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Wirtschaft: Eichel versteckt Milliarden-Defizit

Rund acht Milliarden Euro sind im Haushalt 2004 noch nicht finanziert – Weitere Aktienverkäufe an KfW geplant

Berlin (asi). Knapp zwei Wochen vor der Verabschiedung im Parlament klafft im Bundeshaushalt 2004 ein Milliardenloch. Rund acht Milliarden Euro sind noch nicht durch konkrete Maßnahmen finanziert, hieß es im Haushaltsausschuss am Dienstag. Gut die Hälfte der Finanzlücke resultiert aus den Ergebnissen der Steuerschätzung von vergangener Woche. Der Bundestag wird somit voraussichtlich Ende November den Etat mit dem größten Finanzloch in der Geschichte des Landes verabschieden.

Ziel der Haushaltsexperten von SPD und Grünen ist es auch jetzt noch, die Neuverschuldung im kommenden Jahr nicht über 24 Milliarden Euro und damit über die Investitionssumme anwachsen zu lassen. „Vor dem Vorziehen der Steuerreform muss der Haushalt verfassungsgemäß sein“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Walter Schöler, am Dienstag dem Tagesspiegel.

Nach mehreren Wochen Haushaltsberatungen, gestand Schöler allerdings ein, dass dieses Ziel nur mit einer massiven Erhöhung der so genannten Globalen Minderausgabe (GMA) erreicht werden könne. Diesen Trick wenden Haushälter und Finanzministerium immer dann an, wenn im Etat höhere Ausgaben als Einnahmen stehen, die Differenz aber nicht durch konkrete Sparmaßnahmen finanziert ist. Die mit 2,5 Milliarden Euro bisher größte GMA musste CSU-Finanzminister Theo Waigel im Jahr 1996 verbuchen.

Schöler selbst rechnet mit rund drei Milliarden Euro, die jetzt schon in den verschiedensten Haushalten der Ministerien versteckt sind. Entstanden seien diese in erster Linie durch die Rentenbeschlüsse der Bundesregierung. Im Oktober hatte das Kabinett dabei beschlossen, 2004 zwei Milliarden Euro zusätzlich zu sparen. Eine Milliarde Euro will Finanzminister Hans Eichel (SPD) durch zusätzlichen Subventionsabbau aufbringen, die andere Milliarde wurde als Umlage auf alle Ministerien verteilt.

Weil diese Umlage aber bisher nicht erbracht werden konnte, sollen die Summen in den Einzeletats stehen bleiben. Schöler forderte die Bundesregierung jedoch auf, „spätestens bis Ende Januar jeden Euro konkret einzusparen“. Im Gegensatz zu vergangenen Jahren wolle er es „nicht hinnehmen“, sagte der SPD-Haushälter, „dass zum Jahresanfang nicht klar ist, wie dieses Loch gestopft wird“.

Ein weiteres in einer GMA verstecktes Defizit von gut einer Milliarde Euro gibt es außerdem, weil die Vorschläge der Länder-Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) nicht umgesetzt werden konnten und der Bundesrat Gesetze wie etwa zur Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen vorerst gestoppt hat.

Das größte noch immer offene Loch klafft allerdings im Etat von Hans Eichel, weil die Steuerschätzer für 2004 mit Mindereinnahmen von rund 4,8 Milliarden Euro gegenüber dem Etatansatz des Finanzministers rechnen. Eichel will dazu dem Haushaltsausschuss in dieser Woche Finanzierungsvorschläge vorlegen. Erwartet wird in Regierungskreisen, dass Eichel das Geld durch neuerliche Platzhaltergeschäfte mit der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auftreiben will. In Regierungskreisen hieß es, der Minister plane 2004, im Wert von rund vier Milliarden Euro Aktien der Telekom und Post zu verkaufen. Der Rechnungshof hatte Eichel allerdings vor kurzem darauf hingewiesen, dass diese Platzhaltergeschäfte den Bundeshaushalt mehr belasten würden als eine Neuverschuldung in gleichem Umfang. Eine noch höhere Neuverschuldung kann sich der Finanzminister allerdings nicht erlauben, ohne die Verfassungsmäßigkeit des Haushaltes schon im Aufstellungsverfahren zu riskieren.

Am Dienstag gab die KfW bekannt, vom Bund für insgesamt 5,5 Milliarden Euro Aktien der Post und der Telekom gekauft zu haben. Ein Verkauf war im Bundeshaushalt 2003 eingeplant. Das Geld ist für Pensionszahlungen an ehemalige Post-Angestellte reserviert. Die KfW hält nun 16,7 Prozent an der Telekom und 48,3 Prozent an der Post.

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