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Wirtschaft: Dresdner Bank: "Die Rentenreform ist für uns ein Quantensprung"

Bernd Fahrholz (53) wurde nach der geplatzten Fusion mit der Deutschen Bank am 1. Mai als Nachfolger von Bernhard Walter zum Vorstandssprecher der Dresdner Bank berufen.

Bernd Fahrholz (53) wurde nach der geplatzten Fusion mit der Deutschen Bank am 1. Mai als Nachfolger von Bernhard Walter zum Vorstandssprecher der Dresdner Bank berufen. Fahrholz will der drittgrößten deutschen Geschäftsbank eine neue Richtung geben. Der Experte für das Firmenkundengeschäft und Investmentbanking gilt als international versierter Banker.

Der Crash auf Raten an den Börsen will kein Ende nehmen. Sie haben vor kurzem gesagt, den Oktober sollte man nach den Erfahrungen in den letzten Jahren eigentlich aus dem Kalender streichen. Wie sieht es im November aus? Die gerade zu Ende gegangene Woche war ja besonders heftig.

Wir erleben derzeit nicht überraschende Korrekturen an den Aktienmärkten. Der Oktober scheint jedoch nicht so schlecht gelaufen zu sein, wie man nach den letzten Jahren hätte befürchten müssen. Allerdings spüren die Banken die Auswirkungen der Schwankungen an den Märkten wohl zunehmend auch im Beratungsgeschäft.

Der schwache Markt, zwei gescheiterte Fusionen, Wertberichtungen bei der Hypothekenbank-Tochter und bislang ein Ergebnis, das Sie nicht zufrieden stellen dürfte - das Jahr 2000 ist für die Dresdner Bank alles andere als wunschgemäß gelaufen.

Es gibt nichts zu deuteln: Wir erleben ein schwieriges Jahr. Aber die rund 500 Millionen Euro, die uns die gescheiterte Fusion mit der Deutschen Bank sowie die 330 Millionen Euro, die die eingeleitete Restrukturierung des Filialgeschäftes gekostet und die wir im Neun-Monatsabschluss berücksichtigt haben, sollten es an außerordentlichem Aufwand gewesen sein.

Aber die Dresdner Bank hat gegenüber der Deutschen Bank an Boden verloren. Und selbst die Commerzbank steht besser da .

Diese Sichtweise kann ich nicht teilen. Bereinigt um die genannten Sonderfaktoren kann sich unser Ergebnis durchaus sehen lassen.

Wie weit sind Sie mit der Restrukturierung des Privatkundengeschäfts?

Wir kommen viel schneller voran als geplant, auch wenn wir die Bank praktisch auf den Kopf stellen. Den leider unausweichlichen Abbau von 300 unserer rund 1150 Filialen werden wir weitgehend bis Ende 2001 und nicht erst 2002 über die Bühne bringen. Zusätzlich zu den hiervon betroffenen 2900 Stellen im Filialbereich werden wir weitere 2100 Arbeitsplätze abbauen. Gleichzeitig führen wir das Filialkunden- und das Geschäft auch für vermögendere Privatkunden zusammen und stärken damit unseren Vertrieb. Das ist ein entscheidender Faktor für das künftige Bankgeschäft.

Sie haben für 1,4 Milliarden Euro das US-Investmenthaus Wasserstein Perella gekauft. Wie passt das zu Ihrer Strategie der "Fokussierten Europäischen Beraterbank"? Wollen Sie doch zum Global Player aufsteigen?

Diesen Anspruch verfolgen wir nicht weiter. Unser erklärtes Ziel ist es, uns stärker auf Europa zu konzentrieren, allerdings mit globaler Reichweite bei bestimmten Investment-Banking-Aktivitäten. Dies gilt insbesondere im Beratungsgeschäft und erfordert eine zielgerichtete, ausreichende Präsenz in Amerika. Da hilft uns Wasserstein mit seiner Expertise bei Mergers & Acquisitions in den USA ein entscheidendes Stück weiter.

Aber Sie sind in Europa bei weitem nicht allein. Auch die großen US-Investmentbankenhaben diesen Markt längst entdeckt. Kann die Dresdner Bank dagegenhalten?

Natürlich wird der Wettbewerb immer härter. Das Beratungsgeschäft für mittlere und große Unternehmen in Europa befindet sich weiterhin in einer starken Aufwärtsentwicklung. Trotzdem: Wir kommen voran und können aus eigener Kraft wachsen. Unser Beteiligungsportefeuille - aktueller Wert immerhin 15 Milliarden Euro - gibt uns die notwendige Kraft für die Expansion in Europa. Wir werden unsere Beteiligungen sukzessive, geordnet und auch mit Rücksicht auf die betroffenen Unternehmen, verkaufen. Der jüngste Verkauf von Aktien der Münchener Rück war ein Anfang.

Ist Ihr Haus ein Übernahmekandidat?

Ich sehe uns nicht als Übernahmekandidat. Wer uns "freundlich" haben wollte, müsste unseren Großaktionär Allianz mit ins Boot holen. Eine feindliche Übernahme im Dienstleistungssektor halte ich für unwahrscheinlich.

Aber die Allianz könnte ihren Anteilsbesitz an der Dresdner Bank doch verwerten. Vor allem der Vertrieb ist doch das, was in München interessiert.

Allianz-Finanzchef Paul Achleitner hat erst kürzlich öffentlich versichert, dass die Allianz unsere Strategie begleitet. Unser Verhältnis ist gut, wir fühlen uns wohl mit der Allianz, auch mit unserer Vertriebsvereinbarung. Raum für Verbesserungen gibt es natürlich immer.

Schützt Sie die Beteiligung der Allianz vor einer Übernahme?

Eine zielführende Strategie, gute Erträge und eine hohe Börsenkapitalisierung sind der beste Schutz. Wenn dazu eine Beteiligung wie die der Allianz kommt, ist dies umso besser.

Sie stellen die Bank jetzt in Divisionen auf. Das soll Ihr Haus flexibler machen - auch mit Blick auf Kooperationen?.

Eine stärkere Divisionalisierung der Bank und die damit verbundene höhere unternehmerische Entscheidungsfreiheit der einzelnen Unternehmensbereiche war unumgänglich. Natürlich eröffnen sich durch die Divisionalisierung zusätzliche Spielräume für Kooperationen oder Joint-ventures. Aber auch hier gibt es keine konkreten Pläne.

Auch nicht für das Hypothekenbank-Geschäft? Zusammen mit der Deutsche-Bank-Tochter Eurohypo wäre das doch für beide Häuser eine interessante Perspektive.

Ein weiterer Anlauf für ein Zusammengehen mit der Deutschen Bank wäre unseren Kunden und Mitarbeitern nur schwer zu vermitteln, auch wenn es sich dabei nur um ein spezielles Gebiet handeln sollte. Das gilt auch für die Commerzbank.

Wäre die Hypo-Vereinsbank ein möglicher Partner für die Dresdner Bank?

Auch mit der Hypo-Vereinsbank werden wir aufgrund unserer unterschiedlichen Ausrichtung nicht zusammenkommen.

Im Lager der Landesbanken und Sparkassen eröffnen sich auch neue Perspektiven für die privaten Banken. Die WestLB will ihr Geschäft in eine öffentlich-rechtliche Förderbank und in eine privatwirtschaftlich organisierte Geschäftsbank aufspalten. Wie beurteilen Sie solche Strukturüberlegungen?

Das ist eine unausweichliche Entwicklung. Das, was jetzt in Düsseldorf angedacht wird, bestätigt meine schon vor einem Jahr aufgestellte These, dass wir in den nächsten drei Jahren eine Aufteilung der Landesbanken in einen Allgemeinwohl- und in einen wettbewerblichen Teil sehen werden und das in der Form einer AG. Die jetzigen Verhältnisse sind juristisch nur schwer haltbar. Die geplante Aufspaltung kann auch Auswirkungen auf den Sparkassensektor haben.

Ist damit die Klage des europäischen Bankenverbandes gegen die Wettbewerbsvorteile der Landesbanken obsolet?

Das hängt von einer generellen Lösung für die Landesbanken ab. Bis jetzt gibt es nur bei der WestLB die Gedankenspiele zur Aufspaltung und Privatisierung. Man wird abwarten müssen, ob dies für einen Rückzug der Klage ausreicht. Fraglich ist weiter, ob sich auch die anderen Landesbanken bewegen. Wenn dies der Fall ist, wird man die Lage neu analysieren müssen. Der Europäische Gerichtshof muss nicht das letzte Wort haben.

Über die Rentenreform wird derzeit heftig gestritten. Soll die Kapitaldeckung zur Pflicht werden oder auf Freiwilligkeit beruhen?

Ich stehe fest auf dem Boden der Freiwilligkeit. Das gilt auch und vor allem für die kapitalgedeckte Altersvorsorge. Der Bürger soll gerade auch auf diesem Feld sein Schicksal selbst in die Hand nehmen können. Der Staat sollte allein den Rahmen vorgeben. So oder so: Für den Finanzplatz und für die Finanzdienstleister ist die Rentenreform mit einer kapitalgedeckten Altersvorsorge ein Quantensprung. Dies wird dem Wettbewerb einen gewaltigen Schub geben. Versicherungen und Banken werden künftig massiv um denselben Kunden werben.

In gut zwölf Monaten wird das Euro-Bargeld eingeführt. Allmählich steigt die Sorge, ob diese Mammutaufgabe pünktlich bewältigt werden kann. Schafft es die Dresdner Bank?

Wir werden auch bei der Einführung des Euro-Bargeldes professionell und pünktlich unsere Arbeit erledigen, auch wenn es mit einer gewaltigen Anstrengung verbunden ist. Schließlich muss nicht nur das Euro-Bargeld ausgegeben, sondern auch die D-Mark eingesammelt werden.

Und Sie werden ohne Murren die Kosten für diese Arbeit übernehmen?

Wir haben natürlich einen Aufwand, der alleine für uns einige hundert Millionen Mark beträgt und den wir im öffentlichen Interesse leisten. Von daher wäre eine Entschädigung für uns gerechtfertigt. Das ist die Position der Banken.

Gilt das Entschädigungsargument aus Ihrer Sicht nur für die Banken?

Ich sehe natürlich auch die andere Seite: Wenn die Banken und Sparkassen entschädigt werden, kann auch der Handel die gleichen Forderungen nach Entschädigung stellen. Dies würde eine Lawine lostreten.

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