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Wirtschaft: Ein pfeifender Protestzug durch Pankow

BERLIN (fbs).Brütende Hitze lag über Pankow, doch die Demonstranten hielten sich tapfer.

BERLIN (fbs).Brütende Hitze lag über Pankow, doch die Demonstranten hielten sich tapfer.Begleitet von lautem Pfeifen und Hupen trugen etwa 300 Beschäftigte des Adtranz-Werkes am Donnerstag ihre Transparente in der Mittagspause vom Werkstor an der Lessingstraße durch die Straßen von Pankow-Wilhelmsruh und protestierten so lautstark gegen die geplante Schließung ihres Werkes.Gewerkschafter, Betriebsrat, Vertreter der Parteien und der Pankower Bezirksbürgermeister Jörg Richter demonstrierten bei der anschließenden Kundgebung Einigkeit: Das Adtranz-Werk in Pankow, erst im Frühjahr 1997 als "modernstes Schienenfahrzeugwerk Europas" aufgebaut, dürfe nicht geschlossen werden.

Adtranz-Geschäftsführer Rolf Eckrodt hatte es dagegen im Wirtschaftsausschuß vergangene Woche unmißverständlich verkündet: Der Bahntechnikkonzern muß in den kommenden Jahren 1400 Stellen abbauen, will er im Jahr 2000 wieder schwarze Zahlen schreiben.Dieser Strategie, die vom Vorstand als sogenanntes "Zukunftskonzept" vorgestellt wurde, soll nun der kleinste der neun Standorte von Adtranz-Deutschland zum Opfer fallen: das Pankower Werk und seine 350 Beschäftigten.Gleichzeitig soll zwar der U-Bahn-Bau künftig ins Nachbarwerk Hennigsdorf verlagert werden, wo es möglicherweise auch Stellen für 150 Mitarbeiter aus Pankow geben soll.Doch das ist für die Belegschaft ein schwaches Trostpflaster, sollen doch auch in Hennigsdorf insgesamt 450 Stellen fallen.

"Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen", betonte denn auch der Betriebsratsvorsitzende Detlev Muchow im Einklang mit seinem Hennigsdorfer Kollegen Andreas Steinberg.Der Gesamtbetriebsrat sei sich einig, "in Hennigsdorf niemanden aufzunehmen", sagte der erste Bevollmächtigte der IG-Metall Berlin, Arno Hager, dem Tagesspiegel.IG-Metall-Geschäftssektretär Uwe Hecht bezeichnete die Schließungspläne als "wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Skandal".Er forderte den Adtranz-Vorstand auf, gemeinsam mit dem Betriebsrat, der IG-Metall und dem Berliner Senat ein Konzept zum Erhalt des Standorts zu erarbeiten.

Der Gesamtbetriebsrat hat den Beschlüssen der Konzernleitung bereits ein erstes eigenes "Zukunftskonzept" entgegengesetzt, worin vor allem das "Mißmanagement" und "die nicht bewältigten Probleme durch die Fusion Daimler-Benz/ABB" kritisiert werden."Die anhaltend hohen Verluste drückten nicht nur mangelnde Wettbewerbsfähigkeit aus, sondern auch die Unfähigkeit, die Probleme zu lösen.Obwohl die Geschäftsführung die Verluste fast ausschließlich auf technische Probleme zurückführt, fällt ihr als Lösung fast nur Personalabbau ein", heißt es darin.

Insgesamt hatte Adtranz am Standort 50 Mill.DM investiert, wobei das Land Berlin allein 17 Mill.DM zugeschossen hatte.Der Landesvorsitzende der SPD, Detlev Dzembrizky, sprach stellvertretend für die übrigen Parteien eine klare Drohung aus: Betriebe, die sich aus Berlin zurückzögen, könnten nicht damit rechnen, Aufträge von der Stadt zu bekommen.

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