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Ärger überall. Die Stahlbranche protestierte am Donnerstag auf einem Drahtseil vor dem Kanzleramt gegen die Energiewende beziehungsweise die hohen Preise.

© dpa

EEG-Umlagen: Bahn als Träger der Energiewende

Die Energiewende ist im Öffentlichen Personennahverkehr angekommen - und könnte die Strompreise um zehn Prozent in die Höhe treiben. Geht es nach der Bundesregierung, bleiben Industriefirmen von den EEG-Umlagen verschont, aber die anderen zahlen drauf.

Die Preise für Berliner Busse und Bahnen steigen um drei Prozent – wenn die Bundesregierung ihre Pläne für eine Strompreisbremse umsetzen würde und die BVG dadurch mit 16 Millionen Euro belastete. Bereits jetzt zahlen die Berliner Verkehrsbetriebe im Jahr knapp 50 Millionen Euro für Strom. Käme die Umlage für den Ökostrom hinzu, so wären die zusätzlichen Kosten nur mit einer Preiserhöhung aufzufangen, heißt es bei der BVG. „Für uns wäre das eine Katastrophe“, sagt Sprecherin Petra Reetz. Zumal die BVG den Preis für einen Fahrschein im kommenden Sommer sowieso schon von 2,40 auf 2,60 Euro erhöht.

Die Energiewende ist im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angekommen. Tatsächlich hat die Energiepolitik so einen Protestlärm von der Schiene noch nicht erlebt. „Tausende Pendler weichen auf klimaschädlichen Autoverkehr aus“, „Fahrpreise für Bahnen im Personennahverkehr steigen um zehn Prozent“ und von einem „Kostenbeschleuniger für Bahnfahrer“ war die Rede rund um den Energiegipfel am Donnerstag bei der Bundeskanzlerin.

Der Marktführer auf der Schiene warnte seinen Eigentümer, den Bund, vor einem Kostensprung. „Heute zahlen wir Energiesteuern von 55 Millionen Euro. Als größter Energieverbraucher in Deutschland müssten wir 500 Millionen Euro zahlen, wenn wir die Vorteile bei der Ökostromumlage verlieren würden“, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube. Der Streit um eine immer komplexer werdende Energiewende, die viele Bürger kaum noch durchschauen können, aber bezahlen müssen, nimmt kein Ende.

Die Politik begrenzt die durch die EEG-Umlage entstehende Belastung der Stromkosten für bestimmte Unternehmen und Branchen: zum einen Industriefirmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, und zum anderen „Unternehmen, die Schienenbahnen betreiben“. Ziel der Sonderbehandlung in den Worten des Umweltministeriums: „Bei Schienenbahnen die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Verkehrsmitteln und damit die Arbeitsplätze in diesen Unternehmen zu erhalten.“ Das klingt gut und hat doch Nachteile, denn in der Konsequenz führt das zu einer entsprechend höheren Umlage für alle anderen Stromverbraucher. Da im Wahljahr vor allem die Preiserhöhungen für die privaten Verbraucher gefährlich sind, möchte die Bundesregierung unbedingt eine Strompreisbremse installieren. Und hat dazu auch an eine Änderung bei der Sonderbehandlung der Schiene gedacht. Alles in allem erhofften sich Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) eine Summe von 250 Millionen Euro, die von der Masse der Stromverbraucher verlagert werden sollte auf die Nutzer von Schienenfahrzeugen, das sind vor allem Berufspendler.

„Umweltpolitischer Unsinn“, meinen der Verband der Verkehrsunternehmen, die Allianz pro Schiene und der Verkehrsclub Deutschland. Der Fahrgastverband Pro Bahn warnt vor einer Mehrbelastung für Pendler, die den ÖPNV nutzen, von 34 Euro pro Kopf und Jahr in Berlin und sogar 41 Euro in Frankfurt. Auf der anderen Seite werde „eine dreiköpfige Familie durch Altmaiers Pläne beim Haushaltsstrom im Schnitt lediglich um 1,20 Euro entlastet“. Alles in allem würde nach Berechnungen der Verbraucherzentralen der Strompreis um 0,06 Cent je Kilowattstunde sinken, wenn die Schienenbahnen die volle EEG-Umlage zahlen müssten. „Demgegenüber stünden zusätzliche Preissteigerungen im ÖPNV von mindestens drei Prozent“, hat der Verkehrsclub Deutschland errechnet und bestätigt damit die Angaben der Berliner BVG.

Für Bahn-Chef Grube ist das ganze Unterfangen auch deshalb ein Irrsinn, weil er in der „sauberen“ Bahn gewissermaßen einen Träger der Energiewende sieht. Das wird, nach dem ziemlich ergebnislosen Gipfel am Donnerstag, auch so bleiben. Zumal die Bahn rund 70 Prozent ihres Stroms in eigenen Kraftwerken erzeugt. Auf diese Mengen ist überhaupt keine EEG-Umlage zu zahlen. Bleiben 30 Prozent aus dem öffentlichen Netz. Für diesen Strom gibt es eine Staffelung: Ein Zehntel wird mit dem vollen EEG-Satz von 5,3 Cent je Kilowattstunde belastet, auf neun Zehntel fallen dann nur noch 0,05 Cent je Kilowattstunde an. Alles in allem kommt damit die Bahn-Tochter DB Energie, die als Stromversorger der Bahnen in Deutschland fungiert, heute auf eine EEG-Belastung von 55 Millionen Euro im Jahr. In den 55 Millionen steckt auch die EEG-Umlage der Berliner S-Bahn, für die es keine separaten Angaben über die Ökostromkosten gibt.

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