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"Whatever it takes": Mario Draghi will die Wirtschaft in der Euro-Zone mit allen Mitteln stärken.

© Draghi

EZB-Entscheidung: Draghi entzaubert

Der EZB-Chef hat drastische neue Maßnahmen verkündet. Sein Plan ist ein heikles Unterfangen - mit wenig Aussicht auf Erfolg. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Es ist eine Verzweiflungstat. Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), hat ein ganzes Bündel neuer Maßnahmen im Kampf gegen die Euro-Krise verkündet. Er hat den Leitzins auf ein neues Rekordtief gesenkt. Er hat den Strafzins erhöht, den Banken zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Und er will den Geldinstituten künftig Kreditverbriefungen abkaufen und ihnen so die Risiken für die Kredite abnehmen. Es ist ein heikles Unterfangen – mit wenig Aussicht auf Erfolg.

Immer wieder hat Draghi in den letzten zwei Jahren betont, alles zu tun, um den Euro am Leben zu halten. Sein Ausruf des „Whatever it takes“ wird einmal in den Geschichtsbüchern stehen. Erst kürzlich hatte Draghi erneut bei einem Treffen der internationalen Notenbanker im amerikanischen Jackson Hole angekündigt, er werde „alle verfügbaren Mittel“ einsetzen, um die Konjunktur in der Euro-Zone wieder in Schwung zu bringen. Das ist nobel von ihm – aber nicht seine Aufgabe.

In diese Rolle gedrängt haben Draghi die Regierungschefs

Draghi ist Geldpolitiker. Als solcher muss er dafür sorgen, dass die Preise stabil bleiben. Stattdessen macht er nun seit Monaten Wirtschaftspolitik. Schuld daran sind Europas Regierungschefs, die ihn in diese Rolle gedrängt haben. Viel zu lange schon starren sie wie gelähmt auf die Krise in Südeuropa – warten ab, statt einzugreifen.

Deshalb muss Draghi ran. Und zwar schon wieder. Erst im Juni hatte er das letzte Mal den Leitzins gesenkt. Viel gebracht hat es nicht. Ebenso wenig wie die Einführung eines Strafzinses für Bankeinlagen. Und auch die Wirkung seines neuen Maßnahmenpakets wird wohl verpuffen. Ein Analyst sprach bereits vom „letzten Aufbäumen der EZB gegen die Krise“.

Die Firmen fragen die Kredite nicht nach

Mit seinem neuen Maßnahmenpaket will Draghi die Banken in den Krisenländern dazu animieren, mehr Kredite an Unternehmen zu vergeben. Das Problem: Die Firmen wollen die Kredite gar nicht – da können die Zinsen noch so niedrig sein. Unternehmer handeln rational. Sie nehmen Kredite nur auf, wenn sie investieren wollen. Das wiederum tun sie nur, wenn die Wirtschaftsaussichten gut sind und die Unternehmer deshalb glauben, dass sie in Zukunft mehr von ihren Produkten absetzen können. Die Wirtschaftsaussichten sind aber nicht gut.

Draghis Maßnahmenpaket hilft daher wenig. Es könnte sogar schaden, weil die EZB  damit den Druck auf die Staaten weiter reduziert. Die Regierungschefs können sich entspannt zurücklehnen: Zauberer Draghi wird es schon richten. Wichtige Strukturreformen, um die Staaten und ihre Firmen wettbewerbsfähiger zu machen, unterbleiben. Hinzu kommt, dass durch den Aufkauf von Krediten noch mehr Schulden vergemeinschaftet werden. Dabei wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel gerade das verhindern. Schließlich wehrt sie sich mit eben diesem Argument gegen die Einführung von Euro-Bonds, die Commerzbank-Chef Martin Blessing gerade wieder zur Diskussion stellte.

Die Regierungschefs der Euro-Zone brauchen dringend einen Plan, wie sie die Wirtschaft in Südeuropa aufpäppeln können. Denn irgendwann wird auch Draghi mit seinem Latein am Ende sein. Auch wenn er jetzt wieder sagte, der EZB-Rat sei „zu weiteren unkonventionellen Maßnahmen“ bereit. Das kann ein Versprechen sein. Oder eine Drohung.

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