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Allein mit dem Buch. Professoren treffen die Studenten nur selten bei einem Fernstudium. Stattdessen muss man sich vieles selbst erarbeiten. Wer es geschafft hat, ist besonders beliebt bei Firmen, denn Absolventen gelten als diszipliniert und motiviert. Foto: dpa

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Wirtschaft: Eine Klasse für sich

Selbstorganisation, Motivation, Finanzierung – Fernlernen ist eine Herausforderung. Warum es sich lohnt und wie es klappt

Lernen auf Distanz wird immer beliebter. Jedes Jahr entscheiden sich mehr Menschen, ihr Wissen mit einem Fernstudium oder einem Lehrgang zu vertiefen. Oder etwas vollkommen Neues anzufangen. Aber wie macht man das eigentlich genau – ein Studium so aus der Ferne? Dazu gibt es eine Menge Fragen. Wir geben einige Antworten.

WANN IST EIN FERNSTUDIUM RATSAM?

„Wer ein grundständiges Fernstudium mit Bachelor-Abschluss beginnt, hat in der Regel sieben oder acht Jahre Berufserfahrung nach der Ausbildung“, sagt Martin Kurz, Präsident des „Forum DistancE-Learning“, dem Fachverband für Fernlernen und Lernmedien. Interessenten für Masterstudiengänge seien meistens Mitte 30 – etwa Geisteswissenschaftler oder Ingenieure, die in die Wirtschaft gegangen sind und ihr ökonomisches Wissen vertiefen wollten.

WAS BRINGT ES FÜR DIE KARRIERE?

Ein erfolgreicher Werdegang mit einem Fernstudium könne etwa so aussehen: Jemand, der vorher Sachbearbeiter war, übernimmt hinterher Führungsaufgaben, etwa als Teamleiter – sagt Markus Jung, der selbst ein Fernstudium absolviert und anschließend mit Anne Oppermann das Buch „100 Fragen und Antworten zum Fernstudium. Richtig begleitet zum Erfolg“ geschrieben hat. Schließlich habe man durch das Fernstudium gezeigt, dass man sich weiterentwickelt und zusätzliche Fähigkeiten erworben hat. „Man könnte sogar sagen, dass ein Fernstudienabschluss bei manchen Arbeitgebern positiver ankommt als ein herkömmlicher Uni-Abschluss“, sagt Jung. Denn wenn jemand neben der Arbeitsbelastung ein Studium geschafft hat, beweist das Belastbarkeit, Selbstorganisation, Einsatzbereitschaft und Motivation. Verbandspräsident Martin Kurz: „Die meisten haben hinterher deutlich mehr Verantwortung und Gehalt.“



IN WELCHEN FÄCHERN IST ES SINNVOLL?

Besonders viele Angebote gebe es für Betriebswirtschaft und Informatik, sagt Jung: „Außerdem einiges im Ingenieurbereich.“ Fächer, zu denen viel Praxis gehört, bieten sich nicht an, etwa Medizin. „Es gibt aber einen Trend zu Fächern wie Gesundheitswirtschaft für Leute in Pflegeberufen, oder für Mediziner, die nicht mehr praktizieren wollen“, sagt Jung. Auch Geisteswissenschaften sind selten.

WO GIBT ES ORIENTIERUNG?

„Das Internet ist eine gute Anlaufstelle“, sagt Jung. Man solle darauf achten, dass private Angebote von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zugelassen worden sein müssen. Auf der Internetseite der ZFU (www.zfu.de) gibt es ein Verzeichnis für zugelassene Studiengänge. Weitere Seiten: www.fernstudium-tipps.de, www.fernstudium-vergleich.de, www.fernstudium-net.de, www.fernstudium-infos.de.

WIE WICHTIG IST DIE PRÄSENZ?

Wer sich für einen Anbieter entschieden hat oder noch zwischen mehreren schwankt, für den kann eine persönliche Studienberatung vor Ort eine Option sein. Es kann aber eine lange Anfahrt bedeuten. „Nicht unbedingt nötig“, findet Kurz allerdings einen Besuch: „Bei Studiengängen mit relativ vielen Präsenzveranstaltungen kann es sinnvoll sein“. Grundsätzlich muss man sich darüber klar werden, welche Struktur der Studiengang haben sollte. „Das ist eine Typfrage“, sagt Kurz. „Wer befürchtet, es sonst nicht zu schaffen, sollte einen Studiengang mit vielen Präsenzveranstaltungen, regelmäßigen Terminen und vorgegebenem Takt wählen.“ Wer hingegen beruflich stark eingespannt ist, brauche Flexibilität. Dann kämen Angebote infrage, die unabhängig vom Semesterbetrieb sind.

WELCHES SIND DIE VORAUSSETZUNGEN? „Bei einem Fernstudium liegt es bei mir, ob ich abends den Fernseher anschalte oder mir die Studienunterlagen vornehme“, sagt Jung. Deshalb sei „eine Grundfähigkeit zur Selbstdisziplin“ eine wichtige Voraussetzung. Außerdem sollte man fähig sein, aus schriftlichen Unterlagen selbstständig zu lernen. Für ein akademisches Fernstudium müsse man mit 15 bis 20 Stunden pro Woche rechnen, sagt Markus Jung.

WIE FINANZIERT MAN DAS FERNLERNEN?

Man könne versuchen, den Arbeitgeber mit einzubeziehen – wenn es ihm einen Nutzen bringt, sagt Jung: „Viele sind da recht offen.“ Im Gegenzug müsse man sich oft verpflichten, für zwei bis drei Jahre im Unternehmen zu bleiben oder bei einem früheren Wechsel die Unterstützung zurückzuzahlen. „Ein Fernstudium kann man von der Steuer absetzen – das ist die wichtigste finanzielle Förderung“, sagt Verbandschef Martin Kurz. Außerdem gibt es eine Begabtenförderung und Bildungsprämien des Bundesbildungsministerium und Förderprogramme der Bundesländer. Wer kein Einkommen hat, kann Bafög beantragen, oder Bildungsgutscheine der Arbeitsagenturen bekommen. Letzteres gelte auch für „Arbeitnehmer, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind“, heißt es auf der Internetseite www.forum-distance-learning.de. Dort findet man auch weitere Informationen zu Förderungsmöglichkeiten.

BLEIBT NOCH ZEIT FÜR DIE FAMILIE?

Es sei generell gut möglich, Beruf, Fernstudium und Familie unter einen Hut zu bringen, sagt Jung. „Wichtig ist es, das ganz genau zu planen. Man muss sich Freiräume halten und sicher sein, dass der Partner das Vorhaben unterstützt.“

WIE MOTIVIERT MAN SICH?

Man sollte sich kleinere Zwischenziele setzen – nicht nur den Abschluss, rät Ratgeberautor Jung. „Und nach Prüfungen ist es sinnvoll, sich gezielt zu belohnen, etwa mit einem freien Wochenende, an dem man sich etwas Schönes vornimmt.“

SOLLTE DER CHEF BESCHEID WISSEN?

Verschweigen solle man es nur, wenn das Ziel des Studiums ist, sich danach wegzubewerben und die Weiterbildung wenig mit der vorhandenen Stelle zu tun hat, sagt Jung. Sonst sei es auf jeden Fall ratsam, Bescheid zu sagen: „Vor allem, weil man oft auf die Unterstützung durch den Arbeitgeber angewiesen ist. Etwa, wenn man zu Präsenzveranstaltungen anreisen muss und dafür einen freien Tag braucht.“ Anwesend sein muss man etwa bei Prüfungen oder auch Seminaren vor Ort oderan kompakten Vorlesungstagen.

GIBT ES NETZWERKE fÜR LERNENDE?

Große Hochschulen haben einen eignen Online-Campus. In speziellen Foren kann man sich dort mit Kommilitonen austauschen. Über regionale Unterforen kann man sich dort etwa für Lerngruppen verabreden.

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