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Wirtschaft: Eichel kritisiert die Bundesbank scharf

Banker sollen sich informieren/ EU-Finanzminister sprechen über Stabilitätspakt und Steuerdumping

Scheveningen - Zum Auftakt des zweitägigen Treffens der EU-Finanzminister im niederländischen Scheveningen hat Bundesfinanzminister Hans Eichel mit seiner ungewöhnlich scharfen Kritik an der Bundesbank den Streit um den Euro-Stabilitätspakt angeheizt. Er könne der Bundesbank nur dringend empfehlen, sich zu informieren, bevor sie öffentliche Erklärungen abgebe, sagte Eichel am Freitag im Bundestag unmittelbar vor seiner Abreise an die holländische Küste.

Der Bundesfinanzminister reagierte damit auf die Kritik des Bundesbankvorstands Edgar Meister an den Vorschlägen des EU-Währungskommissars Joaquin Almunia, den Euro-Stabilitätspakt flexibler anzuwenden. „Die Politik kann den Vertrag nicht einseitig zu Lasten der Bürger ändern“, hatte Meister erklärt und auf einer strikten Auslegung beharrt. Dagegen nahm Eichel die Brüsseler Pläne in Schutz: „Es geht nicht um Weichmachen, sondern darum, mehr ökonomische Vernunft in den Pakt zu bringen.“

Auch die Finanzminister der anderen EU-Länder haben sich für eine Reform des Stabilitätspaktes ausgesprochen. Das machte der niederländische Gastgeber, der amtierende Vorsitzende des EU-Finanzministerrats, Gerrit Zalm am Freitagabend nach einem ersten Treffen deutlich . Die von der EU-Kommission präsentierten Vorschläge stellten eine „gute Basis“ dar, sagte er.

EU-Kommissar Almunia will in Zeiten anhaltend schlechter Wirtschaftskonjunktur den verschuldeten Regierungen mehr Zeit geben, die Neuverschuldung der Öffentlichen Hand wieder unter die im Stabilitätspakt festgeschriebene Obergrenze von drei Prozent des BIP zu drücken. Die Drei-Prozent-Grenze wird von Almunia jedoch nicht in Frage gestellt. Er wolle weder die Stabilitätskriterien verändern, noch am Maastricht-Vertrag rütteln, versichert der EU-Kommissar. Mehr als bisher will er aber die Wirtschaftslage des jeweiligen Euro-Landes und seine Gesamtverschuldung in Betracht ziehen. In wirtschaftlich guten Zeiten solle mehr gespart werden, um in schlechten Zeiten Spielräume für konjunkturbelebende Ausgaben zu haben. Über diese Vorschläge beraten die Finanzminister nun erstmals gemeinsam. Die bisherige Diskussion bei dem Treffen in Scheveningen habe mehr Einigkeit gezeigt als erwartet, sagte Zalm dazu. Offen blieb aber, wann EU-Währungskommissar Almunia das unterbrochene Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich wieder aufnehmen will.

Weiterer Diskussionspunkt wird auch der Vorschlag von Frankreichs Finanzminister Nicolas Sarkozy sein. Er hatte sich in der vergangenen Woche dafür ausgesprochen, allen Mitgliedsstaaten, die im europäischen Standortwettbewerb Steuerdumping betreiben, die Strukturhilfen zu streichen. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber stellte sich prompt hinter den französischen Minister: „Sarkozy hat vollkommen Recht.“ Sarkozys Vorstoß gilt allerdings als chancenlos.

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