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Wirtschaft: Electricité de France: Brüssel unterstützt französische Einkaufstour

Der französische Stromkonzern Electricité de France (EdF) kann auf seiner Einkaufstour in Europa mit Unterstützung aus Brüssel rechnen. EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abwehrmaßnahmen Italiens und Spaniens gegen den Einstieg von EdF bei Montedison und Hidrocantabrico.

Der französische Stromkonzern Electricité de France (EdF) kann auf seiner Einkaufstour in Europa mit Unterstützung aus Brüssel rechnen. EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abwehrmaßnahmen Italiens und Spaniens gegen den Einstieg von EdF bei Montedison und Hidrocantabrico. Bolkestein prüfe, ob die Aktionen gegen EdF mit EU-Recht vereinbar seien, sagte ein Sprecher des Kommissars am Freitag auf Anfrage. "Es ist gut möglich, dass Italien und Spanien im Fall EdF den freien Kapitalverkehr im europäischen Binnenmarkt behindern", fügte der Sprecher hinzu.

Das spanische Wirtschaftsministerium hatte der deutschen EdF-Tochter Energie Baden-Württemberg (EnBW) untersagt, ihre Stimmrechte bei Hidrocantabrico auszuüben. Die italienische Regierung schränkte die Stimmrechte von EdF ebenfalls ein, nachdem der französische Konzern ein 20-Prozent-Aktienpaket vom Mischkonzern Montedison erworben hatte. Beide Regierungen wollen auf diese Weise verhindern, dass ihre Energieunternehmen nach der Privatisierung in die Hände des ausländischen Staatskonzerns fallen.

In Kommissionskreisen hieß es, Bolkestein halte diese Maßnahmen für rechtswidrig und gehe dagegen eventuell vor dem Europäischen Gerichtshof vor. In wenigen Wochen würden die 20 EU-Kommissare das Thema erörtern, um sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zu verständigen.

Das dürfte nicht einfach werden, denn zwischen Bolkestein und seiner Kollegin Loyola de Palacio ist über den Fall EdF ein heftiger Streit ausgebrochen. Die Energiekommissarin verteidigt das Vorgehen Spaniens und Italiens gegen das Unternehmen. Es könne nicht sein, dass die EU einerseits die Privatisierung vorantreibe und andererseits zulasse, dass der Staatskonzern EdF überall Unternehmen aufkaufe, sagte der Sprecher der Kommissarin. Palacio räumt zwar ein, dass Bolkestein vom juristischen Standpunkt aus Recht hat. Die EU-Kommission dürfe sich aber nicht nur stur auf EURecht berufen, sondern müsse auch politisch konsequent handeln, sagte der Sprecher der Kommissarin.

Hintergrund des Streits um EdF ist die Weigerung Frankreichs, das Unternehmen zu privatisieren. Beim Stockholmer EU-Gipfel hatte Staatspräsident Jacques Chirac die geplante vollständige Liberalisierung der EU-Energiemärkte bis 2005 abgewehrt und war dabei von Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstützt worden. Eine Privatisierung von EdF ist damit bis auf weiteres vom Tisch und die Festung EdF für ausländische Investoren uneinnehmbar. Umso mehr wächst der Zorn in den Ländern, wo EdF auf Einkaufstour geht. Für die Akquisitionen in Europa kann das Unternehmen nach eigenen Angaben in den nächsten drei Jahren 19 Milliarden Euro ausgeben.

Der Expansionskurs von EdF beschäftigt auch EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti. Montedison legte bei Monti eine Anti-Trust-Beschwerde gegen EdF ein. Nach Auffassung des italienischen Unternehmens missbraucht EdF seine marktbeherrschende Stellung in Frankreich und verstößt gegen das Kartellverbot in den EU-Vertragsartikeln 81 und 82. Ob Monti deshalb ein Verfahren gegen EdF einleitet, ist aber zweifelhaft. In der EU gebe es viele Stromkonzerne mit einer marktbeherrschenden Stellung, etwa in Irland, Belgien oder Griechenland, hieß es in Kommissionskreisen. Auch der Vorwurf, dass EdF in Frankreich über das Strommonopol verfüge, sei falsch. Frankreich habe 30 Prozent seines Strommarkts für den Wettbewerb freigegeben und die EU-Stromrichtlinie damit korrekt umgesetzt.

Der Einstieg von EnBW bei der spanischen Gesellschaft Hidrocantabrico wird von Monti ebenfalls geprüft, im Rahmen der EU-Fusionskontrolle. Dieses Verfahren sei rein wettbewerbsrechtlicher Natur und habe mit der politischen Debatte um die Liberalisierung der Strommärkte nichts zu tun, hieß es in Kommissionskreisen. "Wir sind nicht dazu da, das politische Wohlverhalten eines Staates oder eines Unternehmens zu prüfen", sagte ein Kommissionsbeamter.

rut

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