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Wirtschaft: Ein Club für Kreative

Das neue „Soho House Berlin“ lockt Unternehmer aus der Medien-, Mode- und Designerbranche an

Die gläserne Eingangsfront versteckt sich noch zwischen Bauzäunen, aber an der Rezeption vom neuen „Private Member Club Soho House Berlin“ mit der City-Adresse Torstraße 1 herrscht schon reges Treiben. Seit Montag ist die neueste Errungenschaft der gehobenen Clubszene in Betrieb, und wer das Foyer betritt, spürt sofort, dass hier eine Einrichtung der etwas anderen Art auf ihn wartet. Statt Sesselgruppen Drehkarussell, Tischtennisplatten, Kicker-Spiel und ein auf den schwarzen Fußboden gemaltes Labyrinth. Über dem Tresen baumeln gewaltige Industrieleuchten, Scheinwerferbühnen stehen im Raum, Metallstäbe ersetzen die übliche Verkleidung aus edlem Holz oder teurem Marmor.

„Wir sind eben anders“, sagt Barbara Franzreb, die durch den Club führt und als Erstes mit dem Fahrstuhl zum 8. Stock fährt. Da soll der Besucher nämlich staunen. Über die schöne Aussicht zum Alexanderplatz. Über den Swimmingpool mit seinen grünen Fliesen. Über die Liegen, die Tische und geschwungenen Sesselchen. Wer hier gelandet ist, hat es geschafft. Er darf als Clubmitglied im Pool planschen, sonnenbaden und sich mit Getränken verwöhnen lassen. Vielleicht während der Mittagspause oder nach Feierabend. 800 Mitglieder zählt der Club bisher, die Berliner „Local House“-Mitgliedschaft kostet 900 Euro pro Jahr. Wer „Every-Haus-Mitglied“ wird, also auch die Soho-Häuser in New York, Hollywood oder London beehrt, zahlt jährlich 1200 Euro, mit einer „U 27 Local House“-Mitgliedschaft für 450 Euro möchte man die junge kreative Szene Berlins anlocken – wie überhaupt das Wort von den Kreativen immer wieder auftaucht. Ein Komitee entscheidet, wer Mitglied wird. Der Club mit seinen Bars, dem Spa-Bereich, Kino und Hotel soll zum „Treffpunkt für Kreative aus der Medien-, Design-, Film-, Musik- und Modebranche“ werden, sagt Barbara Franzreb.

Vorbild ist Londons 1995 gegründeter Club im Stadtteil Soho, dies sei aber kein steifer Gentleman-Club. „Was wir wollen, sind Individualisten, keine Schlipsträger“, sagt Nick Jones, Gründer und Chef der Soho House Group. „Berlin ist eine der Top-Städte dieser Welt, dynamisch und pulsierend“ – deshalb sei man mit dem ersten deutschen Soho-Haus eben nicht nach Hamburg oder München gegangen. „Die Berliner Community entspricht genau dem Profil unserer Mitglieder: Sie sind kreativ, voll Energie und Leidenschaft und dabei ganz unterschiedlich“, sagt Jones und hofft auf Leute, „denen das Haus ein Refugium bietet, in lässiger Atmosphäre mit Gleichgesinnten ihre Zeit zu verbringen“.

Das gelingt wohl am besten in dem gemütlichen Club im 7. Stock mit zwei Kaminen, einem Flügel und großen Sofas, wo man in bequemen Sesseln versinkt und an einer die Mitte des Raums ausfüllende Club-Bar seinen Whisky trinkt. Vom Barhocker fällt es sich dann leicht in eines der 40 Hotelzimmer, in denen auch Nichtmitglieder in breiten Betten zwischen zum Teil unverputzten Wänden willkommen sind. Auf den Fluren stehen alte Grammofone. Selbst in der großen gemütlichen Suite mit der Badewanne in der Mitte (450 Euro die Nacht) telefoniert man wie einst, am Ende gehört der Hörer auf die Gabel.

Ein bisschen crazy und schräg soll sein – und das in einem Haus mit bewegter Geschichte. Der markante Stahlbetonskelettbau von 1928 am Ende der Prenzlauer Allee war ein Warenhaus. Als die jüdischen Besitzer Deutschland verließen, kam die Leitung der Hitlerjugend, nach 1946 wird das Gebäude erst SED-Zentrale, dann „Institut für Marxismus-Leninismus“. Nach der Wende kommen Akten aus den Archiven der DDR-Parteien, dann steht das Haus leer. Bis Soho die Fassade cremefarben streicht und alles umbaut. Über den Preis schweigen sich die Engländer aus. Fotos im Haus dürfen wir nicht machen. Und wo die Tafeln am Eingang mit dem Hinweis auf Piecks und Grotewohls Wirken geblieben sind, weiß keiner. Dafür gibt es im zweiten Stock, wo einst Wilhelm Pieck regierte, einen Eventsaal. Die ganze Etage heißt „Politbüro“.

Der neue Club online:

www.sohohouseberlin.com

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