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Wirtschaft: Emilio Botin und die BSCH: Kleiner Mann, großer Hunger

"Man muss fressen - bevor sie Dich fressen." Der Mann blieb seinem Arbeitsmotto treu: Emilio Botin, 65, hat viel Appetit, schluckte eine Bank nach der anderen und schuf so binnen zwei Jahrzehnten die größte Bank Spaniens.

"Man muss fressen - bevor sie Dich fressen." Der Mann blieb seinem Arbeitsmotto treu: Emilio Botin, 65, hat viel Appetit, schluckte eine Bank nach der anderen und schuf so binnen zwei Jahrzehnten die größte Bank Spaniens. Sein Lebenswerk hört heute auf den Bandwurm-Namen "Banco Santander Central Hispano" (BSCH). Und dieser von Botin gezüchtete Gigant, der weite Teile des lateinamerikanischen Marktes kontrolliert, macht sich nun auf, Europa zu erobern.

Die BSCH sitzt bereits europaweit bei namhaften Instituten mit im Boot als Groß- oder gar größter Aktionär: An der wichtigen Royal Bank of Scotland hält Botins Megabank 9,2 Prozent, am italienischen Institut San Paolo sieben Prozent - genauso wie an der französischen Société Générale, wie Botins Geldhaus ebenfalls einer der europäischen Giganten. Beim Jonglieren mit Millionen und Milliarden waren die Botins schon immer gut. Die 1857 in der kantabrischen Stadt Santander gegründete Banco Santander begann ungestüm zu wachsen, als Anfang des 20. Jahrhunderts ein Botin an die Spitze rückte. Das war der Großvater des heutigen Chefs, und seitdem gab die Familie die Macht nicht mehr aus der Hand. Der Bankier der ersten Stunde hieß mit Vornamen Emilio, wie sein Sohn und später der Enkel, der nun seit 15 Jahren Herr im Hause ist - gestützt von seinem jüngeren Bruder, Jaime Botin, 64, dem Vize-Präsidenten.

Selbst in europäischen Finanzkreisen war der Name der spanischen Superbanker bis vor wenigen Jahren nur wenigen ein Begriff. Dies dürfte sich geändert haben, nachdem Emilio Botin Anfang 1999 die Mega-Fusion seiner Banco Santander (BS) mit der Banco Central Hispano (BCH) verkündete und die BSCH in den europäischen Bankenhimmel aufstieg. Die nun zwölftgrößte Bank Europas wird seitdem gemeinsam von Botin und dem früheren Banco-Central-Chef Jose Maria Amusategui geführt. Die BSCH fuhr 1999 rund 1,6 Milliarden Euro Gewinn ein und hat weltweit knapp 100 000 Beschäftigte.

"Keine Kriege, keine Fusionen", verkündete stets schelmisch der 65jährige starke Mann der Nummer Eins unter Spaniens Banken. Doch dies war noch nie besonders ernst zu nehmen, denn Botin hatte die Konkurrenz immer wieder mit Kriegserklärungen geschockt. Vor allem Dank dieser Überfalltaktik gelang es dem Santander-Präsidenten, seine Bank binnen eines Jahrzehnts vom sechsten Platz an die Spitze der spanischen Finanzwelt zu katapultieren. Berühmt ist Botins Ausspruch: "Wer mit aufs Foto will, der muss sich bewegen." Wie er das meint, bekam die Konkurrenz schnell zu spüren, als Botin 1986 die Herrschaft in dem Bankhaus von seinem Vater übernahm. Über Nacht brach er die Zinsabsprachen mit den übrigen iberischen Geldinstituten und überbot die Konkurrenz mit ertragsträchtigen "Superkonten", günstigen "Superhypotheken" und lukrativen "Superfonds".

"Ein kühner und knallharter Mann" sei er, raunt man in seinem Bankhaus, zugleich diszipliniert und sparsam. "Er führt die Bank wie ein Besitzer, nicht wie ein Manager." Botin, dessen Familie offiziell nur rund vier Prozent des Santander-Kapitals hält, dem über indirekte Beteiligungen jedoch wesentlich mehr Anteile zugeschrieben werden, ist bekannt für seinen eisernen Arbeitsstil. "Bankier kann man nur aus Berufung sein", beschreibt sich der Workaholic, für den es nicht ungewöhnlich ist, seine engste Führungscrew auch mal mitten in der Nacht oder zu Weihnachten antreten zu lassen, um seine neusten Visionen zu besprechen.

"Dieses Land muss mehr arbeiten", fordert Botin, der sich selbst einen 12-Zwölfstundentag verschreibt. Der Mann hat ganz offensichtlich wenig Zeit, um sein Privatvermögen von geschätzten 1,6 Milliarden Euro auszugeben. Er gilt als Pedant, "der es immer eilig hat", sogar beim Golf-Spiel, bei dem ihm die Caddies nachhecheln müssen.

Nur mit der Zukunft der Familienlegende sieht es schlecht aus: Von den sechs Kindern Botins stiegen nur zwei in die Bank ein - und das auch nur vorübergehend: Tochter Ana, rechte Hand des Vaters, musste abtreten, nachdem sie sich in einer Zeitung schon als künftige "Erbin" der Großbank präsentiert hatte. Kurz zuvor war schon der andere Hoffnungsträger ausgeschieden: Der Sohn des Santander-Präsidenten, der natürlich ebenfalls Emilo heißt, wollte eigene Wege gehen und baute einen Risikofonds auf. Nun wird also irgendwann ein neuer Name an die Spitze der Banco Santander rücken - die Geschichte der Botins dürfte dann zu Ende sein.

Ralph Schulze

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