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Die Mitarbeiter von Mercedes Benz, die im November 2011 in Sindelfingen demonstrierten, hielten ein rundes Plakat mit der Aufschrift: "Gleiche Arbeit? Gleiches Geld!" in die Höhe.

© dpa

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: Veto gegen Leiharbeit

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Beschluss, Betriebsräten das Recht zugebilligt, ihre Zustimmung zur Zeitarbeit zu verweigern, wenn die nicht nur vorübergehend ist. Die Bedeutung dieser Entscheidung ist jedoch umstritten.

Betriebsräte dürfen ein Veto einlegen, wenn in ihrem Unternehmen dauerhaft Leiharbeitnehmer eingesetzt werden sollen. Der Betriebsrat könne „die Zustimmung zum Einsatz von Leiharbeitnehmern verweigern, wenn diese dort nicht nur vorübergehend eingesetzt werden sollen“, entschied jetzt der siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts über einen Fall aus Niedersachsen. Die IG Metall nennt die Entscheidung einen „Paukenschlag“ und sieht weitreichende Konsequenzen für den deutschen Arbeitsmarkt. „Das Urteil ist eine gute Nachricht und ein großer Erfolg im Kampf gegen prekäre Beschäftigung in Deutschland“, sagte der zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Detlef Wetzel. Die Betriebsräte würden nun geradezu aufgefordert, „einzugreifen und den Arbeitgebern noch stärker auf die Pelle zu rücken, wenn Missbrauch mit Leiharbeit betrieben wird“, sagte Wetzel. Doch unter Experten sind die Auswirkungen der Entscheidung durchaus umstritten, zumal auch die Begründung des Senats noch fehlt.

Die Beschäftigung in der Zeitarbeit hat hierzulande in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Die aktuellsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit stammen vom Juni 2012, damals gab es 980 000 Leiharbeitnehmer in 18 500 Verleihbetrieben. Arbeitsmarktexperte Werner Eichhorst vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) geht davon aus, dass die Zahl der Leiharbeitnehmer sich derzeit zwischen 980 000 und einer Million bewegt.

Leiharbeit soll Flexibilität schaffen

Leiharbeit ist für die Unternehmen ein Instrument, um flexibel auf Auftragsspitzen reagieren zu können. Sie baut sich regelmäßig am Anfang eines Konjunkturaufschwungs auf, sollte sich aber wieder abbauen, wenn der Aufschwung anhält. Die Gewerkschaften kritisieren jedoch, dass Arbeitgeber dieses Instrument nutzen, um Stammbelegschaften durch Leiharbeiter zu ersetzen, die zu schlechteren Konditionen arbeiten.

Die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgericht bezieht sich auf einen Fall, in dem das entleihende Unternehmen eine Leiharbeitnehmerin ohne zeitliche Begrenzung einsetzen wollte. Dies sei nicht vorübergehend, wie es im Gesetz zur Überlassung von Arbeitnehmern vorgesehen sei. Eine Abgrenzung, was vorübergehend bedeutet, nahm das Gericht ausdrücklich nicht vor, diese Entscheidung wird ein anderer Senat in einer späteren Entscheidung treffen müssen.

Die Entscheidung trifft uns nicht, heißt es bei Gesamtmetall

„Wir gehen davon aus, dass das Urteil für die Metall- und Elektroindustrie keine Bedeutung haben wird“, da wir diese Materie bereits 2012 gemeinsam mit der IG Metall tarifvertraglich geregelt haben: Zeitarbeiter müssen in der Metall- und Elektroindustrie spätestens nach 24 Monaten ein Angebot auf unbefristete Übernahme erhalten“, sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Zander vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall.

„Die Entscheidung wird in der Praxis keine große Bedeutung haben“, meint auch der Stuttgarter Arbeitsrechtler Stefan Nägele. „Beim Einstellungsverfahren muss nur eindeutig festgelegt werden, dass es sich um einen vorübergehenden Einsatz handelt.“ Und dies sei in der Regel der Fall. Kritisch werde es, wenn über die Frage entscheiden wird, was denn vorübergehend sei. So ähnlich argumentiert auch die Rechtsabteilung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, da Zeitarbeit per Definition immer vorübergehend sei.

Werner Eichhorst vom IZA meint jedenfalls, dass sich die IG Metall womöglich zu früh freue. Schließlich sei es nicht ausgeschlossen, dass Betriebsräte auch einer unbefristeten Überlassung zustimmen könnten, wenn sie dafür an anderer Stelle Zugeständnisse aushandeln. Außerdem: „Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf günstigen Arbeitskosten und hoher Flexibilität beruht, werden auch in Zukunft Wege finden und auf andere Lösungen ausweichen.“ Auch IG-Metall-Vize Wetzel beklagt, dass Firmen, anstatt Leiharbeiter zu beschäftigen, immer öfter Werkverträge abschließen. (mit dpa)

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