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Energieunternehmen: ''Die Zukunft der Windenergie liegt auf dem Wasser''

Repower-Chef Fritz Vahrenholt über Wollsocken, den Wandel der Windbranche und die Sympathie für Atomkraft.

Herr Vahrenholt, sind Sie ein Idealist?

Nur weil ich in der Windenergiebranche arbeite? Nein, ganz gewiss nicht. Ich würde mich eher als pragmatisch bezeichnen. Früher war es einfach nur politisch korrekt, für Windenergie zu sein. Da stand eine Ideologie dahinter. Heute ist es anders. Die Branche ist so profitabel wie nie zuvor. Heute ist es schlichtweg rational, für diese Art von Energie zu sein. Es ist ein reines Geschäft, die Energieversorger merken plötzlich, dass man damit Geld verdienen kann.

Was ja vor ein paar Jahren noch ganz anders aussah.

Stimmt. Im Jahr 2003 standen wir kurz vor dem Konkurs. Keine Bank wollte uns einen Kredit geben. Eine Bank erläuterte mir eine Absage mit den Worten: „Wir investieren nicht in Waffen, Drogen und Wind.“ Das war damals das Image der Branche. „Der Spiegel“ hatte zu der Zeit eine Titelgeschichte gemacht unter der Überschrift „Der Windmühlenwahn“.

Warum sind Sie bei Repower geblieben?

Weil ich an die Branche geglaubt habe. Ich wusste, Repower ist ein Rohdiamant, aus dem man etwas machen kann.

Scheinbar hatten Sie recht.

Und ob. Heute sind wir Everybody’s Darling. Politiker schmücken sich mit der Technik und vor Investoren können wir uns kaum retten. Das Wollsocken-Öko-Image sind wir wohl für immer los. Allein unser Unternehmen wächst jedes Jahr um 50 Prozent, die gesamte Branche im Schnitt um 30 Prozent.

Momentan haben alle Hersteller von Windanlagen große Zulieferprobleme. Ist das der Wermutstropfen, den man in Kauf nehmen muss, wenn man so schnell wächst?

Es gibt lediglich temporäre Engpässe. Ich mache mir keine großen Gedanken, dass es längerfristig knapp werden könnte. In ein bis zwei Jahren wird der ganz normale Schweinezyklus das Problem erledigt haben.

Sie sind immer noch auf Subventionen angewiesen. Der Bundesverband Windenergie fordert, dass die Vergütung der Windenergie auf unbestimmte Zeit gleich hoch bleibt und nicht, wie vom Umweltministerium geplant, jährlich um ein Prozent sinkt.

In diesem Punkt bin ich etwas anderer Auffassung als der Bundesverband. Prinzipiell bin ich für eine sogenannte Degression. Wenn die Vergütung jedes Jahr um ein Prozent sinkt, ist das eine Peitsche für die Ingenieure. Sie haben den Anreiz, noch innovativer zu werden. Im Gegenzug brauchen wir aber einen Inflationsausgleich. Auch wenn es der Branche gut geht: Wir müssen noch produktiver und effizienter werden. Um das zu erreichen, benötigen wir eine Degression.

Mit diesem Standpunkt machen Sie sich nicht beliebt in der Branche. Und auch sonst gelten sie – als erklärter Anhänger der Atomkraft – bei vielen als Exot.

Jeder, der alle Atomkraftwerke lieber heute als morgen schließen möchte, macht sich etwas vor. Ich bin dafür, die Kraftwerke in Deutschland – übrigens die sichersten in Europa – noch acht Jahre länger als geplant laufen zu lassen. In dieser Zeit können wir dann unsere Windräder weiterentwickeln. Aber auch hier muss man realistisch sein: Mehr als 25 Prozent des Energieverbrauchs werden in Deutschland durch Windenergie nicht ohne weitere Fortschritte bei der Speicherung gedeckt werden können.

Wann ist dann ein Ausstieg möglich?

Man muss sehen, wie sich die Preise für Windenergie und CO2-freie Kohle entwickeln. Grundsätzlich denke ich aber, dass wir eine Offenheit in der Energiepolitik brauchen. Wir dürfen die Atomkraft nicht verteufeln. Sie ist ein probates Mittel, um niedrige Strompreise zu generieren. Zudem ist sie CO2-frei und man muss sie nicht importieren. Verzichten wir verfrüht auf Atomkraft, schlagen wir uns ein wichtiges Bein ab, auf dem wir stehen. Man gerät in eine dramatische Abhängigkeit von Energieimporten aus geopolitisch instabilen Staaten und wird verwundbar. Ich möchte nicht irgendwann einen Herrn Ahmadinedschad um ein bisschen Gas anbetteln müssen.

Wenn es darum geht, die Windenergie voranzutreiben, setzen Sie vor allem auf Windkraftanlagen auf dem Wasser, den Offshore-Anlagen. Dabei haben diese doch viele Nachteile: Für Ingenieure ist es sehr schwierig, sie zu konstruieren und außerdem kostet ein Windrad auf dem Wasser doppelt so viel wie eines auf dem Land. Setzen Sie nicht auf das falsche Pferd?

Ich halte an Offshore fest. Die Zukunft der Windenergie liegt auf dem Wasser. Gerade für dicht besiedelte Länder wie Deutschland gibt es keine andere Lösung.

Gibt es etwas, was Sie sich derzeit von der Politik wünschen?

Durchaus. In Deutschland haben wir eine Menge politischer Hemmnisse. Eine Windmühle zum Beispiel darf in Deutschland häufig nicht höher sein als 100 Meter. Das Ergebnis: Wenn man weiter die Kapazitäten ausbauen will, werden die Flügel immer länger und kratzen bald die Grasnarbe. Das muss sich ändern, die Politik darf uns mit solchen überflüssigen Hemmnissen nicht im Weg stehen.

Das Gespräch führte Anne Hansen.

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