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EISJAHR 2007 Starker Auftakt, steigende Preise: Die Eisdealer

Die besten gelatieri stammen aus der italienischen Provinz Veneto. Einem der erfolgreichsten gehört das „Caffé e Gelato“ in Berlin

Klar, der Chef ist der wichtigste Werbeträger. Es ist also Ehrensache, wenn Rorato Alfio von sich behauptet, er esse selbstverständlich täglich Eis, und zwar, naturalmente, mehrere Kugeln, das verstehe sich doch von selbst! Der 45-Jährige ist einer von fünf Inhabern des „Caffé e Gelato“ in den Potsdamer-Platz-Arkaden, einer der umsatzstärksten Eisdielen in Deutschland. Zwischen 600 und 1400 Kilogramm Speiseeis werden hier täglich verkauft.

Alfios Karriere ist geradezu modellhaft für jene italienischen gelatieri, die in Deutschland rund 2200 Eiscafés betreiben und überwiegend aus der norditalienischen Eismacherregion Vittorio Veneto stammen. Von dort kam auch Alfio 1983 nach Deutschland und arbeitete zunächst sieben Jahre in der Diele eines Landsmanns, bevor er in Hanau sein eigenes Eiscafé gründete. 1998 schließlich tat er sich mit vier Kollegen zusammen und gründete in den neu gebauten Arkaden das Caffé e Gelato. Knapp 60 Mitarbeiter hat die Diele inzwischen, die meisten davon Italiener. Mindestens 40 Eissorten werden täglich angeboten, im Programm sind mehr als 60, von Klassikern wie Vanille bis zu exotischen Mixturen wie Ricotta mit Mango-Sauce – oder dem Winterrenner Schokolade mit Chili.

Wie die meisten Eisdielen in Deutschland heute arbeitet auch das Caffé e Gelato ganzjährig. Vorbei die Tage, als im Oktober Massen italienischer gelatieri ihre Dielen verrammelten, um geschlossen den Heimweg ins Winterquartier anzutreten. „Die meisten können sich das nicht mehr leisten“, sagt Anna Lisa Carnio, die Sprecherin der 1969 gegründeten Union der italienischen Speiseeishersteller in Deutschland (Uniteis). „Die Miete, die Versicherungen, all das muss ja weiterbezahlt werden. Die meisten machen inzwischen höchstens sechs Wochen Winterurlaub, oder sie betreiben ihre Eisdielen außerhalb der Saison als Café.“

Etwa 1500 Betriebe sind dem Verband angeschlossen. Sie alle produzieren ihr Eis von Hand – ein Sektor, der in Deutschland einen Marktanteil von 16 Prozent gegenüber industriell gefertigtem Eis hält. Rund 14 Prozent stellen die Italiener, schätzt Carnio. Etwa anderthalb Prozent mache die sonstige Konkurrenz aus: amerikanisches Softeis, aber auch chinesische und arabische Eisverkäufer, die zunehmend die Dielen pensionierter Italiener übernehmen.

Dass der Marktanteil über die Jahre weitgehend stabil geblieben sei, findet Carnio nicht erstaunlich. Zwar könne die Industrie billiger fertigen, besser lagern und aufwändiger werben, sagt die Verbandssprecherin. „Aber wir haben das Ambiente, wir haben das Wie-in-Italien-Gefühl.“

Auch der Trend zu bewusstem Essen komme der Branche zugute: Gerade Eisdielen wie das Caffé e Gelato könnten ihre Kunden mit täglich frisch produzierter Ware aus hochwertigen Zutaten überzeugen. „Außerdem schmeckt handgefertigtes Eis anders“, sagt Carnio. Vor allem, weil es keine Konservierungsstoffe enthalte. „Im Gegensatz zu den konservierenden Fettzusätzen im Industrieeis, die diesen charakteristischen Fettgeschmack auf der Zunge hinterlassen.“

Für die Qualität des Eises setzt sich auch der Verband ein, der seit 1983 eine Ausbildung zum Eiskonditor anbietet – nicht in Deutschland, sondern im Eis-Mekka Vittorio Veneto. Die Prüfung wird von einer deutsch-italienischen Kommission der Handwerkskammer in Frankfurt am Main abgenommen. Etwa 450 gelatieri haben die Ausbildung bis heute absolviert – darunter auch, naturalmente, Rorato Alfio.

Beide, der Dieleninhaber und die Verbandssprecherin, müssen lachen, als sie nach den steigenden Kugelpreisen gefragt werden. „Ich sage immer, je älter ein Mensch ist, desto billiger war das Eis früher“, sagt Carnio. Natürlich koste eine Kugel nicht mehr das Gleiche wie vor 50 Jahren, aber das Gerede von ständigen Preissteigerungen sei eher der subjektiven Wahrnehmung geschuldet. Etwa 60 Cent koste eine Kugel Eis in Deutschland, in den Städten eher 80 Cent. „Das ist nicht zu teuer“, findet Carnio. Eis sei nun mal teuer in der Herstellung: wegen der hohen Stromkosten für die Fertigung und Kühlung, wegen der Versicherungen und der Ladenmieten. Auch habe sich die Arbeitsstruktur der Dielen grundlegend gewandelt, sagt Carnio. „Früher beschäftigte man kaum Personal, stattdessen schuftete die ganze Familie. So kann heute niemand mehr arbeiten.“ Zudem reiche es nicht mehr, wie früher lediglich ein paar Sorten anzubieten. „Wenn Sie nur Vanille, Schoko und Banane im Programm haben, laufen Ihnen die Kunden weg.“ Und mehr Sortenvielfalt beinhalte nun mal höhere Produktionskosten. In diesem Sommer könnte allerdings noch ein anderer Kostenfaktor zu Buche schlagen, warnt Carnio: Falls die Milchproduzenten ihre Preise wie angekündigt um ein Drittel erhöhen, werde auch das Eis teurer.

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