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Wirtschaft: Eigentlich soll das Reformwerk alle Unternehmen entlasten - für die kleinen Firmen ist das bislang aber nicht der Fall

Es ist ein kompliziertes Gebilde, das Finanzminister Hans Eichel (SPD) und seine Getreuen im Finanzministerium da entwerfen. Die geplante Unternehmenssteuerreform hat viele Fußangeln, und je länger die Fachleute die Köpfe zusammenstecken, um so mehr neue Fallstricke entdecken sie.

Es ist ein kompliziertes Gebilde, das Finanzminister Hans Eichel (SPD) und seine Getreuen im Finanzministerium da entwerfen. Die geplante Unternehmenssteuerreform hat viele Fußangeln, und je länger die Fachleute die Köpfe zusammenstecken, um so mehr neue Fallstricke entdecken sie. Inzwischen hat das Finanzministerium bestätigt, dass es in diesem Jahr keinen Gesetzentwurf mehr vorlegt. Jetzt verweist man auf das Frühjahr, doch der Weg ist hürdenreich. Dabei sollte die Unternehmenssteuerreform ursprünglich bereits im Jahr 2000 starten, jetzt wird es frühestens 2001 sein.

Dabei ist die Ausgangsidee der Reform bestechend. Jede Firma soll unabhängig von ihrer Rechtsform mit 25 Prozent besteuert werden. Der Bäckermeister bräuchte demnach nicht mehr zu überlegen, ob er seine Schrippen in Form einer GmbH oder Personengesellschaft backt. Steuertechnisch wäre das - anders als bisher - kein Unterschied mehr. Bislang zahlen nämlich Aktiengesellschaften 40 Prozent Körperschaftssteuer auf einbehaltene Gewinne und 30 Prozent auf ausgeschüttete Gewinne. Personengesellschaften zahlen Einkommensteuer auf gewerbliche Einkünfte von 45 Prozent. Diese Sätze sollen zu einem Satz von 25 Prozent vereint werden. Zuzüglich zu dieser Belastung müssten die Unternehmen dann noch die Gewerbesteuer tragen, so dass die gesamte Belastung bei 37 Prozent liegen würde.

So weit, so gut. In der Praxis hätte das jedoch fatale Folgen. Viele kleine und mittelständische Unternehmen zahlen kaum einen Steuersatz von 25 Prozent. Von etwa drei Millionen Unternehmen liegen nach Expertenschätzungen nur 170 000 Gesellschaften über diesem Steuersatz. In der Praxis müssten also Klein- und Mittelbetriebe mehr an die Finanzämter überweisen. Einzelne Berechnungen gehen davon aus, dass die Unternehmen, die von 200 000 bis 250 000 Mark Gewinn verbuchen, sich durch die Reform verschlechtern würden - allein durch den Steuersatz.

Um aus diesem Dilemma zu entkommen, werden jetzt verschiedene Modelle im Finanzministerium diskutiert. Ein Favorit ist dabei die Lösung, die Gewerbesteuerschuld mit der Einkommensteuerschuld zu verrechnen. Konkret sieht das beispielsweise so aus: Angenommen, ein Unternehmer müsste 30 000 Mark Einkommensteuer bezahlen und etwa 10 000 Mark Gewerbesteuer. Er könnte sich jetzt die Hälfte der Gewerbesteuer (5000 Mark) anrechnen lassen, so dass er insgesamt nur 25 000 Mark bezahlen muss. Die Lösung hätte noch einen weiteren Charme: Städte und Gemeinden müssten nicht auf ihre Gewerbesteuer verzichten. In unserem Beispiel sähe das so aus: Von den 25 000 Mark Steuerschuld würden 10 000 Mark in die Gewerbesteuerkasse fließen und 15 000 Mark in die Einkommensteuerkasse. Natürlich blieben dennoch Steuerausfälle übrig, sie würden sich gemäß dem Verteilungsschlüssel über alle Ebenen verteilen.

Neben dieser Verrechnungsvariante basteln Eichels Beamte noch an einer anderen Lösung: dem fiktiven Unternehmerlohn. Die Idee: Eigentümer von Personengesellschaften führen einen fiktiven Unternehmerlohn von höchstens 150 000 Mark ein. Ihn können sie gegenüber dem Finanzamt als Betriebsausgabe geltend machen und so die Steuerbemessungsgrundlage verringern. Der Empfänger des Unternehmerlohns, also der Eigentümer, muss ihn versteuern. Entlastet werden die kleinen und mittleren Betriebe jetzt dadurch, dass sie wegen des Unternehmerlohns künftig keine Gewerbesteuer mehr zahlen müssen. Nur diese Variante wird den Widerstand der Kommunen finden. Sie pochen bekanntlich besonders heftig auf ihre Einnahmen aus der Gewerbesteuer.

Andreas Hoffmann

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