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Immer teurer. Die Energiewende kostet Geld, der Strompreis steigt von Jahr zu Jahr, und das Fördersystem für Ökoenergie steht nun in der Kritik.

© dapd

Energiewende: Angriff auf die Erneuerbaren

Große Teile der Industrie sind für die Abschaffung des Erneuerbare Energien Gesetzes. Die Ökobranche hält mit hohen Kosten konventioneller Energie dagegen.

Das Lobbyistenrennen um die lukrativsten Plätze bei der Umsetzung der Energiewende verschärft sich. Je teurer der Strom wird, desto heftiger streiten die Interessenvertreter über Ursachen und Folgen der Preisentwicklung. Während Vertreter der Erneuerbaren- Energien-Branche am Montag Berechnungen vorlegten, wonach der Ökostrom viel günstiger ist als gemeinhin angenommen, gab es aus dem Umfeld der Industrie Forderungen nach der Abschaffung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes. „Ohne einen vollständigen Systemwechsel wird die Energiewende scheitern“, proklamierte die von der Metallindustrie finanzierte Initiative für Soziale Marktwirtschaft (INSM).

Im Auftrag der INSM entwickelte das Essener Wirtschaftsforschungsinstitut RWI ein Alternativmodell zum EEG, das für den Ausbau der Erneuerbaren fast ausschließlich Windräder an Land vorsieht. Kostenvorteil in den kommenden acht Jahren gegenüber der Fortsetzung der bisherigen Förderung: 52 Milliarden Euro. Das vor einem Dutzend Jahren von der rot-grünen Bundesregierung eingeführte EEG müsse „sofort gestoppt“ werden, meinte INSM-Chef Hubertus Pellengahr. „Wir wollen die Energiewende, aber nicht zu diesem Preis.“ Tatsächlich wird der Strom hierzulande immer teurer. Nach Erhebungen des Energieversorgers Flexstrom zahlt ein deutscher Haushalt pro Jahr bis zu 440 Euro mehr als in den Nachbarländern, in Europa sei der Strom nur in Dänemark teurer. Allein die EEG- Umlage wird eine Durchschnittsfamilie hierzulande im kommenden Jahr voraussichtlich mit 175 Euro belasten.

Die Kosten der Umlage für die Verbraucher hängt indes auch zusammen mit der Privilegierung energieintensiver Unternehmen, die keine Umlage zahlen müssen: Rund 730 Unternehmen aus der Chemie-, der Stahl- oder Aluminiumindustrie zahlten so gut wie keine Umlage, obgleich sie 18 Prozent des gesamten Stroms verbrauchten, argumentiert die Agentur für Erneuerbare Energien. In diesem Jahr belaufe sich die Entlastung der Firmen auf 2,5 Milliarden Euro. „Für diesen Betrag kommen statt der Industrie die Privathaushalte und der Mittelstand auf“, klagte die Agentur für Erneuerbare.

Video: Stromversorger drohen mit Preissprüngen

Die Bundesregierungen der jüngsten Vergangenheit – Rot-Grün ebenso wie die große Koalition oder Gelb-Schwarz – haben ganz bewusst Ausnahmetatbestände geschaffen, um die industrielle Basis der deutschen Wirtschaft nicht durch hohe Strompreise zu gefährden. Nur geraten diese Ausnahmen mit stetig steigenden Preisen ins Gerede. Dabei ist der Ökostrom gar nicht so teuer – wenn man einer Studie des „Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft“ Glauben schenkt. Danach „trägt die Gesellschaft im Jahr 2012 bei einer Kilowattstunde Windstrom Kosten von 8,1 Cent und bei Wasserstrom 7,6 Cent“. Viel sei der Aufwand für Kohle von gut 15 Cent und für Atomstrom von mehr als 16 Cent.

Neben den Erzeugungskosten und staatlichen Förderungen berücksichtigt die Studie, die im Auftrag von Greenpeace und dem Bundesverband Windenergie erstellt wurde, auch externe Kosten wie Klimaschäden oder die Folgen eines Atomunfalls. Wenn es eine Umlage für konventionelle Energie gäbe, dann wäre sie dreimal so hoch wie die EEG- Umlage, so Greenpeace.

Trotzdem steht vor allem das EEG in der Kritik. Als Alternative schlagen RWI/INSM ein „Wettbewerbsmodell Erneuerbare Energien“ vor, das ganz auf den günstigsten Ökostrom, und das ist Windkraft an Land, setzt. Die Energieversorger bekommen von der Politik ein bestimmtes Quotenziel für den Anteil Erneuerbarer gesetzt. Mit welchem Ökostrom sie das Ziel erreichen, bleibt ihnen überlassen. Allerdings hätte der noch relativ teure Strom aus Biomasse und von hoher See dann kaum noch eine Chance.

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