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Wirtschaft: Ein Loch von 66,8 Milliarden Euro

Steuerschätzer: Der Staat muss in den kommenden drei Jahren mit erheblichen Steuerausfällen rechnen

Berlin – Die öffentlichen Haushalte müssen in den nächsten Jahren mit deutlichen Steuerausfällen rechnen. Der Staat wird voraussichtlich zwischen 2005 und 2008 knapp 66,8 Milliarden Euro weniger an Steuern einnehmen als bisher erwartet. Am stärksten ist der Bund betroffen: Er muss mit 39,1 Milliarden Euro weniger auskommen, teilte der Arbeitskreis Steuerschätzung nach seiner Klausurtagung am Donnerstag mit. Auf die Länder kommen Mindereinnahmen von 28 Milliarden Euro zu. Städte und Gemeinden erwartet dagegen dank der positiven Entwicklung bei der Gewerbesteuer ein Plus von 1,4 Milliarden Euro.

Allein in diesem Jahr fließen rund 3,5 Milliarden Euro weniger in die Kassen des Bundes. Hauptursache dafür ist nach Angaben des Bundesfinanzministeriums die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, weswegen Lohnsteuereinnahmen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Außerdem würden die Mineralöl- und die Tabaksteuer schwächer sprudeln als erwartet.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sieht außerdem „erhebliche Belastungen“ auf der Ausgabenseite durch die Arbeitsmarktreform Hartz IV. Eichel rechnet damit, dass dem Bund in diesem Jahr zusätzliche Ausgaben „im mittleren einstelligen Milliardenbereich“ drohen. Seit 2005 zahlt der Bund die Grundsicherung für Langzeitarbeitslose. Die Zahl der Arbeitslosengeld II-Empfänger ist deutlich höher als erwartet.

Eichel lehnte es zum jetzigen Zeitpunkt ab, einen Nachtragshaushalt vorzulegen oder eine Haushaltssperre zu verhängen. Das mache keinen Sinn, weil belastbare Zahlen – etwa zu den Ausgaben für den Arbeitsmarkt – erst im Laufe des Jahres vorlägen. Er werde jedoch versuchen, einen Nachtragshaushalt zu vermeiden. Der Finanzminister deutete an, zusätzliche Einnahmen erschließen zu wollen, die allerdings die Konjunktur nicht gefährden sollten. So erwägt Eichel, Außenstände des staatseigenen Sonderfonds aus den Marshall-Plan-Mitteln (ERP) zu privatisieren und die Mittel in seinen Haushalt zu leiten.

Eichel räumte zugleich ein, es werde „immer schwieriger“, den europäischen Stabilitätspakt in diesem Jahr einzuhalten. Zum vierten Mal in Folge könnten Bund und Länder das Neuverschuldungsziel von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts reißen.

Auch im Jahr 2006 werden dem Bund voraussichtlich zehn Milliarden und den Ländern knapp sieben Milliarden Euro fehlen. Wie der Bund die Löcher stopfen wird, wollte Eichel zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Die Mai-Steuerschätzung ist Grundlage für die Haushaltsberatungen, die bis Ende Juni abgeschlossen werden sollen. Finanzminister Eichel kündigte seinen Ministerkollegen in den bevorstehenden Verhandlungen am Donnerstag „außerordentlich harte“ Gespräche an.

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