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EnBW: Eine missglückte Vereinbarung

Der 46-jährige Utz Claassen hat seinen früheren Arbeitgeber, den Energieversorger EnBW, vor Gericht gezogen. Er kämpft vor Gericht um die jährliche Pensionszahlung von 400.000 Euro

Klack, drei goldene Ringe, klack, eine goldene Uhr, klack, die Lesebrille. Irgend etwas schlägt immer aufs Pult. Richterin Angela Jaeger, Mitte Fünfzig, kommt in Fahrt. Eine Viertelstunde redet sie nun schon, Einwürfe prallen ab. „Jetzt“, bügelt die Dame schon den Ansatz von Widerspruch ab, „bin ich dran.“ Vier Männer, auf Krawall gebürstet, aber noch nicht einmal zu Wort gekommen, sind erstaunt – das Publikum amüsiert. Justiz kann spritzig sein. Dabei hatte es Donnerstagmorgen in Saal 130 des Karlsruher Landgerichts noch nach dem üblichen Promi-Prozess ausgesehen. Anwälte, die sich aufplustern, Mandanten, die sich gerne aufplustern lassen. Fotografen bestürmen Utz Claassen, den Kläger, der in seinen Akten blättert.

Bei Geld hört der Spaß auf. Claassen (46) hat seinen früheren Arbeitgeber, den Energieversorger EnBW, vor Gericht gezogen. Der sitzt ihm an diesem Morgen in Person von Aufsichtsratschef Claus-Dieter Hoffmann und Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer gegenüber. EnBW hat Claassen, der 2007 als Vorstandschef ausschied, nicht mehr die bis zu dessen 63. Lebensjahr vereinbarte Pension von jährlich knapp 400 000 Euro überwiesen. Begründung: Auf das Geld müssten die Bezüge angerechnet werden, die Claassen unter anderem aus seinem jetzigen Job für den US-Finanzinvestor Cerberus bezieht. Deshalb wolle man nun Auskunft darüber, was Claassen so alles für Einkünfte habe.

Dessen Anwalt führt dagegen ins Feld, sein Mandant sei lediglich Berater von Cerberus. Das Honorar falle nicht unter die vertraglich festgelegten anrechenfähigen Bestandteile. Außerdem könne Claassen nicht zugemutet werden, komplett über seine Einkünfte Rechenschaft abzulegen. Genau, sagt Angela Jaeger. Alles richtig. Aber das helfe trotzdem niemandem weiter. Und dann rückt sie die rechtlichen Verhältnisse gerade. In Kürze: Die Anrechnungsklausel im Vertrag zwischen Claassen und EnBW „ist völlig missglückt“. Fest stehe zwar, dass EnBW ein grundsätzliches Zurückbehaltungsrecht an den Versorgungsbezügen habe, um etwaige Anrechnungen prüfen zu können. Fest stehe aber auch, dass aus der Klausel nicht genau hervor gehe, um welche Gelder es sich dabei handele. Claassen könne also gar nicht genau wissen, was er preiszugeben habe. Alle Einkünfte könnten es aber in keinem Fall sein. Ergo: Die Kammer müsse wohl das derzeit geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht der EnBW zurückweisen, aber das produziere nur einen Folgeprozess. „Das Gericht“, sagt Jaeger, „gibt Ihnen damit leider Steine statt Brot.“

Wie wäre es deshalb, wenn sich die Parteien um einen Kompromiss bemühen würden? Nach zwei Minuten Bedenkzeit die vorläufige Lösung. Vertagung bis zum 1. Oktober, die Gegner reden noch einmal. Zum Beispiel über eine Einmalzahlung von bis zu sieben Millionen Euro anstelle der jährlichen Pensionsverpflichtung. Wenn bis Oktober keine Einigung steht, wird Jaeger ihr Urteil verkünden. Der dann vermutlich folgende nächste Prozess könnte wieder bei ihr landen. „Das würde ich Ihnen aber nicht wünschen“, sagt sie.

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