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Klimafreundliches Haus. Die Bundesregierung will laut Energiekonzept bis 2050 alle Gebäude CO2-neutral machen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Energiekonzept: Mieten könnten sich verdreifachen

Das Energiekonzept der schwarz-gelben Koalition verordnet Sanierungen, die Billionen kosten. Die Verbände schlagen Alarm. Der Mieterbund kritisiert die Zahlen der Hausbesitzer.

Berlin - Die Mieten in der Hauptstadt könnten in den kommenden Jahren drastisch steigen. Statt 4,60 Euro, die ein Quadratmeter Wohnfläche in Berlin heute durchschnittlich kostet, werden es in einigen Jahren womöglich bis zu 13,70 Euro sein – das wäre eine Verdreifachung. Zugleich könnten Hausbesitzer ihre Immobilien für sechsstellige Summen sanieren müssen. Davor hat die Immobilienwirtschaft am Donnerstag gewarnt. Ursache der Befürchtungen ist das Energiekonzept der Bundesregierung, mit dem sie den Kohlendioxid-Ausstoß aller Häuser bis 2050 auf null drücken will. „Wir lehnen diesen Standard ab“, sagt Andreas Stücke, Generalsekretär des Eigentümerverbandes Haus und Grund.

Die Sanierung aller deutschen Altbauten in den kommenden Jahrzehnten wird nach Ansicht der Branche immense Geldsummen verschlingen. Mit 2,6 Billionen Euro rechnet die Vereinigung der Immobilienverbände BSI. Mit 2,4 Billionen Euro veranschlagt das Bundesbauministerium von Peter Ramsauer (CSU) nur unwesentlich weniger. Die Kosten für neue Heizungen, Fenster oder Wärmedämmung würden die Hausbesitzer auf ihre Mieter umlegen. Das würde über Jahre regelmäßig steigende Mieten bedeuten.

Die Häusersanierung ist einer der wichtigsten Punkte im Energiekonzept von Union und FDP. Ein Drittel des Kohlendioxid-Ausstoßes in Deutschland verursachen die rund 40 Millionen Wohnhäuser. „Die Bundesregierung wird die energetische Sanierung des Wohnbestandes durch die verbesserte und kontinuierliche Förderung beschleunigen“, heißt es in dem Papier der Koalitionäre. Statt bislang ein Prozent pro Jahr soll in Zukunft zwei Prozent der Gebäude so saniert werden, dass sie klimafreundlicher sind.

Der Deutsche Mieterbund hält die hohen Summen, die die Hausbesitzer ins Spiel bringen, allerdings für Panikmache. In dieser Rechnung gebe es „viel zu viele Unbekannte“, sagt ein Sprecher. So wisse man nicht, wie stark die Energiepreise in den kommenden Jahren steigen würden. Ältere Heizungen müssten teilweise ohnehin ausgetauscht werden, so dass man nicht von Zusatzkosten für die Sanierung sprechen könne. Und eine Modernisierung senke die Energiekosten, so dass Mieter auch Geld sparen würden.

Kritik gibt es von vielen Seiten - beispielsweise von der Deutschen Energie-Agentur (Dena). Sie kritisiert die Regierung für ihr Vorgehen, weil nicht klar sei, wie die Ziele erreicht werden sollten. Stephan Kohler, Chef der Dena warnt: "Wenn jetzt den schönen Worten im Energiekonzept nicht deutliche Taten folgen, werden wir unsere Einsparziele im Gebäudebereich definitiv nicht erreichen können".

Fraglich ist, ob sich eine Sanierung bei allen Häusern überhaupt lohnt. „Der Standard Nullemission ist für eine Vielzahl von Wohngebäuden insbesondere in innerstädtischen Lagen technisch nicht realisierbar“, bemerkt Hausbesitzer-Verbandsmann Andreas Stücke. Die Regierung denkt daher über eine Abrissprämie für Häuser nach. In vielen Fällen sei ein Neubau besser, „als ein Haus zu Tode zu dämmen“, hieß es. Bereits heute gibt es im Rahmen von Stadtumbauprogrammen diese Option. Die Überlegung lautet, dieses Instrument auch auf Ein- und Zweifamilienhäuser auszuweiten.

Zudem geht es derzeit in der Regierung darum, die hohen Sanierungskosten durch staatliche Hilfen aufzufangen. Dafür macht sich Bauminister Ramsauer stark, der den Plan zur Häusersanierung am liebsten ganz verhindert hätte. In diesem Jahr stellt der Bund für die Gebäudesanierung 730 Millionen Euro zur Verfügung. Im kommenden Jahr soll der Betrag im Rahmen des Sparpakets auf rund 450 Millionen sinken. Die Immobilienwirtschaft verlangt stattdessen fünf Milliarden Euro. Ramsauers Leute machen sich nun dafür stark, den Betrag auf drei Milliarden aufzustocken. Am Freitag berät der Bundestag über den Haushalt des Ministers. Ramsauer (CSU) will jedenfalls das Schlimmste verhindern. „Ich setze mich bei den Ressortgesprächen dafür ein, unrealistische Ziele zu vermeiden. Vielmehr müssen Anreize geschaffen werden, die wirtschaftlich, zumutbar und sozial ausgewogen sind“, sagte er dem Tagesspiegel.

Laura Gitschier, Stephanie Kirchner

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