet aber nicht damit, dass der Euro weit über diese Marke klettert. Dollar-Pessimisten sind sich da nicht so sicher. "Kehrt sich der Dollar erst Richtung Süden, kann niemand mit Sicherheit sagen, wie tief er fallen wird", sagt Edwin Truman, ein Berater des früheren US-Präsidenten Bill Clinton mit Blick auf das Leistungsbilanzdefizit. Anfang 2000 konnten sich auch nur wenige Investoren vorstellen, dass die Nasdaq ein Jahr später 80 Prozent tiefer steht. Dennoch ist die Blase geplatzt.

Catherine Hoffmann

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