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Wirtschaft: Emerging markets

Brasilien, Rußland, Thailand - eins haben die Krisenherde, die in den letzten Jahren die internationalen Finanzmärkte erschütterten, gemeinsam: Sie zählen zu den sogenannten Emerging markets.Emerging markets, läßt sich aus dem Englischen in etwa mit aufstrebenden Märkten übersetzen.

Brasilien, Rußland, Thailand - eins haben die Krisenherde, die in den letzten Jahren die internationalen Finanzmärkte erschütterten, gemeinsam: Sie zählen zu den sogenannten Emerging markets.Emerging markets, läßt sich aus dem Englischen in etwa mit aufstrebenden Märkten übersetzen.Nach einer Definition der Weltbank zählen dazu all diejenigen Länder, deren Wirtschaftsleistung ein Pro-Kopf-Einkommen zwischen 8400 und rund 8700 US Dollar erreicht und die über einen funktionierenden Aktienmarkt verfügen.Derzeit erfüllen etwa sieb-zig Länder diese Kriterien.

Mit Hilfe der Statistik läßt sich diese Einordnung in punkto Wirtschaftsleistung relativ genau vornehmen.Doch was ist ein funktionierender Aktienmarkt? Gemessen am Standard eines hochentwickelten Finanzsystems wie etwa dem der USA befinden sich die Börsen der meisten Emerging markets in einer Art embryonalem Zustand.Finanzexperten sprechen deshalb auch von Schwellenbörsen.Zwar findet zum Beispiel an der Börse in Bangkok, Taipeh oder Caracas mitunter ein reger Handel statt, aber mit der Infrastruktur hapert es.Die Abrechnung und Eigentumsübertragung der gehandelten Papiere findet - wenn überhaupt - meist erst Wochen später statt.Dazu kommt, daß ausländischen Anlegern in vielen Fällen kein direkter Zugang zu dem jeweiligen Kapitalmarkt gewährt wird - für deutsche Verhältnisse undenkbar.

Auf der anderen Seite gibt es fortentwickelte Emerging markets wie zum Beispiel Hongkong oder Singapur, die einen internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauchen.Ihre bisherige Entwicklung gilt als typisch für ein Schwellenland, die meist aus mehreren Phasen besteht.Die erste Phase ist gekennzeichnet durch straffe staatliche Kontrolle, industrielle Staatsmonopole und unterentwickelten Privatbesitz.Meist durch die Entwicklung in Nachbarländern kommt es dann irgendwann zu politischen und wirtschaftlichen Reformen.Zu diesem Zeitpunkt kommt es zu einem ersten starken Anstieg der Aktienkurse.Das wiederum beantwortet die Frage, warum Emerging markets auf international operiende Anleger eine geradezu magische Anziehungskraft ausüben.Ist der wirtschaftliche Entwicklungsprozeß erst einmal in Gang, locken Emerging markets mit im Vergleich zu den Industrienationen überdurchschnittlich hohen Wachstumsraten.Auf der anderen Seite sind die kapitalschwachen Emerging markets auf ausländisches Geld dringend angewiesen, um notwendige Investititonen für die Infrastruktur wie etwa für Verkehr, Telekommunikation oder Energie zu finanzieren.Diese Investitionen wiederum halten die Binnenkonjunktur unter Dampf.Folge: Die Gewinne inländische Unternehmen sprudeln und die Aktienkurse steigen weiter.Die Kehrseite dieser Wirkungskette zeigt sich am jüngten Beispiel Brasilien.Durch die hohen Investitionen und starke Konsumneigung kommt es irgendwann zu wirtschaftlichen Überhitzungen.Es folgt die sogenannte Traumaphase.Statt Wachstum droht plötzlich Rezession.Die ausländischen Anleger ziehen massiv ihre Gelder ab und lösen eine Kettenreaktion aus: Die Währungen der betreffenden Länder kommen unter Druck, die Aktienkurse fallen ins Bodenlose.Dabei verstärkt die mangelnde Liquidität vieler Schwellenbörsen noch die Krise: Aussteigen ist kaum möglich.Um dann noch zu retten, was zu retten ist, lösen viele Anleger auch ihre Positionen an anderen Schwellenmärkten auf.Dadurch kommen auch die als "gesund" geltenden Börsen unter die Räder.

PETER HEIN

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