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Wirtschaft: Editorials: Die Mär von der fairen Steuersenkung

Der vergangene Donnerstag war der so genannte Tax Freedom Day in den USA für das Jahr 2001. Das ist der amerikanischen Tax Foundation zufolge der Tag, bis zu dem der durchschnittliche Amerikaner ausschließlich für den Staat gearbeitet hat, um seine Steuern zu bezahlen.

Der vergangene Donnerstag war der so genannte Tax Freedom Day in den USA für das Jahr 2001. Das ist der amerikanischen Tax Foundation zufolge der Tag, bis zu dem der durchschnittliche Amerikaner ausschließlich für den Staat gearbeitet hat, um seine Steuern zu bezahlen. Die Briten müssen noch einen Monat auf diesen Tag warten. Und in anderen europäischen Staaten muss sich der Steuerzahler noch viel länger für den Staat abplagen.

Trotzdem gibt es für die Amerikaner keinen Grund zu feiern. Der Tax Freedom Day wird diesmal zwei Tage später als im Vorjahr begangen. Das bedeutet, dass der Durchschnittsamerikaner mindestens vier Monate alleine für diejenigen Senatoren und Kongressabgeordneten schuften muss, die finden, die von Präsident Bush angestrebten Steuersenkungen seien "zu umfangreich". George Bush hat einen Vorschlag gemacht, der das Steuersystem umkrempeln würde, der das Wirtschaftswachstum fördern und allen Steuerzahlern zugute kommen würde. Die Demokraten im Kongress haben aufgeschrien, die geplanten Steuersenkungen seien ein Geschenk an die Reichen und haben gefordert, dass die niedrigen Einkommensklassen ihren "fairen Anteil" an den Steuersenkungen erhalten müssten.

Das ist pure Demagogie. 1998 haben die unteren 50 Prozent derer, die eine Steuererklärung abgegeben haben, nur vier Prozent der gesamten Einkommenssteuer gezahlt, also etwa 33 Milliarden Dollar. Die oberen fünf Prozent der Steuerzahler haben hingegen mehr als 50 Prozent gezahlt, rund 414 Milliarden Dollar. In jedem progressiven Steuersystem wird eine tief greifende Reform mehr Erleichterung für die höheren Einkommensklassen bringen, aus dem einfachen Grund, weil diese den größten Teil der Steuern zahlen. Dort steckt eben das Geld. Es ist deshalb Unsinn zu fordern, dass die unteren Einkommensklassen ihren "fairen Anteil" an der Steuererleichterung erhalten müssen. "Fairer Anteil" muss in Dollar und nicht als Prozentsatz der gesamten Steuereinnahmen bestimmt werden. Sonst dient die Steuersenkung nicht dazu, denen das Geld zurückzugeben, die es gezahlt haben, sondern es findet lediglich Umverteilung statt. Ein ehrlicher Politiker würde dies zugeben.

Natürlich kann man darüber diskutieren, wie progressiv ein Steuersystem sein sollte. Und man kann die berechtigte Frage stellen, ob ein System fair ist, in dem die Steuern am oberen Ende in den letzten zwanzig Jahren erhöht wurden, während die Steuern für alle anderen gesenkt wurden. Für viele Linke bedeutet Gerechtigkeit heute, dass die höchsten Einkommensklassen die Einkommenssteuer ganz alleine zahlen sollen. In den neunziger Jahren gab es in den USA geradezu ein Fest von Steuersenkungen für alle möglichen Zielgruppen: Kredite und Freibeträge, die bestimmte Verhaltensweisen fördern oder belohnen sollten - Kinder zu haben, älter oder abhängig zu sein, zu arbeiten trotz Behinderung, die Teilnahme an bestimmten Erziehungs- oder Sparprogrammen oder anderes. Dieses verzweigte System von Ausnahmen und Wohltaten macht es unmöglich, überhaupt herauszufinden, wie sich eine Reform auf den Einzelnen oder einzelne Einkommensgruppen auswirken könnte. Es ist völlig egal, wie man Gerechtigkeit definiert, wenn man nicht einmal weiß, wer welche Steuern zahlt. In der Realität wirken die Steuergesetze stark progressiv, behindern das Wirtschaftswachstum und schöpfen einen historisch großen Anteil der Wirtschaftsleistung Amerikas ab. Es wäre fair, diesen Überschuss denjenigen zurückzugeben, die ihn erst geschaffen haben.

Aus dem Wall Street Journal.Übersetz

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