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Einzelhandel: Weihnachten soll das Jahr retten

Einzelhandel hofft auf einen Umsatz von 75 Milliarden Euro im Weihnachtsgeschäft - doch die Deutschen sind nicht in Kauflaune.

Berlin - Kurz vor der heißen Phase des Weihnachtsgeschäfts hätte sich der Handel ohne Zweifel optimistischere Töne gewünscht. Doch damit konnten die Marktforscher aus Nürnberg gestern nicht dienen – im Gegenteil. Nach der jüngsten Konsumklima-Umfrage schließen die Deutschen ausgerechnet zu Weihnachten das Portemonnaie wieder fester zu. Als Reaktion auf kräftig gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel und eine gesunkene Einkommenserwartung legen die Konsumenten das Geld lieber auf die hohe Kante, statt es auszugeben, berichtet die Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) am Mittwoch. Dementsprechend ging das Konsumklima im November weiter zurück. „Viele Verbraucher fürchten, dass sie in Zukunft unter anderem mehr für Strom, Gas, Benzin und Heizöl aufwenden müssen und entsprechend weniger Mittel für andere Anschaffungen verfügbar haben“, sagte GFK-Experte Rolf Bürkl.

Entsprechend verhalten sind auch die Erwartungen der Einzelhändler an die traditionell umsatzstärkste Zeit des Jahres. „Es wäre ein Erfolg, wenn wir das gute Vorjahresniveau wieder erreichten“, sagte Josef Sanktjohanser, Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), am Dienstag in Berlin. Um das hinzubekommen, müssten die Konsumenten im November und Dezember allerdings noch einmal kräftig Gas geben und insgesamt 75 Milliarden Euro in den Geschäften lassen. „Das Geld sitzt zum Jahresende immer lockerer“, sagte Sanktjohanser, der aber zugleich vor übertriebenem Optimismus warnte.

Allzu zuversichtlich kann die Branche nach dem bisherigen Jahresverlauf auch nicht gestimmt sein. Ende September – die Oktober-Zahlen werden erst an diesem Freitag veröffentlicht – lagen die Unternehmen beim Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum nominal (also nicht preisbereinigt) gerade mal mit 0,5 Prozent im Plus. Und auch die ersten Wochen im November seien „eher verhalten“ angelaufen, sagte der HDE-Chef – was auch daran lag, dass wegen der Lokführerstreiks viele Kunden den Innenstädten fern blieben. Ein Viertel der Händler befürchte sogar für die Weihnachtszeit einen negativen Geschäftsverlauf. Weil bereits der Rest des Jahres hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, sei „in diesem Jahr das Weihnachtsgeschäft für uns wichtiger denn je“, sagte Sanktjohanser. Dass die von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi angekündigten Warnstreiks den Konsumenten die Laune verderben könnten, glaubt der HDE-Chef Sanktjohanser nicht. „Die Kunden werden das nicht spüren.“

Im November und Dezember machen die Händler knapp ein Fünftel ihrer jährlichen Umsätze, in einigen Branchen wie dem Spielzeug- und Schmuckhandel ist es sogar ein Drittel (siehe Grafik). Um das Geschäft anzukurbeln, will jeder dritte Laden im Weihnachtsgeschäft abends länger öffnen. Einen immer größeren Teil davon greift der Online-Handel ab. Vor allem Bücher, CDs, DVDs und Elektronik würden bevorzugt per Mausklick geordert.

Dem HDE-Chef ist allerdings auch bewusst, dass die Branche gegen ein starkes Vorjahr antritt.Wegen der Mehrwertsteuererhöhung im Januar hatten viele Konsumenten Käufe vorgezogen und damit das Weihnachtsgeschäft 2006 kräftig in Schwung gebracht. Das bescherte dem Handel zum Jahresende ein Umsatzplus von nominal 1,2 Prozent.

Für das kommende Jahr sind die Erwartungen deutlich optimistischer. „Der Umsatz wird stärker zulegen als in den letzten Jahren“, sagte Sanktjohanser. Was die Branche so zuversichtlich macht, ist vor allem die Aussicht auf steigende Einkommen und eine anhaltend gute Konjunktur, die auch wieder mehr Menschen in Arbeit bringen dürfte. Bis zu 300 000 mehr könnten es sein, erwartet der HDE. Alles in allem könnte das bis Ende 2008 zu einem Plus von (nominal) zwei Prozent führen – das entspricht einem Mehrumsatz von acht Milliarden Euro.

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