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Wirtschaft: Eichel will „vernünftig“ sparen

Beim Finanzminister-Treffen in Brüssel stehen der Stabilitätspakt und die einheitliche Zinssteuer erneut zur Debatte

Berlin/Brüssel (asi/tog). Finanzminister Hans Eichel (SPD) will seinen Konsolidierungskurs nicht aufgeben. Deshalb wolle die Bundesregierung am heutigen Dienstag auch das von der EUKommission gegen Deutschland empfohlene Defizitverfahren wegen eines zu hohen Haushaltsfehlbetrags 2002 akzeptieren, sagte Eichel am Montag. Vor dem am Dienstag in Brüssel geplanten Treffen der 15 Finanzminister im Ecofin-Rat signalisierte er, die Auflagen der Kommission erfüllen zu wollen, seinen Konsolidierungsplan bis zum 21. Mai mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen und zu versprechen, in diesem Jahr die Maastricht-Ziele wieder einzuhalten. Man erwarte keinen Dissens, hieß es daher aus Brüsseler Kreisen.

Ob Eichels Kurs allerdings auf Dauer angelegt ist, wird auch nach dem Ecofin-Treffen noch nicht absehbar sein. Denn zum einen hat sich Eichel vorgenommen, Konsolidierungspolitik nur in dem Rahmen durchzusetzen, in dem sie „wirtschaftlich vernünftig“ sei. Und das lässt viel Spielraum für spätere Interpretationen.

Zum anderen will Frankreich bei dem Ministertreffen eine Hintertür für erneute Korrekturen an den gesamteuropäischen Konsolidierungszielen aufstoßen, die auch Eichel nützlich werden könnte. Die Franzosen wollen sich gegen die von den anderen Ländern akzeptierten Ziele zum Defizitabbau stemmen. Finanzminister Francis Mer werde sich erneut gegen die Vorgabe wenden, bis 2006 einen nahezu ausgeglichenen Staatshaushalt vorzulegen, erklärten Diplomaten. Auch lehne er die Vorgabe der Euro-Gruppe ab, das strukturelle Defizit in diesem Jahr um 0,5 Prozentpunkte zu reduzieren. Die EU-Kommission will Frankreich eine Warnung wegen seines Staatsdefizits zustellen lassen, weil dieses nach Einschätzung der Behörde in diesem Jahr die Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes überschreiten könne.

Das deutsche Staatsdefizit hatte die Drei-Prozent-Grenze im vergangenen Jahr mit 3,7 Prozent deutlich überschritten. Für dieses Jahr rechnet die Bundesregierung nach eigenen Angaben nur noch mit einem Wachstum von einem Prozent, während sie zuvor 1,5 Prozent und eine Neuverschuldung von 2,75 Prozent vorhergesagt hatte.

Mit der Formulierung „wirtschaftlich vernünftig“ könnte Hans Eichel also im Sommer der EU-Kommission ein abermaliges Abweichen vom Defizitziel oder gar die Verschiebung der Konsolidierungslinie von 2006 begründen – mit Rückendeckung aus Paris.

In die festgefahrene Auseinandersetzung um die Besteuerung von Kapitalerträgen kommt derweil wieder Bewegung. Der neue griechische Vorsitzende des EU-Wirtschafts- und Finanzministerrats hat in der vergangenen Woche den 15 Finanzministern einen neuen Kompromiss vorgelegt, über den heute Einigung erzielt werden soll. ,,Wir hoffen sehr, dass die Minister zu einem Abschluss kommen, die Chancen dazu sind nicht schlecht", sagte am Montag der Sprecher des EU-Binnenmarktkommissars. Der griechische Ratsvorsitzende will versuchen, Luxemburg, Österreich und Belgien zum Einlenken zu bewegen. Sie hatten ein europaweites System des Informationsaustauschs zwischen Banken und Steuerbehörden abgelehnt. Der griechische EU-Ratspräsident meint nun, die drei Länder sollenam Bankgeheimnis festhalten dürfen, solange auch die Staaten außerhalb der EU, wie die Schweiz, Liechtenstein oder die USA, sich weigern, die Konten von EU-Bürgern den Steuerbehörden offen zu legen. Als Ausgleich sollen sie eine Quellensteuer einführen.

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